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Albanien
Die europäische Tür öffnet sich nicht leicht

Albanien hat die erste Hürde im EU-Beitrittsprozess genommen und ist jetzt offiziell Kandidat. Ob das Land aber tatsächlich einmal EU-Mitglied wird, ist keineswegs sicher. Korruption und organisierte Kriminalität bleiben ein Problem – und ein EU-Beitritt hätte nicht nur Vorteile.

Von Stephan Ozsváth | 25.06.2014
    Albaniens Premier Edi Rama sitzt am Schreibtisch vor der roten Flagge seines Landes und erläutert den EU-Kandidatenstatus
    Albaniens Premier Edi Rama erläutert den EU-Kandidatenstatus seines Landes (picture alliance/epa/str)
    Albanien habe mit dem EU-Kandidatenstatus seine verlorene Würde vor den internationalen Partnern wieder gewonnen, das sagte der albanische Premier Edi Rama vor Journalisten in der Hauptstadt Tirana, nachdem die EU-Außenminister grünes Licht gegeben hatten.
    "Das ist ein guter Tag für Albanien. Den Kandidaten-Status zu bekommen, war unser Ziel – schon lange. Ich hoffe, wir alle können uns darüber freuen. Das ist ein klares Zeichen auf unserem Weg und ab jetzt haben wir mehr Perspektiven und mehr Hoffnung für alle Albaner, egal wo sie sind, nicht nur in Albanien."
    Sowohl im benachbarten Kosovo, als auch in Mazedonien leben Albaner. Aus dem krisengeschüttelten Griechenland kehren albanische Gastarbeiter in Scharen zurück. Den Kandidatenstatus zu erreichen, sei nicht einfach gewesen, so der Sozialdemokrat Rama. Die europäische Tür öffne sich nicht leicht.
    "Der Status ist wie eine Verlobung. Und die ist an Bedingungen geknüpft. Ohne die Erfüllung dieser Pflichten gibt es keine Hochzeit. Deshalb ist klar: Der Weg wird schwerer, nicht leichter. Unsere Herausforderungen größer, nicht kleiner."
    Gute Noten der EU trotz Korruption und Kriminalität
    Der jüngste EU-Fortschrittsbericht hatte Albanien recht gute Noten erteilt. Bemängelt wurde darin allerdings, dass Korruptionsverfahren gegen politische Amtsinhaber nicht genug vorangetrieben würden. Auch der Kampf gegen organisierte Kriminalität müsse noch weiter intensiviert werden, forderte der Bericht. In den vergangenen Tagen war die Polizei in Südalbanien mit Waffengewalt gegen die Bewohner des Dorfes Lazarat vorgegangen. Es gilt als Hochburg des Marihuana-Anbaus in Albanien. Dieser Mann glaubt:
    "Der Vorteil für die albanischen Bürger – egal, welcher politischen Couleur – wird sein, dass die albanische Regierung, die Politiker überhaupt verantwortungsvoller sein werden – weil sie mehr kontrolliert werden."
    Im Vorfeld der Entscheidung hatten Albanien und Tschechien noch ein Hindernis ausgeräumt. Die Regierung in Prag hatte mit einem Veto gedroht. Hintergrund waren geplatzte Investitionen des staatlichen tschechischen Energie-Versorgungs-Unternehmens CEZ. Die albanische Regulierungsbehörde hatte der albanischen Tochter des Unternehmens die Lizenz entzogen – wegen angeblicher Vertragsverletzungen. Albanien zahlt nun eine Entschädigung von etwa 100 Millionen Euro. Das Parlament in Tirana muss dem aber noch zustimmen. Die sozialistische Abgeordnete Arta Dade stimmte ihre Landsleute schon einmal auf weitere bittere Pillen ein, die mit dem weiteren Weg in Richtung EU verbunden sein werden.
    "Wir müssen den Albanern klar machen, dass EU-Integration nicht nur Vorteile hat, sondern auch kostet. Und wir müssen uns darauf vorbereiten, konkurrenzfähig zu sein, nicht nur im Rahmen, den uns der Kandidatenstatus bietet, sondern auch innerhalb der europäischen Agenda."
    Besonders der österreichische Außenminister Kurz hatte sich für den EU-Kandidatenstatus Albaniens eingesetzt. Er sei überzeugt, dass der Status sowohl Regierung als auch die drei Millionen Einwohner zu weiteren Reformen motivieren werde, so der Konservative. Der Balkan-Staat Albanien ist bereits Nato-Mitglied, und es ist ein sehr junger Staat – mehr als jeder Zweite ist jünger als 35 Jahre. Wirtschaftlich setzt die Regierung sehr auf das transadriatische Pipeline-Projekt. Es soll Gas aus dem Kaspischen Meer nach Italien bringen. Und der Tourismus soll künftig noch mehr Geld in die Kassen spülen.