"Warschau 44"

Stark inszenierte Trauerarbeit

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Regisseur Jan Komasa (Mitte) am Set von "Warschau 44" © Imago/ Eastnews
Von Jörg Taszman · 01.08.2015
"Warschau 44" erzählt die Geschichte des Warschauer Aufstands im August 1944. Dem Regisseur Jan Komasa gelingt ein Film, der gut gespielt ist und den Zuschauer so schnell nicht wieder loslässt. Doch er hat einige stilistische Schwächen.
Sie sind jung, idealistisch und wollen sich von der brutalen deutschen Besatzung befreien. Ende Juli 1944 steht die Rote Armee bereits vor Warschau und die Alliierten sind in der Normandie gelandet. Die Deutschen wüten weiterhin in Polen, lassen Geiseln erschießen und terrorisieren die Zivilbevölkerung.
Stefan, Alicia und Koma treten der polnischen Heimatarmee bei. Am Abend vor dem geheim gehaltenen Aufstand wird bei Alicias Eltern noch gut bürgerlich gegessen. Der Vater gibt sich weltmännisch und pragmatisch. Die jungen Aufständischen sind voller Hoffnung.
"'Ein Aufstand unter solchen Voraussetzungen ist völlig sinnlos. Natürlich werden die Russen kommen. Und die werden dann bleiben.'
'Hoffentlich nicht zulange.'
'Wir können auf die Hilfe des Westens zählen.'
'Unser Land liegt im Zentrum Europas.'
'Der Westen schert sich nicht um die Belange unseres Landes. Die Polen hoffen, dass uns die Sowjets helfen. Nur hat bisher noch keiner mit Stalin verhandelt. Außerdem kümmert der sich einen Dreck um uns mit Verlaub.'"
Gegen die deutsche Vernichtungswalze
Der erst 33-jährige Filmemacher Jan Komasa rückt vor allem junge, idealistische Freiheitskämpfer in den Vordergrund, die naiv und romantisch begeistert gegen die übermächtige Vernichtungswalze der Deutschen kämpfen und das mit schrecklichen und tragischen Konsequenzen. Nach dem Überraschungsangriff auf die Deutschen gerät der Aufstand schnell ins Stocken. Wichtige militärische Ziele werden nicht erreicht.
"Wer geglaubt hat, der Aufstand dauert nur drei Tage, hat sich geirrt. Der Spaß ist noch nicht vorbei. Die Deutschen haben Verstärkung bekommen. Wir erwarten jeden Moment einen Angriff. Wir haben den Befehl erhalten, die Armbinden nur noch am rechten Arm zu tragen. Alle auf ihre Positionen..."
In Polen war dieser sehr modern erzählte Film nicht unumstritten. So nimmt Jan Komasa Anleihen bei Tarantino, und arbeitet bewusst mit Anachronismen, Zeitlupen und Popsongs. Das ist stilistisch gewagt und vermag nicht durchgehend zu überzeugen, weil es mitunter hart am bombastischen Trash und Kitsch balanciert. Dennoch muss man die Konsequenz bewundern, mit der Komasa dieses nationale Trauma bewusst anders filmisch erzählt. Und wenn die Deutschen völlig zu Recht als unbarmherzige Killer gezeigt werden, fand der Regisseur auch Raum für einen jungen Wehrmachtsoldaten, den Max Riemelt spielt.
"Um das zu differenzieren, was die SS war und die deutsche Armee, haben sie noch eine kleine Geschichte mit eingebaut. Da war ich dann der Wehrmachtsoldat, der von der SS mitgeschliffen wird, um dieses Killerkommando zu unterstützen. Also was für absurde Welten innerhalb dieser absurden Welt auch noch möglich waren. Die Dreharbeiten waren ziemlich gut. Wir haben auch noch auf Film gedreht und es waren alles ganz junge Leute."
Brutale Bilder, die man kaum erträgt
Ähnlich wie Max Riemelt von der Energie des jungen Filmteams schwärmt, überträgt sich dieser Elan beim Sehen auf den Betrachter. Mitunter sind die Bilder so brutal, so realistisch, dass man sie kaum ertragen kann. Da regnet es blutige Körperteile und von den so jungen Idealisten überleben nur ganz Wenige. Vor allem das Leid der Zivilbevölkerung wird in erschütternden Bilden gezeigt. Und so ist "Warschau 44" eine gut gespielte und stark inszenierte Trauerarbeit mit stilistischen Schwächen, die einen so schnell nicht mehr los lässt.
Interessant ist übrigens, dass Deutschland das erste Land außerhalb Polens ist, wo der Film jetzt einem großen Publikum präsentiert wird. Nachdem das polnische Staatsfernsehen mit "Unsere Mütter unsere Väter" einen Quotenerfolg mit der deutschen Sicht auf den 2. Weltkrieg feierte, bleibt abzuwarten, wie offen der deutsche Fernsehzuschauer für die Sicht der Polen auf eines der tragischsten Ereignisse des Zweiten Weltkriegs sein wird.
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