Weltkirche

"Die indischen Schwestern sind super!"

In einem Krankenhaus laufen Mitarbeiter über den Flur.
Krankenhausflur: In deutschen katholischen Krankenhäusern arbeiten auch Ordensschwestern aus Indien. © picture alliance / ZB / Waltraud Grubitzsch
Von Josefine Janert · 05.10.2014
Die deutschen Bischöfe riefen, die Schwestern kamen: Etliche Ordensfrauen aus Indien arbeiten seit vielen Jahren an katholischen Krankenhäusern in der Pflege. So wie Schwester Saera. Bei ihren Patienten ist sie äußerst beliebt.
Schwester Saera: "Hallo, die Damen. Da bin ich noch mal. Das Essen – hat's auch geschmeckt?"
Patientin: "Geschmeckt, aber ditt war ja für Bärchen!"
Schwester Saera: "Sie sollten jetzt bestimmt auch noch ein bisschen zunehmen. Nach einer Operation soll man ja keine Diät machen, wissen Sie ja!"
Schwester Saera beugt sich über das bandagierte Bein der Patientin, die auf der Unfallchirurgischen Station des St. Josefs-Krankenhauses in Essen-Kupferdreh liegt. Die 52-jährige Inderin trägt eine weiße Ordenstracht. Ihre glatten Gesichtszüge und die dunklen, leuchtenden Augen lassen sie viel jünger aussehen.
Schwester Saera: "Ich guck einmal den Verband nach, ob da noch alles in Ordnung ist. Schmerzen?"
Patientin: "Wenn dat Ding da drin dann anfängt zu laufen, dann merk ich das. Aber sonst kann ich es aushalten. Ich hab ja Schmerztabletten genommen, nicht?"
Sie widmen ihr Leben dem Gebet und der Nächstenliebe
Schwester Saera stammt aus dem Bundesstaat Kerala im Südwesten Indiens, wo der Orden der Theresianischen Karmeliterinnen seinen Sitz hat. Knapp 1800 Schwestern widmen dort ihr Leben dem Gebet und der Nächstenliebe. Sie sind unter anderem in indischen Krankenhäusern tätig, kümmern sich um Kinder mit Behinderung und um ehemalige Gefangene, die resozialisiert werden.
Doch Schwester Saera wurde bald nach ihrem Eintritt in den Orden nach Deutschland geschickt. Das war vor 30 Jahren. Hier hat sie auch eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht. Die Patientin sagt:
"Also, die indischen Schwestern sind super! Gibt es gar nichts. Also die sind einmalig: hilfsbereit und in Ordnung. So was Liebes und Nettes hab ich selten an deutschen Schwestern erlebt."
Der Orden der Theresianischen Karmeliterinnen entsendet auch Schwestern nach Italien, Afrika und Amerika. Schwester Saera erzählt:
"Also, ich bin ja Ordensschwester. Und für uns Ordensschwestern, wenn wir in den Orden eingetreten haben, dann werden wir das machen, was der Orden von uns erwartet. Und wir gehen dahin, wo wir gebraucht werden. Und wir tun die Arbeit, was von uns erwartet wird. Da wir von Bischöfen aus Deutschland von unserem Orden angesprochen worden sind, hierhin zu kommen, hat unser Orden mich bestimmt, hierhin zu kommen."
Jetzt stellt Schwester Saera die Tabletten für einen Patienten zusammen. Außerdem gehört es zu ihren Aufgaben, die Patienten beim Waschen und Anziehen zu unterstützen. Sie wechselt das Bettzeug, bringt ihnen das Essen und bereitet sie auf die Operation vor.
Ebenso wie die deutschen Angestellten im St. Josefs-Krankenhaus arbeiten die indischen Schwestern 38 Stunden pro Woche und haben 28 Tage im Jahr Urlaub. Ihr Vertrag sichert ihnen jedes Jahr fünf freie Tage für Exerzitien zu, also für Besinnung und Gebet. Alle zwei Jahre fahren sie für jeweils fünf Wochen nach Indien zu ihren Familien.
