Wenn das Netz gefährlich wird

20.11.2011
Hackerangriffe, Datenmissbrauch, Sammelwut bei Facebook und Co.: Die "Zeit"-Redakteure Thomas Fischermann und Götz Hartmann schreiben über die Gefahren, die im Internet lauern - und plädieren wortgewaltig für mehr Vorsicht im Netz.
Warum tickt die Bombe? So fängt das Buch über die "Zeitbombe Internet" an, die Autoren machen so gleich klar, dass es ihnen ernst ist. Sie beschäftigen sich intensiv mit den Risiken, die die zunehmende Vernetzung der Gesellschaft mit sich bringt, etwa durch unkontrolliertes Ansammeln von Daten in sozialen Netzwerken oder internationalen Onlinediensten, durch Hackangriffe oder Datenmissbrauch. Auch die zunehmende Abhängigkeit vom Computer an sich und der zunehmenden Vernetzung bereitet den beiden Autoren Sorge.

Thomas Fischermann und Götz Hartmann sind "Zeit"-Redakteure – und schreiben auch so. Wortgewaltig und häufig im Stile einer Reportage. Sie beschreiben ausführlich die Personen, die sie im Zuge ihrer Recherche getroffen und gesprochen haben, darunter Datenschützer und jede Menge Netzexperten und wichtige Personen aus der Branche. Das erhöht zwar mitunter den Lesespaß, lenkt allerdings auch vom Wesentlichen ab, lässt weniger Raum für wichtige Gedanken.

Thematisch lassen Fischermann und Hartmann nichts aus, was derzeit im Zusammenhang mit dem Internet diskutiert wird. Sie erklären verständlich und nachvollziehbar die Gefahren des Netzes, etwa beim Online-Banking oder Online-Shopping, bei der alltäglichen Computernutzung bis hin zum Einsatz von vernetzten Rechnern in Industrie und Medizin. Auch Identitätsdiebstahl und Datenmissbrauch sind ein allgegenwärtiges Thema im Buch. Die Vorzüge des neuen Mediums geraten dabei allerdings allzu oft in den Hintergrund.

Titel, Untertitel und auch die einzelnen Kapitel klingen alarmierend: "Warum es heute gefährlich ist, den Computer einzuschalten" oder "Wenn Hacker unseren Alltag ruinieren". Da hat man als Leser nicht den Eindruck, den Autoren läge daran, das Internet sicherer zu machen, es klingt eigentlich so, als wollten sie es lieber abschaffen, weil nahezu ausschließlich Gefahr aus dem Netz droht.

Wenn man sich auf diese Rhetorik und die daraus resultierende Schlussfolgerung nicht einlässt, ist die Lektüre des Buches durchaus gewinnbringend. Es gibt jede Menge Anregungen und auch richtige Gedanken, auch konkrete Forderungen, etwa nach einer EU-Richtlinie, die die Lagerung gespeicherter Daten auf Rechnern im jeweiligen Land fordert, um die Durchsetzbarkeit von Datenschutzgesetzen zu gewährleisten.

Das Buch liefert einen guten Überblick über die aktuellen Datenskandale und die Rolle der wichtigsten Player im Markt, von Google, über Apple bis Microsoft und Facebook. Wer nicht vom Fach ist, versteht nach der Lektüre die Zusammenhänge besser und kann die möglichen Konsequenzen von Missbrauch besser einschätzen. Auch den Kontrollverlust der Politik beklagen die Autoren, allerdings ohne allzu konkrete Ideen zu entwickeln, wie die Politik die Kontrolle zurückgewinnen könnte.

Mehr konkrete Ideen und Vorschläge, wie man es besser machen könnte, als Benutzer, als Anbieter im Internet, als in der Politik Verantwortlicher, das wünscht man sich als Leser. Vielleicht will das Buch aber auch nur erreichen, dass der Leser selbst auf passende Einfälle kommt.

Besprochen von Jörg Schieb

Thomas Fischermann, Götz Hartmann: Zeitbombe Internet
Gütersloher Verlagshaus 2011
252 Seiten, 19,99 Euro