Wende-Fotoausstellung in der Kunsthalle Erfurt

"Irgendwo politisch, aber nicht vordergründig"

Prosoche (15:36 Uhr), Fotoperformance
Die Künstlerin Else Gabriel hat mit ihrer Familie Situationen von Wartenden auf dem Arbeitsamt nachgestellt. Die Bilderserie trägt den Titel "Prosoche". © Twin Gabriel / Kunsthalle Erfurt
Gabriele Muschter im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 15.07.2018
Wie haben Künstler die Zeitspanne des Wechsels von einer Gesellschaftsordnung in eine andere wahrgenommen und fotografisch verarbeitet? In Vorher-/Nachher-Darstellungen beschäftigt sich die Kunsthalle Erfurt mit Wende-Brüchen in der Fotokunst.
Gabriele Muschter ist Kuratorin der der Ausstellung "In einem anderen Land - Transformationsprozesse an Beispielen zeitgenössischer Fotografie in Deutschland", die in der Kunsthalle Erfurt zu sehen ist. Sie zeigt vor allem Autorenfotografie. Im Gegensatz zu dokumentarischer Fotografie, bei der eher eine Beobachterperspektive von außen ohne emotionale Beteiligung eingenommen werde, seien hier künstlerische Fotografien, Verfremdungen oder ungewöhnliche Ausschnitte zu sehen. Das persönliche Schicksal der Künstler und deren Umgang mit den gesellschaftlichen Umbrüchen nach 1989 habe im Vordergrund gestanden, sagt sie.
Barbara Klemm: Bundeskanzler Kohl in Dresden
Ein Exponat der Ausstellung: Barbara Klemm - Bundeskanzler Kohl in Dresden© Barbara Klemm / Kunsthalle Erfurt
Manche Künstler hätten Kontinuitäten beibehalten und Veränderungen in Bildfolgen dargestellt, andere wiederum ihre Arbeit nach dem Bruch 1989 völlig neu eingerichtet - mit neuen technischen Möglichkeiten und Themen. Erasmus Schröter aus Leipzig zum Beispiel habe noch in seiner Diplomarbeit mit Infrarot-Fotografie gearbeitet und Wartende an Wartestellen abgelichtet und nach der Wende Bunker am Atlantik fotografiert.
Else Gabriel habe für ihre Bilderserie "Prosoche" mit der eigenen Familie Situationen im Arbeitsamt inszeniert und sei dabei in die Rolle der dort Wartenden geschlüpft. Manfred Paul habe über Jahrzehnte Berliner Hinterhöfe und dann nach 1989 Metamorphosen des Meeres fotografiert, "also plötzlich farbige Arbeiten, die fast wie Malerei wirken".
Tina Bara: Lange Weile
Ein weiteres Exponat der Ausstellung: Tina Bara - "Lange Weile"© Tina Bara / Kunsthalle Erfurt
Die ausgestellten Arbeiten seien alle "irgendwo politisch, aber nicht vordergründig". Die Zeitspanne von 1976 bis heute habe man gewählt, weil dies die Zeit des Wechsels von einer Gesellschaftsordnung in eine andere gewesen sei und man zeigen wollte, ob und wie diese Zeit von Künstlern und Betrachtern wahrgenommen wurde. Aufgebaut ist die Ausstellung in Vorher/-Nachher-Darstellungen: Was haben die 13 Künstler also vor 1989 gemacht und was danach.
Insgesamt werden über 80 Bilder von 13 Künstlern aus Ost und West ausgestellt.

Die Ausstellung "In einem anderen Land - Transformationsprozesse an Beispielen zeitgenössischer Fotografie in Deutschland" ist noch bis Ende September in der Kunsthalle Erfurt zu sehen.

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