Wenn Bürger Gotteshäuser retten

Von Wolfram Nagel · 05.09.2006
Jede dritte Kirche in Deutschland ist nach Einschätzung des "Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz" von Aufgabe oder Abriss bedroht. Vor allem in Ostdeutschland hat der Verfall drastische Ausmaße angenommen. Private Initiativen versuchen, den Verfall der Gotteshäuser zu verhindern.
Oybin im Grenzdreieck zu Polen und Tschechien. Die evangelische Bergkirche aus dem 18. Jahrhundert benötigt dringend einen neuen Dachstuhl und eine neue Deckung. Über 200.000 Euro sind erforderlich, Geld, das die sächsische Landeskirche nicht aufbringen kann. Weil sich in dem Ferienort eine Bürgerinitiative zur Rettung des wertvollen Barockbaus gegründet hat, wurde das Denkmal von der Kirchenbaustiftung der Evangelischen Kirche in Deutschland in das Förderprogramm "Aus 2 mach 3" aufgenommen. Pfarrerin Anette Kalettka.
"Das bedeutet, dass wenn wir zwei Euro auf ein Konto einzahlen, bekommen wir am Ende der Aktion drei Euro zurück."

Im Bestand der sächsischen Landeskirche befinden sich rund 1600 historische Kirchgebäude. Es werde zunehmend schwieriger, sie alle angemessen zu nutzen. Denn seit einer umfassenden Strukturreform besitzen die neu gebildeten Kirchgemeinden mitunter 5 bis 7 Kirchgebäude, sagt Ulrich Böhme, Schatzmeister der deutschen Kirchenbaustiftung und ehemaliger Baureferent im sächsischen Landeskirchenamt:

"Wir haben in nur acht Jahren nach 1998 im Bauhaushalt der sächsischen Landeskirche eine Verringerung auf weniger als ein Drittel."

Der Finanzbedarf betrage etwa eine halbe Milliarde Euro. Damit aber die Kirche im Dorf bleibt, gründen sich immer mehr Kirchbauvereine:

"Wir haben alleine in der sächsischen Landeskirche um die 170 Kirchbaufördervereine... Dort sammeln sich auch Leute, die im Gottesdienst nicht mehr ein- und ausgehen, erhalten bleibt."

So ist das auch in der mecklenburgischen Kirche, wo es 120 Fördervereine für Dorfkirchen in Not gibt. Von den etwa 700 Kirchgebäuden sind mehr als die Hälfte saniert. 120 gelten als stark gefährdet, 14 befinden sich nach Angaben des Schweriner Landeskirchenamtes in einem ruinösen Zustand.

Ähnlich kritisch sieht es in Nordbrandenburg und Pommern aus. Ursache ist die agrarische Struktur. Jeder Gutsherr stiftete sein eigenes Kirchlein, das heute kaum noch für den Gottesdienst gebraucht wird. Dazu kommt die weitere Entkirchlichung der Bevölkerung und die Abwanderung der Jugend, was die Kirchgemeinden weiter schrumpfen lässt.