Welttag gegen Internetzensur

"Sie würden sich ins eigene Knie schießen"

Das Symbolbild eines Polizeibeamten warnt chinesische Internetnutzer davor, die Zensurgesetze nicht zu überschreiten.
Big Zensor is watching you: Symbolisch warnt ein Polizeibeamter chinesische Internetnutzer davor, gesperrte Seiten zu knacken. © picture alliance / dpa / Adrian Bradshaw
Netz-Experte Matthias Spielkamp im Gespräch mit Nana Brink · 12.03.2015
Es gibt immer ein Hintertürchen. In diesem Fall: Ein Türchen zur Meinungsfreiheit. Reporter ohne Grenzen hat weltweit zehn zensierte Nachrichtenwebseiten entsperrt. Vorstandsmitglied Matthias Spielkamp erklärt, wie das technisch funktioniert und warum sich Regierungen, die sich dagegen wehren, selbst schaden.
Zumindest für kurze Zeit kann die Web-Community den Regierungen in China, Russland, Iran oder Saudi-Arabien eine lange Nase drehen: Reporter ohne Grenzen (RoG) hat anlässlich des Welttages der Internetzensur einige in den Ländern gesperrte Nachrichtenseiten wieder entsperrt.
Mit der Aktion kritisiert die Organisation, dass autoritäre Regierungen mit Gesetzen und Zensur im Internet Grenzen ziehen und darüber entscheiden, auf welche Informationen die Bürger ihres Landes zugreifen dürfen und auf welche nicht. Es handele sich etwa um Seiten der Unabhängigkeitsbewegung in Tibet oder um Plattformen, auf denen Dissidenten zu Wort kämen - in jedem Fall um News-Seiten, die den Regierungen unbequem seien, begründet Spielkamp die Auswahl.
Technisch ist die Aktion kein Problem
Technisch sei die Entsperrung über eine Daten-Cloud möglich: Die Websites würden gespiegelt und in dem Datenspeicher hinterlegt. Für den Datenspeicher muss RoG die bei kommerziellen Anbietern übliche Gebühr zahlen - weshalb die "Rettung" der zehn Seiten zunächst eine Einzelaktion bleiben wird.
"Je mehr Seiten man da drauf legt und je populärer das wir und je mehr Leute dann eben diese Informationen herunterladen desto mehr Datenvolumen muss man kaufen. Und das können wir uns jedenfalls als Organisation auf Dauer nicht leisten."
Als Dauereinrichtung für hunderte oder gar tausende Seiten werde eine Cloud jedenfalls sehr teuer.
Die Aktion sei jedoch eine technisch sichere Angelegenheit, die die jeweiligen Regierungen nicht torpedieren könnten. Clouds seien große Server von Anbietern wie Microsoft, Amazon oder anderen. Auf diesen seien wiederum "tausende von anderen Websites und auch Diensten, die im Internet wichtig sind und laufen. Sodass, wenn diese Seiten gesperrt würden, in den betroffenen Ländern auch ganz viele Informationen nicht mehr fließen würden, Dienste nicht mehr funktionieren würden, von denen die Regierungen dort aber wollen, dass sie funktionieren. Das heißt, die würden sich ordentlich ins eigene Knie schießen, wenn sie diese gesamten Cloud-Services da blockieren würden."
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