Warten ist sein Beruf

Vorgestellt von Hannelore Heider · 23.05.2007
Rubén ist Leibwächter des argentinischen Planungsministers. Das entwürdigende Leben ohne eigene Identität scheint für "El Custodio" kein Problem zu sein – bis es zu einem überraschend dramatischen Ende kommt. Das karge Roadmovie "Elbe" erzählt von zwei Schiffern, denen das Wasser bis zum Hals steht.
"El Custodio - Der Leibwächter"
Argentinien / Deutschland / Frankreich 2006, Regie: Rodrigo Moreno, Hauptdarsteller: Julio Chávez, Osmar Núnez, Cristina Villamor, Luciana Lifschitz, Elvira Onetto

Er steht stocksteif vor verschlossenen Türen oder grauen Parkplätzen, wo er neben dem Auto des Minsters wartet. Rubén (Julio Chávez) ist Leibwächter des argentinischen Planungsministers (Osmar Núnez) und warten oder beiseite stehen, und zwar so unauffällig wie möglich, ist sein Beruf. Er ist immer da, er hört alles und sieht alles und existiert doch eigentlich gar nicht.

Der Minister jedenfalls nimmt ihn nicht als lebendigen Menschen wahr und wenn, dann benutzt er ihn hochmütig wie ein Kind sein Spielzeug. Dieses entwürdigende Leben ohne eigene Identität scheint für den Leibwächter kein Problem zu sein. Er macht sich keine Gedanken um das Treiben seines Dienstherren, wir Zuschauer schon.

Die Kunst des Filmes von Rodrigo Moreno besteht darin, uns in diese Existenz eintauchen zu lassen, die ganz aus der Perspektive des Helden, ohne "Enthüllungen", fast ohne Worte und bis zum überraschend dramatischen Ende des Filmes auch ohne Musik beobachtet wird.

Wir bleiben durch die Kamera ebenso auf Distanz wie der Held, wir ergründen den Mann nicht, er ist ein Fremder bis zum Schluss, als sich verdrängtes Leben Bahn bricht. Unabdingbar für das Interesse des Zuschauers ist der großartige Hauptdarsteller Julio Chavez, der für eine ähnlich angelegte Rolle im Wettbewerbsbeitrag "El Otro" auf der diesjährigen Berlinale den Silbernen Bären als bester männlicher Hauptdarsteller bekam.

"Elbe"
Deutschland 2006, Regie: Marco Mittelstaedt, Hauptdarsteller: Henning Peker, Thomas Jahn, Steffi Kühnert, ab sechs Jahren

Die Elbe verheißt eigentlich wenig Abenteuer, es sei denn, sie läuft wieder einmal über die Ufer. Menschen, die auf der Elbe als Flussschiffer leben wie Gero und Kowski scheinen irgendwie aus der Zeit gefallen. Kowski hat es faustdick hinter den Ohren, immer wieder erschüttern seine Eskapaden die freundliche Ruhe seines Kumpels Gero.

Kowski ist ein Chaot, mit immer neuen Ideen und zwielichtigen Quellen, aus denen er Geld besorgt. Denn wieder mal stehen zwei Ostler vor dem Aus, es gibt keine Ladung mehr für ihren Kahn. Während Gero gelassen auf sein Segelboot umsteigt und das, was er zum Leben braucht, als Hilfskraft im Tante Emma an der Flussbiegung verdient, hat Kowski große Träume.

Lakonisch werden in diesem sehr kargen Roadmovie zu Wasser die Schicksale der beiden Männer enthüllt, die mit Romantik wenig zu tun haben. Gero will in Hamburg endlich seine Tochter besuchen, die er nach der Scheidung ewig nicht gesehen hat. Wenigstens hat er ein Ziel, während Kowski in der Dorfkneipe ein paar Spieler abzockt und dabei fast ums Leben kommt.

Das geht nicht mehr lange gut, auf dem Segelboot klebt schon der Kukuck, die Elbe im Regen ist so traurig wie das ganze Dasein und doch suchen die beiden nach einem Neuanfang – auf der Elbe, die ihr Zuhause und wirklich der dritte, stimmungsvolle Hauptdarsteller in diesem Film ist.

"Der Traum"
Dänemark, Großbritannien 2005, Regie: Niels Arden Oplev, Hauptdarsteller: Janus Dissing Rathke, Anders W. Berthelsen

In dem preisgekrönten Jugendfilm (Gläserner Bär Kinderfilmfest Berlinale 2006) verknüpft sich das Schicksal des 13-jährigen Fritz mit den Nachrichten aus einer anderen, fernen Welt, die mit dem neuen Fernseher und einem neuen "Hippi"-Lehrer in den Dorfalltag kommen. Fritz hört zum ersten Mal Martin Luther Kings berühmte Rede "I Have a Dream…" und sieht die protestierenden jungen Leute auf Kopenhagens Straßen. Das beflügelt ihn und bald auch seine Eltern zu einer mutigen Tat. Gegen den Widerstand der feigen Dorfmehrheit nehmen sie den Kampf gegen einen gewalttätigen Schuldirektor auf. In einer gradlinigen Handlung erfüllt sich Fritz am Ende seinen Traum von Gerechtigkeit.