Wenn Essen krank macht

Zu Gast: Jörg Kleine-Tebbe und Imke Reese · 28.09.2013
Essen hält Leib und Seele zusammen. Was aber, wenn das Essen krank macht? Immer mehr Menschen klagen über Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und steigen deshalb auf laktose- oder glutenfreies Essen um. Aber ist das wirklich in allen Fällen nötig?
Wie erkennt man, ob man tatsächlich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder gar eine Allergie hat? Was ist dann zu tun? Wie viel Hype, Hysterie und Geschäftemacherei spielen bei dem Thema mit?

Rund 20 Prozent der Deutschen glauben, dass sie allergisch auf ein oder mehrere Lebensmittel reagieren. "Nach gründlicher Untersuchung bleiben aber nur ungefähr zwei Prozent übrig, die eine echte Lebensmittelallergie haben", sagt der Allergologe Jörg Kleine-Tebbe vom Allergie- und Asthma-Zentrum Westend in Berlin. "Es gibt Reaktionen gegen Lebensmittel, bei denen das Immunsystem direkt beteiligt ist – das sind Nahrungsmittelallergien. Sie sind manchmal richtig gefährlich, da sie als allergischer Schock oder Asthmaanfall tödlich verlaufen können. Aber es gibt auch Körperreaktionen auf Lebensmittel, bei denen das Immunsystem gar nicht überempfindlich ist – das sind Unverträglichkeiten, die sich überwiegend als Verdauungsbeschwerden durch zum Beispiel Blähungen, Bauchschmerzen und veränderten Stuhlgang zeigen. Die Symptome sind zwar unangenehm, aber medizinisch meist ungefährlich."

Umso wichtiger sei eine gründliche Diagnose eines Facharztes, es reiche nicht aus, sich in Internetforen zu informieren. Dort gebe es "eine Menge Unfug", der die Betroffenen nur noch weiter verunsichere. So sei es in den meisten Fällen nicht nötig, strenge Diäten zu halten oder die überteuerten speziellen Lebensmittel zu kaufen. "Das ist schon ein Hype, auf den auch die Industrie aufgesprungen ist."

Problem: Sterile Nahrung
"Es gibt 1000 Möglichkeiten, was hinter den Beschwerden stecken kann", sagt die Münchner Ernährungswissenschaftlerin und Ratgeber-Autorin Dr. Imke Reese. Um eine genaue Diagnose zu stellen, befragt sie die Betroffen zunächst detailliert nach ihren Essgewohnheiten. "Wenn man morgens ein Marmeladenbrot isst, mittags eine Brezel, nachmittags Kuchen und abends eine Brotzeit, weil es schnell gehen muss, und man keine Zeit zu Kochen hat, dann muss man sich nicht wundern, wenn man Probleme bekommt. Das sind viel zu viele Kohlehydrate." Und schon rebelliere der Darm.

"Früher haben wir anders gegessen, wir haben mehr Sauerteigbrot gegessen, Kefir getrunken, sauer eingelegtes Gemüse. Heute essen wir fast schon sterile Nahrung. Das, was wir essen, entspricht nicht dem, was wir essen müssten, um unseren Darm zu trainieren."

Ihr Rat: "Das Immunsystem so früh wie möglich zu trainieren, denn mit einem trainierten Immunsystem gibt es keine Allergien. Jede Form von Vermeidung führt dazu, dass das Immunsystem falsche Entscheidungen trifft."

Daher sei es auch wichtig, schon Kinder "immunologisch interessante Nahrung" zu geben, also möglichst frische und vielfältige Zutaten zu verwenden. "Dosenfutter, das sich zehn Jahre lang im Regal hält, ist immunologisch uninteressant. Das ist auch ein Grund, weshalb sich eine mediterrane Ernährung als günstig bei Allergien erwiesen hat, weil sie frisch zubereitet wird."

Wenn Essen krank macht – Was tun bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten?
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9:05 bis 11 Uhr mit Imke Reese und Jörg Kleine-Tebbe. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800-22542254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen im Internet:

Über Jörg Kleine-Tebbe

Über Imke Reese

Über den Deutschen Allergie- und Asthmabund