Was kostet uns die Energiewende?

An diesem Wochenende wird der zwölfte Atommüll-Konvoi in Gorleben erwartet. Zehntausende Demonstranten wollen der Atomkraft die Rote Karte zeigen. Grünes Licht geben sie regenerativen Energiequellen. Aber wie teuer sind die wirklich?
Sie rollen wieder: die Castor-Transporte nach Gorleben. An diesem Wochenende wird der zwölfte Atommüll-Konvoi in dem niedersächsischen Zwischenlager erwartet. Zehntausende Demonstranten haben ihren vehementen Protest angekündigt, rund 17.000 Polizisten sollen die vermutlich größte Protestaktion im Wendland sichern.

Ihr Motto: "Rote Karte für die Atomkraft!". Und damit auch eine Rote Karte für das Energiekonzept der Bundesregierung, das unter anderem eine Laufzeitverlängerung für die deutschen Kernkraftwerke festschreibt.

Grünes Licht dagegen geben sie den erneuerbaren Energien, die – so die Verfechter – ab 2050 unseren Energiebedarf decken sollen.

"Ich bin überzeugt, dass wir von 100 Prozent regenerativen Energien versorgt werden – und das möglichst noch vor 2050","

sagt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin.

""Möglichkeiten gibt es wahnsinnig viele, aber ich bin auch kein Hellseher. Wir können rechnerisch 100 Prozent Solar machen. Aber das würde wenig Sinn machen. Es muss ein vernünftiger Mix her, und ich gehe davon aus, dass dabei Solar- und Windkraft gut die Hälfte ausmachen und die anderen, wie Biomasse und Geothermie und andere, den Rest. Ich bin auch ein großer Verfechter von Importstrom."

Quaschning - der mehrere Bücher über die erneuerbaren Energien geschrieben hat - lebt mit seiner Familie in einem Niedrig-Energiehaus, mit Solarzellen auf dem Dach, die von April bis Oktober den gesamten Warmwasserbedarf decken. Im Winter heizt er mit Biomasse (Pellets). Sein Haus ist bestens gedämmt, daher beträgt seine Heizungsrechnung pro Jahr nur wenige Hundert Euro.

"Bei den Regenerativen haben sie eine Preisgarantie, denn die Anlage haben sie ja schon gekauft, sie bekommen ihren Strom umsonst und es kann ihnen egal sein, ob im Golf von Mexiko eine Anlage explodiert. Und diese Preissicherheit ist schon ein gewisser Komfort."

Nur: Wie zukunftsfähig sind die Erneuerbaren wirklich? Welcher Energiemix wäre zukunftsträchtig und effizient? Und: Wie teuer kommt uns der Ökostrom wirklich?

Diese Fragen beschäftigen den Wirtschaftswissenschaftler Joachim Weimann von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Seine Schlussfolgerung:

"Es gibt kaum eine teurere Energiequelle als Solarenergie. Eine Tonne CO2 einzusparen, kostet 700 bis 1200 Euro. Es ist ein Wahnsinn, zu behaupten, dass dies im Jahr 2050 wettbewerbsfähig ist. Aber die Stromentstehungskosten sind nur die eine Ebene bei der Berechnung, wie viel mich eine Tonne CO2-Ersparnis kostet. Man muss den Transport mit berechnen.

Wenn die Ausbauziele so realisiert werden, muss das Stromnetz verfünffacht werden. Das heißt, zu jedem Strommast kommen vier hinzu. Wir benötigen neue Speichermöglichkeiten, die werden teuer. Wir brauchen Reserveenergie, das werden fossile Energien sein. Wir brauchen Regelenergie: Was machen wir an einem windarmen oder sonnenarmen Tag? Da benötigen wir ein fossiles Backup. Das muss man mit berechnen, wenn ich mich frage, was kostet es mich, eine Tonne CO2 einzusparen."

Berechnungen wie diese hat der Wirtschaftswissenschaftler in seinem Buch "Die Klimapolitik-Katastrophe" zusammengefasst. Sein Credo:

"Gute Klimapolitik vermeidet so viel CO2 wie möglich. Und weil uns dafür nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung stehen, sollte die Vermeidung dort stattfinden, wo die Kosten am niedrigsten sind."

Aber so funktioniere die Klimapolitik gerade nicht – auch nicht das jüngst beschlossene Energiekonzept der Bundesregierung.

"Was kostet uns die Energiewende?"
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr gemeinsam mit Prof. Dr. Volker Quaschning und Prof. Dr. Joachim Weimann.
Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen im Internet:
Über Prof. Dr. Volker Quaschning
Über Prof. Dr. Joachim Weimann