Weltwassertag

Richter erklären Ganges zum "lebenden Wesen"

Mehrere auf Blättern orangenen Blüten gesetzte Kerzen schwimmen auf dem Wasser.
Schwimmende Kerzen im Ganges, Varanasi, Indien. © imago/Mint Images
Jürgen Webermann im Gespräch mit Anke Schaefer · 22.03.2017
Ein Gericht in Indien hat die heiligen Flüsse Ganges und Yamuna unter besonderen Schutz gestellt. Beide seien "lebende Wesen", stellten die Richter fest. Folge: Bürger können künftig im Namen der Flüsse vor Gericht ziehen.
Der Ganges und ein weiterer heiliger Fluss in Indien sind von einem Gericht zu juristischen Personen erklärt worden. Der Ganges und sein Nebenfluss Yamuna seien "lebende Wesen mit dem Status einer moralischen Person", entschieden Richter im Bundesstaat Uttarakhand. Somit hätten die Flüsse nun die gleichen Rechte wie ein Mensch. Der Status gelte auch für alle Nebenflüsse.
Das Ziel der Richter am Hohen Gerichtshof: die Flüsse vor zunehmender Verschmutzung zu bewahren. Unser Korrespondent in der Region, Jürgen Webermann, sieht als Folge härtere Strafen für Umweltsünder voraus. Wenn zu Beispiel Abwässer ungeklärt eingeleitet werden, könnte das künftig als Körperverletzung gewertet werden, sagte er im Deutschlandradio Kultur.
Manoj (rechts), Leichenverbrenner in Varanasi, im Gespräch mit Jürgen Webermann (links)
Jürgen Webermann bei Recherchen in Indien© Jürgen Webermann
Der Ganges habe jetzt sogar eine Behörde als "Vormund", berichtete Weber. Er hatte im vergangenen Herbst den Fluss von seiner Quelle bis Kalkutta bereist. Die spirituelle Verbundenheit mit dem Fluss sei groß, zehntausende kämen jährlich an den Ganges, um dort zu sterben. Ihn als lebendes Wesen zu betrachten, finde große Zustimmung in der Bevölkerung.

Entlang des Ganges leben 400 Millionen Menschen

Wird der Richterspruch helfen? Das bezweifelt Weber. Entlang des Ganges lebten 400 Millionen Menschen, in manchen Städten werde nur ein Fünftel des Abwassers gereinigt, die Kläranlagen schlecht gewartet. Auch Industrieabwässer werden oft ungereinigt eingeleitet.
"Das Problem, von dem wir hier reden, ist enorm", sagte Weber. Richtwerte für schädliche Stoffe würden um das 20.000-fache überschritten. Und dennoch sah er auf seiner Reise keine Eltern, die ihre Kinder an einem Bad im Ganges gehindert hätten.
Der Ganges zieht jeden Tag hinduistische Pilger an, die dort unter anderem die Asche verstorbener Angehöriger verstreuen. Auch der Yamuna wird von Hindus für Riten genutzt. Wichtig sind die Flüsse zudem für die Landwirtschaft als Wasserspender. (ahe)
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