Wege zu Beethoven mit Lars Vogt

Das Tripelkonzert

Der Pianist Lars Vogt, die Cellistin Tanja Tetzlaff und der Geiger Christian Tetzlaff (v.l.)
Alle für einen: Lars Vogt, Tanja und Christian Tetzlaff (v.l.) beschäftigen sich seit langer Zeit mit Beethoven und seinem Tripelkonzert © Vogt, Tetzlaff / Giorgia Bertazzi
Gäste: Tanja Tetzlaff, Christian Tetzlaff und Lars Vogt; Moderation: Hans-Heinrich Raab · 18.12.2022
Die Cellistin Tanja Tetzlaff, ihr Bruder Christian Tetzlaff, Geiger und der verstorbene Pianist Lars Vogt waren lange Zeit befreundet. Für sich haben sie schon sehr früh das Tripelkonzert von Ludwig van Beethoven erobert - ein Werk, das erobert werden möchte.
Ludwig van Beethovens Tripelkonzert dürfte kurz vor dem 9. Juni 1804 zum ersten Mal erklungen sein, vermutlich im Rahmen zweier Proben im Wiener Palais Lobkowitz und mit dem Komponisten am Klavier. Die breite Wiener Öffentlichkeit erfuhr erst in der "Allgemeinen musikalischen Zeitung" vom 23. Juni 1808 von seiner Existenz. Es sei "ein ganz neues Concertino von Beethoven für Pianoforte, Violine und Violoncello mit Begleitung des Orchesters", das jedoch "keinen rechten Eingang" gefunden habe, da es "fast nur aus Passagen" bestehe, die "auf die drei Instrumente ziemlich gleich vertheilt sind, mit der Zeit aber, für den Zuhörer, wie für den Spieler, gleich ermüdend" seien.

Hier geht es zur Playlist der Sendung.

Am 18. Februar 1808 fand im Leipziger Gewandhaus dann wohl die erste öffentliche Aufführung des bereits gedruckten Werkes statt, das nie einen Platz im Konzertleben einnehmen sollte wie das Violinkonzert oder die beiden letzten Klavierkonzerte, in deren zeitlicher Nähe es entstand. Wie die ersten Wiener Solisten hießen und ob Beethovens späterer Schüler Erzherzog Rudolf ursprünglich für den Klavierpart vorgesehen war, wie Anton Schindler behauptete, darüber schweigen sich die frühen Quellen aus. Mit der Beobachtung, dass das Stück von den Solisten meist "zu leicht genommen" werde, dürfte Beethovens Sekretär aber durchaus richtig gelegen haben.

Zweitklassiger Beethoven?

Die wichtigsten Vorbehalte gegen das Stück zählt der Beethoven-Biograph Alexander Thayer noch um die Wende zum 20. Jahrhundert auf: ihm fehle der "hinreißende Schwung" der anderen großen Beethoven-Werke, außerdem sei die Ausführung der Solopartien "mehr schwierig als dankbar".
Handelt es sich also tatsächlich um ein zweitklassiges Stück? Mehrere Musikergenerationen dürften diese Frage umstandslos bejaht haben. Zu den großen Ausnahmen gehörte der hellsichtige Johannes Brahms, der das Tripelkonzert mehrfach vom Klavier aus aufgeführt hat.

Ein "verkapptes" Cellokonzert?

Der "Fehlstart" des Tripelkonzerts könnte mit der besonders anspruchsvollen Rolle des Cellisten zusammenhängen, der die Riege der Solisten fast immer anführt, und den Beethoven mit einer Reihe technischer Schwierigkeiten bedachte, die noch lange nach seinem Tod von den wenigsten Cellisten unfallfrei und klangschön zu realisieren waren. Der große russische Cellist Mstislaw Rostropowitsch hat das Tripelkonzert einmal als das schwierigste Stück der gesamten Celloliteratur bezeichnet.
Der Cellist sitzt mit seinem Instrument auf einer Bühne.
Jahrhundertvirtuose mit größtem Respekt vor dem Tripelkonzert: Der Cellist Mstislaw Rostropowitsch© imago images / Leemage
Dabei waren es Rostropowitsch selbst und seine Schüler, die in puncto Virtuosität endgültig mit den Geigern und Pianisten gleichzogen und die technischen Voraussetzungen dafür schufen, dass die Idee eines brillanten Klaviertrio-Konzerts heute angemessen umzusetzen ist. Zusammen mit David Oistrach und Swjatoslaw Richter hatte Rostropowitsch das Stück schon in den 1960er Jahren in Russland aufgeführt, Herbert von Karajan lud die drei Solisten daraufhin ein, es 1969 mit den Berliner Philharmonikern für die Schallplatte einzuspielen.
In der Diskografie von Wilhelm Furtwängler, der die Beethoven-Konzerte besonders häufig dirigierte und mindestens fünf Aufnahmen des Violinkonzerts gemacht hat, sucht man das Tripelkonzert dagegen vergebens.

Ein Klaviertrio-Konzert

Bis in die 1970er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein ist das Stück ein musikalischer Außenseiter geblieben. Daran änderten auch die vereinzelten Aufnahmen großer Solisten wenig. Erst das 1955 gegründete Beaux Arts Trio hat es als Repertoirestück regelmäßig im Konzertleben etabliert und 1977 zusammen mit dem London Philharmonic Orchestra unter Bernard Haitink für die Schallplatte aufgenommen.
Die Sendung erinnert an diese wichtige Interpretation und stellt sie einer Lesart aus unseren Tagen gegenüber. Auch hier bilden drei Musiker das Solistentrio, die regelmäßig zusammen als Kammermusiker auftraten: Die Cellistin Tanja Tetzlaff, ihr Bruder Christian Tetzlaff, Violine, und Lars Vogt, der das Orchester vom Klavier aus leitete. Die Aufnahme entstand 2016 in Newcastle mit der Royal Northern Sinfonia, einem Kammerorchester, das Lars Vogt im Jahr zuvor zu seinem Music Director gewählt hatte.
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