Was Mannheim von Amsterdam lernen kann

Aus dem Leben eines Nachtbürgermeisters

Stadtansicht von Amsterdam, hier das nächtliche Rotlichtviertel mit dem Club Moulin-Rouge am Ufer einer Gracht
Shamiro van der Geld möchte als Nachtbürgermeister die Clubs in Amsterdam zu einem sichereren Ort machen. © picture alliance / dpa / Soeren Stache
Shamiro van der Geld im Gespräch mit Shanli Anwar · 19.07.2018
Mannheim wählt sich einen Nachtbürgermeister. Das ist ein Novum in Deutschland. Bereits Erfahrung in diesem Job hat Shamiro van der Geld. Er bekleidet dieses Amt in Amsterdam und er verrät, was in seinem Job das Wichtigste ist.
Der Nachtbürgermeister in Mannheim soll zwischen Clubs und verschiedenen Partnern, etwa der Stadtverwaltung oder den Anwohnern, vermitteln. Damit wird die Stadt in Baden-Württemberg zum ersten Ort in Deutschland, in der es diese Funktion gibt.
Das Amt des Nachtbürgermeisters gibt es weltweit jedoch schon länger - zum Beispiel in Paris, Tokio und Sydney. Die erste Stadt, die einen Nachtbürgermeister hatte, war Amsterdam. Seit diesem Jahr ist es Shamiro van der Geld. Der frühere Radio- und Fernsehmoderator und Eventmanager wurde für drei Jahre in das Amt berufen.
Shamiro van der Geld ist derzeit Nachtbürgermeister in Amsterdam.
Shamiro van der Geld ist derzeit Nachtbürgermeister in Amsterdam.© Raymond van Mil

"Ich bin nicht der Typ im Anzug"

Die wachsende Party-Metropole Amsterdam hat mehr als 1500 Bars und Clubs mit einer liberalen Drogenpolitik und Prostitutionsgesetzen. Er sei nicht der Typ im Anzug, sondern kenne sich in der Clubszene gut aus, betont Shamiro van der Geld. Sein Programm: Er möchte die Clubs zu einem sichereren Ort machen, auch für Leute aus der LGBTQ-Community, damit die Besucher sich frei fühlen und der Mensch sein könnten, der sie sein wollen.
Bei Männern möchte er ein Bewusstsein dafür schaffen, wann ein sexueller Übergriff anfängt. Er achte außerdem darauf, dass in einer Stadt, in der viele verschiedene Kulturen zusammenleben, keine Diskriminierung in der Türpolitik stattfinde, damit sich eine Vielfalt in der Clubkultur entfalten könne. Und er setze sich gegenüber der Stadtverwaltung dafür ein, dass die ganze Nacht hindurch genügend öffentliche Verkehrsmittel fahren.

Sein Rat: Unabhängig bleiben

Was wünscht Shamiro van der Geld seinem zukünftigen Kollegen in Mannheim? Sein wichtigster Rat: Unabhängig bleiben - und sich nicht abhängig machen von anderen Geldgebern. Dann wird er philosophisch: Die Nacht sei eine sehr wichtige Zeit, um sich selbst zu finden und eben der Mensch zu sein, der man sein wolle.
Das Amt eines Nachtbürgermeisters sei sinnvoll, weil es in immer mehr Städten in der Nacht zu Konflikten zwischen Feiernden und Anwohnern komme, betont auch Dietrich Henckel, emeritierter Professor für Stadtplanung an der Technischen Universität Berlin:
Das gelte vor allem für Städte, die von Tourismus geprägt seien und von vielen jungen Leuten besucht würden. Ganz lösen lasse sich das Problem nicht, es gehe eher darum, Kompromisse zu finden. Bei den Nachtbürgermeistern hänge viel davon ab, ob das Amt eine glaubwürdige Person ausfülle, die einen solchen Konflikt zwischen den unterschiedlichen Interessen moderieren könne, sagt Henckel.
(cosa)
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