Netz der Zukunft

Was steckt hinter Web3?

15:37 Minuten
3D-Illustration von einem Laptop und Blockchain-Technologie
Eine aktuell sehr laute Bewegung möchte ein gerechteres Internet mittels der Blockchain-Technik erreichen. © imago / Westend61
Von Leon Ginzel · 04.12.2021
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Sicherer, transparenter, gerechter: Das sind die Versprechen von Web3. Diese neue Version des World Wide Web erfährt im Moment einen großen Hype. Aber was steckt eigentlich genau dahinter?
Es ist einer der Hypes in der digitalen Zukunftsbubble: das Web3. Die „neue Stufe“ des Internets mit einem großen Versprechen: Hier soll alles sicherer, transparenter und gerechter werden. Vor allem die Kryptoszene feuert den Trend an, um eine eigene Web3-Version zu etablieren. Mit Erfolg: Jetzt schon werden Millionensummen investiert. Doch was genau steckt eigentlich hinter Web3?

World Wide Web – 1.0 und 2.0

Um zu verstehen, warum überhaupt die Rede vom Web3 ist, macht eine kleine Bestandsaufnahme Sinn. Am Anfang hieß das Web 1.0 einfach World Wide Web und war vor allem eine Ansammlung von Webseiten – per Hyperlinks miteinander verknüpft. Reine Information, kein Austausch. Dann kam das Web 2.0., das Internet, was wir jetzt gerade nutzen und was sich seit der Jahrtausendwende immer weiterentwickelt hat. Plötzlich wurde kommentiert, geliked. Man konnte sich online treffen und viel direkter diskutieren.
Ein Social Web – mit Schönheitsfehlern, "und zwar, dass es dominiert wird von einigen, wenigen sehr mächtigen Konzernen und deren Besitzern". Grüße gehen raus an Google und Facebook. Dieser Missstand, den „ct“-Redakteur Sylvester Tremmel da beschreibt, ist die Motivation fürs Web3.

Was das Web3 ist – und was es verspricht

Im Web3 soll das Internet wieder zu einem Ort werden, an dem es gerecht zugeht. Transparent. Und: Wo alles dezentral verteilt ist. Eine aktuell sehr laute Bewegung will das mit der Blockchain-Technik erreichen, bekannt von Krypto-Währungen. Sie soll das dezentrale Schmiermittel werden.
„Es gibt eben keinen einzelnen Server irgendwo oder ein einzelnes Rechenzentrum irgendwo, das irgendeiner Firma gehört, sondern das verteilt sich global auf allen Rechnern, die an der Blockchain teilnehmen“, erklärt Sylvester Tremmel. „Und wenn man auf dieser Basis dann Services hochzieht, dann hat man eben auch da den Effekt, dass es keine Einzelinstanz gibt, die einen Service reglementieren oder abschalten kann.“

Wer das Web3 kontrolliert

Web3 basiert also auf einem System der gegenseitigen Kontrolle als Antwort auf den aktuellen Kontrollverlust an die großen Konzerne. Im Idealfall entstehen dann – wie Jannis Brühl es in der „SZ“ beschreibt – „viele kleine von Nutzern verwaltete Einheiten, an denen jeder Anteile halten kann", bezahlt mit Bitcoins und Co.: Quasi Crowdfunding ohne zwischengeschaltete Fundingplattform, zum Beispiel ein durch die Community finanzierter und kontrollierter Kurznachrichtendienst à la Twitter.
„Die Vision ist, dass es in der Benutzung gar nicht so unterschiedlich ist", sagt „ct“-Redakteur Sylvester Tremmel. "Aber in der Einschränkung davon, wie einzelne Akteure Macht aufbauen könnten, sehr viel resistenter.“
Klingt gut, oder? Und hat viel von dem 2019er „Contract for the Web“, den „World Wide Web“-Erfinder Tim Berners-Lee mit angetrieben hat. Dahinter verstecken sich neun Richtlinien, um das Internet wieder zu einem Ort zu machen, der den Menschen dient und sie nicht spaltet.
Alles unverbindlich, aber immerhin auch von der deutschen Regierung und Branchen-Größen wie Microsoft oder Google unterzeichnet. Konkret geht es unter anderem um einen fairen Zugang für alle, keine Zensur, Datenschutz und offene Technologien – für die User und nicht den Profit.

Gefahren des Web3

Und genau hier könnte ein Problem im Blockchain betriebenen Web3 lauern. Die Gefahr ist, „dass es sich de facto nicht in diese Richtung entwickelt, sondern zum Beispiel sehr große wirtschaftliche Akteure da einsteigen und dann diese Technologie, also Blockchains, schon nutzen, aber halt wohlweißlich so, dass sie da gerade nicht diese Macht aufgeben, die sie gerade im Web 2.0 genießen“, warnt Sylvester Tremmel.
Schon jetzt fließen absurde Millionenbeträge in Geschäftsideen oder virtuelle Grundstücke, die zum Beispiel als Online-Showrooms für digitale Mode genutzt werden sollen, um beispielsweise Gaming-Avatare aufzupimpen. Diese Aufbruchsstimmung lockt nicht nur Big Player wie Adidas und Nike an, sondern auch Betrüger. Eine Institution, die im Schadensfall hilft, gibt es nicht. Das wäre gegen den Freiheitsgeist.
Die Frage ist auch: Wie läuft der Übergang vom Web 2.0 zu dieser Version des Web3 ab? Wie „wechselt“ man rüber? Und: Wer wechselt rüber? Es bleibt als noch eine spannende Utopie mit vielen Fragezeichen.

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