W. Michael Blumenthal

Wie hat die Migration Ihr Leben geprägt?

35:58 Minuten
W. Michael Blumenthal
W. Michael Blumenthal, früherer US-Finanzminister und langjähriger Leiter des Jüdischen Museums in Berlin © dpa / picture alliance / Daniel Naupold
Moderation: Britta Bürger · 01.09.2014
Audio herunterladen
Flucht, Vertreibung und Neuanfang haben ihn geprägt: Als Kind musste W. Michael Blumenthal Deutschland verlassen, in den USA wurde er Finanzminister, später Leiter des Jüdischen Museums in Berlin. Ein Gespräch über ein bewegtes Leben.
Unter W. Michael Blumenthal wurde das Jüdische Museum nicht nur zum Besuchermagneten und zu einer der wichtigsten kulturellen Einrichtungen Berlins, sondern auch zum größten jüdischen Museum Europas.
Schon als Kind muss der gebürtige Berliner seine Heimat verlassen, nach acht Jahren im chinesischen Exil wandert er 1947 in die USA aus. Flucht, Vertreibung und Neuanfang haben sein Leben geprägt.
Seine Fähigkeit, sich unabhängig und zielgerichtet in neuen Situationen zurecht zu finden, hat maßgeblich zu seiner Karriere in Wirtschaft und Politik beigetragen. Als US-Finanzminister unter Jimmy Carter sammelte er ebenso Erfahrungen wie als führender Wirtschaftsmanager. 1997 wurde er Direktor des Jüdischen Museums Berlin und erlebte eine ganz andere Annäherung an Deutschland. Heute ist der letzte Tag des 88-Jährigen in dieser Funktion.
Auf den Antisemitismus hat Blumenthal eine historische Perspektive
Wie die Migration sein Leben beeinflusst hat und wie es war, mit einer historisch so bedeutenden Aufgabe nach Deutschland zurückzukehren, dazu hat Britta Bürger Michael Blumenthal in der Sendung "Im Gespräch" befragt.
Überraschend ist Blumenthals Haltung zum Antisemitismus in Deutschland. Leider gebe es in allen westlichen Ländern einen latenten und manchmal auch offenen Antisemitismus, sagt er. Die Anzahl der Menschen, die antisemitische Vorurteile hegten, sei aber beschränkt, in Deutschland seien es "nur" 15 bis 20 Prozent. Das "nur" erklärt sich aus Blumenthals historischer Perspektive: Früher seien es viel mehr gewesen, betont er. Außerdem sei der Antisemitismus heutzutage "politisch höchst unkorrekt":
"Ich glaube nicht, dass in Deutschland das Problem des Antisemitismus ein großes geworden ist."