"Manche Menschen haben was gegen Ausländer"
Über die deutschen Patienten sagt Schwester Saera: "Meistens ist es so, dass man von den anderen akzeptiert wird, von Patienten. Und manche Menschen haben ja sowieso ein bisschen was gegen Ausländer. Und da spüren wir das auch manchmal. Aber 99,9 Prozent sind wir gut aufgenommen.
Manche haben schlechte Erfahrungen von deutschen Ordensschwestern oder von Priestern, und dann sind die ein bisschen reservierter. Wenn die gegen der Kirche oder dem Glauben reserviert sind – uns gegenüber sind die eher offener. Es gibt auch Menschen, die vielleicht nicht in die Kirche gehen und auch mit einem Priester nicht sprechen wollen. Aber zu uns sind die oder haben die einen besseren Zugang. Die möchten dann mit uns über ihre Probleme sprechen oder über ihren Glauben und so weiter. Diese Erfahrung machen wir auch öfter."
Pflegedienstleiterin Karin Rademacher ist der Ansicht, dass Ordensschwestern unbedingt zu einem katholischen Krankenhaus dazugehören:
"Wir merken, wie gut es unseren Patienten damit geht, weil die Schwestern Zeit schenken, Mitgefühl haben, für Gespräche offen sind, die christlichen Werte entsprechend noch mal auch vermitteln können bei den Patienten, die das gerne möchten. Wenn nicht, wird das selbstverständlich auch akzeptiert."
In der Kapelle des St. Josefs-Krankenhauses bereitet Schwester Alda die Messe vor. Jeden Tag um 17 Uhr wird sie per Lautsprecher in alle Krankenzimmer übertragen. Da sie heute nicht an den Krankenbetten zu tun hat, trägt Schwester Alda statt der weißen die dunkle Tracht ihres Ordens. Als Oberin hat die 57-Jährige die Verantwortung für das Zusammenleben der Schwestern im Konvent:
Schwester Alda: "Morgens stehen wir um fünf Uhr auf und haben wir zusammen das Gebet. Diejenigen, die jetzt arbeiten gehen, fangen um sechs Uhr an auf der Station. Wir, also die jetzt frei haben oder Spätdienst haben, beten wir eine Stunde noch länger. Abends auch haben wir zusammen das Gebet. Die Schwestern, die jetzt Spätdienst haben, kommen auch halb zehn, zehn nach Hause. Und dann wir warten auch auf sie. Wenn sie zurückkommen von der Station, erzählen sie von der Station etwas. Und danach, so gegen elf, elf Uhr dreißig, gehen wir ins Bett. Abends, wir gucken Fernsehen, Nachrichten und auch einige gute Filme. Wir haben auch unsere freie Zeit. Lesen wir irgendwas, also Bücher und auch Zeitungen."
Das geistliche Leben in Deutschland hat sich verändert
Mit einer längeren Unterbrechung hat Schwester Alda insgesamt 16 Jahre in Deutschland verbracht. Das erste Mal kam sie 1979. Seitdem habe sich das geistliche Leben hierzulande stark verändert, meint sie:
"Früher, als wir in die Kirche gehen oder mit den Menschen also Kontakt haben oder sprechen, wir haben also gefunden mehr Glauben an Christus. Und auch als ich nach Deutschland kam, sonntags waren die Kirchen voll.
In Indien, wenn unsere Angehörigen ins Krankenhaus kommen, einer von uns wird immer dabei bleiben, ganzen Tag und Nacht. Und hier ist nicht so. Hier, also wenn sie dann ins Krankenhaus kommen, also ab und zu mal kommen die Kinder, sie besuchen, bringen Blumen oder sonst irgendwas und gehen die sofort weg. In dieser Situation, unsere Präsenz, wenn wir mit denen lange unterhalten oder ihre Probleme zuhören, das ist ein großer Trost für die Patienten. Und die Patienten sind ganz zufrieden mit uns. Ich habe ein paar Mal erlebt, wenn wir morgens in das Krankenzimmer gehen, dann sagen sie: Aaah, da kommt unser Sonnenschein oder unser Engelchen."