Weiter Protest gegen Dresdner Waldschlösschenbrücke

Von Alexandra Gerlach · 21.03.2007
Im Streit um das umstrittene Brückenprojekt UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal werden die Stimmen nach einem Kompromiss lauter. Die umstrittene Waldschlösschenbrücke sollte in einer modifizierten Form gebaut werden, sagte Ingo Zimmermann, der Vorsitzende des Kuratoriums Welterbe Dresdner Elbtal.
"Das Verrückte an diesem Dresden ist, dass es immer so einen unglaublichen Bonus hat und dass es wirklich auch viel getragen wird von extremer Zuneigung aus der ganzen Welt. Man muss bloß aufpassen, dass man das nicht überfrachtet und überfordert. Momentan strapazieren wir, (…) würde ich sagen, (…) das Interesse für uns in der ganzen Welt schon deutlich."

Noch wollen sich die Mitglieder des Kuratoriums Welterbe Dresdner Elbtal, wie Professor Martin Roth, nicht geschlagen geben. Sie nutzten ihre achte Zusammenkunft für die intensive Suche nach einer politischen Lösung für den Streit um die Waldschlösschenbrücke. Der Zeitrahmen ist - gut eine Woche nach dem unanfechtbaren Urteilsspruch des Oberverwaltungsgerichts Bautzen und vor dem Hintergrund des UNESCO-Beschlusses vom letzten Sommer- eng gesteckt, wie der Kuratoriumsvorsitzende, Professor Ingo Zimmermann, offen einräumt:

"Das Kuratorium ist sich bewusst, dass es sozusagen fünf vor zwölf ist, dass in absehbarer Zeit ,(…) fünf nach zwölf schon,…. Dass in absehbarer Zeit der Bau der Brücke beginnen kann, und dann wird es alles noch mal schwieriger."

Und da die Zeit so knapp ist, will das Kuratorium nun in einem letzten Kraftakt sozusagen die oberste politische Führungsspitze der Bundesrepublik mobilisieren. Sie soll handeln, um Schaden abzuwenden. Schließlich sei nach wie vor unklar, welche Bindewirkung der Beitritt Deutschlands zu einer völkerrechtlichen Vereinbarung, wie der über das Welterbe, tatsächlich entfalte. Daher sei das Gremium, so der Kuratoriums-Vorsitzende Professor Ingo Zimmermann weiter, zu der Überzeugung gekommen, dass sich gerade aus dieser Unsicherheit die Pflicht ergebe, politisch zu handeln. Mit einem Brandbrief will sich das Kuratorium daher nun an den Bundespräsidenten, den Bundestagspräsidenten, die Bundeskanzlerin und den Bundesaußenminister wenden. Dazu Ingo Zimmermann:

"Wir sind der Meinung, dass die Aberkennung des Welterbe-Titels für das Dresdner Elbtal sich nachhaltig negativ auf Deutschlands Verhältnis zur UNESCO auswirken müsste. Wir sind auch der Meinung, dass die Bundesregierung moralisch in diese Frage involviert ist, da von den förderfähigen Kosten für die Brücke 75 Prozent, das sind 80 Millionen Euro oder die Hälfte der gesamten Bausumme vom Bund kommen, also wer die Hälfte der Brücke bezahlt, kann ja nicht sagen, die Brücke geht ihn eigentlich nichts an, das sei eine kommunale Sache."

Dem Kuratorium geht es dabei nicht darum, das gesamte Bauvorhaben zu kippen, sondern um eine Modifizierung der jetzt geplanten und bewilligten Brücke am Standort Waldschlösschen. Gesucht wird also eine UNESCO-verträgliche, "kulturvolle" Brückenlösung. Zugleich fordert das Kuratorium die Bürger dazu auf, sich in die Diskussion einzuschalten.

Ingo Zimmermann: "Der Aufruf zur öffentlichen Willensbekundung, den unterstützen wir, und sind der Meinung, das sei ein demokratisches Recht, unter der unabdingbaren Voraussetzung der Gewaltfreiheit, selbstverständlich."

Es sei nicht in Ordnung und nur schwer erträglich, wie sich Gegner der jetzigen Brückenlösung, die nicht nur bei der UNESCO auf Widerspruch stößt , als rückständig und ewiggestrig abklassifizieren lassen müssten, hieß es heute.

Kuratoriumsmitglied, Professor Martin Roth: "Also es geht nicht darum, die Fronten zu verhärten, sondern einen guten Kompromiss zu finden, mit dem wir einfach auch die attraktive Zukunft garantieren können.
Wir sind der Meinung, dass die Diskussion, die politische Diskussion durchaus auch die Parteien und die Gremien verlassen kann, und wir haben uns auch entschlossen, gemeinsam dazu aufzufordern, an der Zusammenkunft am Sonntag teilzunehmen."

Schon am vergangenen Sonntag hatten sich rund 1000 Bürger und künstlerische Prominenz zu einer Protestveranstaltung in den Dresdner Elbauen versammelt. Der Musiker und Initiator der Brückengegner Thomas Friedländer ist zuversichtlich, dass es an diesem Sonntag noch weit mehr werden. Unter dem Motto "Welterbe erhalten: Jetzt!" rufen Friedländer und zahlreiche Dresdner Prominente auf zur Demonstration:

Thomas Friedländer zu Dresdner Appell: "Diesen Aufruf, den wir jetzt unterschrieben haben, unter dem Titel "Welterbe erhalten- Jetzt", haben also verschiedene Künstler und Kulturschaffende Dresdens unterschrieben, mit dabei ist Rolf Hoppe, Martin Roth von den Kunstsammlungen, Ludwig Güttler, Baby Sommer, der Schlagzeuger, Frau Hampel die Malerin, also sehr prominente Namen, Herr Kreile jetzt vom Kreuzchor also es gibt eine ganz große Breite aus der Kulturszene, denn Dresden ist ja vor allen Dingen auch als Kulturstadt bekannt, und das äußert sich jetzt da."

Doch wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich doch noch etwas ändern kann, am richterlich verkündeten Baubeginn der Brücke? Diese Frage kann Brückengegner Friedländer nicht beantworten, er verlässt sich voll auf sein Gefühl:

"Das schaffen wir, (…) weil der gesunde Menschenverstand das eigentlich sich nicht vorstellen kann, dass die Verantwortlichen hier in Stadt und Land diesen Welterbe-Titel verspielen werden, also der Druck wird so groß werden, das können die sich nicht erlauben!"

Morgen Nachmittag wird sich der Dresdner Stadtrat mit dem Urteilsspruch aus Bautzen befassen. Er wird dann zu entscheiden haben, ob die Stadt Dresden Klage beim sächsischen Verfassungsgerichtshof einreichen wird.