Wenig Ethik, viel Korruption

Die FIFA ist und bleibt ein Haifischbecken

FIFA-Präsident Gianni Infantino auf einer Pressekonferenz vor der Auslosung der Gruppen für den Confederations Cup 2017.
FIFA-Präsident Gianni Infantino © dpa / Christian Charisius
Ein Kommentar von Jürgen Maurus · 13.05.2017
Die Ethikkommission wollte mehr Transparenz, Amtszeitbeschränkungen und Integritätschecks bei der FIFA einführen – und wurde abgesetzt. Hinter der Aktion steckt FIFA-Boss Gianni Infantino. Stillos, rücksichtslos und knallhart hat er sich der unliebsamen Kontrolleure entledigt.
Die FIFA ist und bleibt ein Haifischbecken. Schon vor Wochen ahnten die beiden jetzt vom FIFA-Rat abservierten Chef-Ethiker Hans-Joachim Eckert und sein Chefankläger Cornel Borbely, dass die Verlängerung ihrer Verträge auf der Kippe stand. Höchstens 50:50 seien die Chancen, vertraute Eckert einem Journalisten wenige Stunden vor der Abstimmung an.
Dabei hatte die großspurig auftretende FIFA-Generalsekretärin Fatma Samoura noch Ende März in einem Zeitungsinterview die Arbeit der beiden Top-Juristen gelobt und ihre Unterstützung zu 100 Prozent zugesagt.

Infantino - stillos, rücksichtslos und knallhart

Das lässt den Schluss zu, dass die neue starke Frau bei der FIFA entweder nichts zu sagen oder die beiden Chef-Ethiker bösartig an der Nase herumgeführt hat oder aber Samoura wechselt ihre Meinung besonders schnell. Doch entscheidend ist, dass FIFA-Boss Gianni Infantino hinter der Säuberungsaktion steckt und sich dabei unliebsamer Kontrolleure entledigt. Mit Rabaukenmethoden, stillos, rücksichtslos und knallhart.
Über Jahre haben Eckert und Borbely versucht den Augiasstall FIFA auszumisten. Vieles gelang, wenn auch nicht alles. Als unabhängige hatten beide Juristen hartnäckig gekämpft, Hunderte von Fällen untersucht, die Ex-FIFA-Boss Sepp Blatter, von Ex-UEFA-Chef Michel Platini und von Ex-FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke und viele andere sperren lassen.

Der Trickser arbeitet wie sein Vorgänger Blatter

Eckert und Borbely haben sich Anerkennung, aber vor allem Expertise und Kompetenz erworben. Das Wichtigste an einem Job. Und jetzt wurden sie geschasst, einfach so, gerade so, als hätten sie versagt. Doch versagt hat der FIFA Präsident. Infantino, als Reformer angetreten, hatte mehr Transparenz versprochen, das Image und die Reputation des Fußballweltverbandes wiederherzustellen. Das Gegenteil ist der Fall. Der Trickser arbeitet wie sein Vorgänger Blatter mit undurchsichtigen Methoden, Abhängigkeiten und Druckmittel aller Art. Es geht ihm um Kontrolle und Macht.
Die Weichen hatte Infantino bereits letztes Jahr auf dem Kongress in Mexiko gestellt, als er die FIFA-Aufsichtsgremien mit einem raffinierten Coup aushebelte. Damals beschloss der Kongress, dass nur der FIFA-Rat über Wahl und Besetzung der Kontrollgremien entscheiden darf. Infantino hatte damit die Gewaltenteilung aufgehoben. Der damalige Chefkontrolleur Domenico Scala trat aus Protest zurück.
Dass er den jetzigen Personalwechsel als Sturm im Wasserglas bezeichnet entlarvt seine Überheblichkeit, seine Arroganz, seine Heuchelei. Auf dem FIFA-Kongress in Bahrain spielte sich der FIFA-Präsident als Aufräumer auf, und bezeichnete die FIFA als Demokratie, das ist zynisch. Denn der bisherige Ethikchef Hans-Joachim Eckert bringt es auf die Formel: Kritische Stimmen werden ausgetauscht, auf gut deutsch: geschasst.

Komplizen, innerhalb und außerhalb der FIFA

Die Absetzung der beiden Chef-Ethiker kann nur nützen. Infantino beklagte sich 2016, dass er mit seinem Salär von zwei Millionen Franken vor vollendete Tatsachen gestellt worden sei und verfährt jetzt genauso mit den Ethikchefs. Infantino schadet der FIFA, manipuliert den Reformprozess und reformiert nach eigenem Gusto. Und wieso? Kein Alphatier duldet Nebenbuhler. Doch die Ursachen liegen tiefer. Die Spitzen der Ethikkommission wollten mehr, zum Beispiel häufiger und offener mit den Medien kommunizieren, frühzeitig veröffentlichen, gegen wen ermittelt wird.

Die Ethikkommission wollte mehr Transparenz, Amtszeitbeschränkungen, Altersbeschränkungen und Integritätschecks bei der FIFA einführen. Sozusagen als Vorbild für die UEFA und den DFB. Aber genau das will der Autokrat Infantino offensichtlich nicht. Und der DFB wohl auch nicht. Der Totengräber Infantino hat Komplizen, innerhalb und außerhalb der FIFA, auch das muss einmal gesagt werden.
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