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Franz Anton Mesmer
Der Magier vom Bodensee

Franz Anton Mesmer war ein deutscher Arzt und Begründer der Lehre vom animalischen Magnetismus. Seine Anhänger verehrten ihn als charismatischen Heiler, Kritiker stieß er umso mehr ab, weil er sich mit einer Aura des Übernatürlichen umgab. Einen wissenschaftlichen Nachweis für den Mesmerismus gab es weder zu seinen Lebzeiten noch später. Vor 200 Jahren verstarb er.

Von Andrea Westhoff | 05.03.2015
    Schwarz-weiß-Abbildung von Franz Anton Mesmer
    Der deutsche Arzt Franz Anton Mesmer (1734-1815) (imago)
    Ruhm und Geld waren ihm nicht in die Wiege gelegt, als Franz Anton Mesmer 1734 in Iznang, einem Dorf auf der deutschen Bodenseeseite, geboren wurde. Aber der Sohn eines Försters hatte Glück: Von Jesuiten ausgebildet, studierte er zunächst Theologie und ging dann nach Wien, wo ihn der Hofarzt der Kaiserin Maria Theresia als Schüler aufnahm. 1768 heiratete er Maria Anna von Posch, eine reiche Witwe, die Mesmer eine Arztpraxis einrichtete, ihn in die feine Wiener Gesellschaft einführte und mit vielen Künstlern bekannt machte, unter anderem mit der Familie Mozart.
    Mesmer wurde so etwas wie ein Promi- und Modearzt, auch wegen seiner spektakulären Behandlungsmethoden: Zu jener Zeit waren die Themen Elektrizität, Gravitation und Magnetismus gerade sehr populär; und er hatte in seiner Dissertation bereits die Theorie vertreten, dass das menschliche Nervensystem durch die widerstreitenden Anziehungskräfte der Planeten gereizt wird. Die Therapie einer derart "überspannten" Patientin schilderte Mesmer 1776 in seinem "ersten Schreiben über die Magnetkur":
    "Mit einem hysterischen Fieber verbanden sich Zuckungen, anhaltendes Erbrechen, (...) wütende Zahnschmerzen (...) Schwermuth, Wahnwitz, manchmal Raserei und Ohnmachten (...) Und ich verfiel endlich auf den Gedanken, in dem Körper der Kranken eine gleichsam künstliche Ebbe und Fluth mit dem Magnete zu erzeugen."
    Tierischer oder animalischer Magnetismus
    "Magnetkuren" gab es zwar schon, anders als seine Kollegen setzte Mesmer jedoch nicht auf die Anziehungskraft von Metall oder die elektrische Leitfähigkeit von Wasser. Er glaubte vielmehr, eine neue Kraft entdeckt zu haben, die er als Fluidum, All-Flut oder auch Lebensfeuer bezeichnete. Und er war überzeugt, dass die Wirkung an ihn oder andere "geeignete Magnetiseure" gebunden sei. Mesmer nannte das tierischen oder animalischen Magnetismus, weil er nicht nur mit Metall, sondern auch durch bloßes Handauflegen oder sogenannte Luftstriche funktioniere:
    "Dieses Feuer ist seinem Ursprung nach ein künstliches Produkt, welches ich in meinem Individuum hervorgerufen und auf gewisse Weise entflammt habe, indem ich die Einwirkungsmittel des Natur-Magnetismus bis zu dem Grad vereinigte und konzentrierte, dass dieses Feuer dadurch hervorgebracht werden konnte."
    Zweifellos hatte Mesmer ein gewisses Charisma und konnte Menschen suggestiv beeinflussen. Zugleich agierte er aber, von seiner eigenen Genialität überzeugt, mit einem fast religiösen Sendungsbewusstsein. Dadurch zog er viele Menschen an und stieß seine Kritiker umso mehr ab. Als er bei einer prominenten Patientin, der blinden Pianistin Maria Theresia von Paradis, scheiterte, ließ die Wiener Medizinische Fakultät seine Methode prüfen und erklärte den Magnetismus zum Betrug. So ging Mesmer 1778 nach Paris, wo er bald wieder zahlreiche Anhänger fand - und Kritiker. Auch hier untersuchte eine wissenschaftliche Kommission den Mesmerismus und verwarf ihn:
    "Man stellte das Fehlen eines Fluidums fest, Berührungen, Einbildung und Nachahmung sind die Ursachen dieses neuen ,Agens', das unter dem Namen ,Tierischer Magnetismus' bekannt ist."
    Dennoch wurde seine Methode überall in Frankreich in sogenannten Harmonischen Gesellschaften praktiziert. Mesmer selbst hatte sie nach dem Vorbild der Freimaurerei gegründet, der er auch anhing.
    Aus Angst vor der sich abzeichnenden Revolution verließ er Frankreich. Er reiste jahrelang durch Europa, behandelte weiterhin Kranke, konnte aber nirgends mehr wirklich Fuß fassen. Im Herbst 1814 zog Mesmer schließlich nach Meersburg am Bodensee, wo er am 5. März 1815 einem Schlaganfall erlag.
    "Man wird sich erinnern, dass ich in mehreren Ländern als Wohlthäter des Menschengeschlechtes allgemein mit Dankbarkeit geehrt ware", hatte er selbstbewusst in seinem Testament geschrieben.
    Tatsächlich wurde der "tierische Magnetismus" noch eine Zeit lang in den okkulten Zirkeln des französischen Adels praktiziert. Und in der deutschen Romantik und Philosophie des 19. Jahrhunderts hingen viele den Ideen Mesmers über die geheimnisvolle "Lebenskraft" an. Zwar können moderne psychologische Konzepte von Suggestion und Autosuggestion oder die Hypnose Mesmers persönliche Wirkung erklären, aber einen wissenschaftlichen Nachweis für seinen "Heilmagnetismus" gibt es nicht.