Vorstellung im Münchner Gasteig

Freie Theaterszene gründet europäischen Dachverband

Blick auf das Kulturzentrum Gasteig in München
Blick auf das Gebäude des Kulturzentrums Gasteig in München, wo sich der europäische Dachverband der Freien Szene trifft. © picture alliance/imageBROKER/Jan Richter
Ulrike Kuner im Gespräch mit Britta Bürger · 03.11.2018
Die Freie Szene vernetzt sich. Erstmals stellt sich der neu gegründete europäische Dachverband in München vor. Er will sich für eine bessere Förderung von freien Künstlerinnen und Künstlern einsetzen.
Die Freie Szene in Europa ist eine große Unbekannte – in dem Sinne, dass es bislang keinerlei Überblick darüber gab, wer überhaupt alles dazugehört. In dem neu gegründeten europäischen Dachverband der Freien Darstellenden Künste (The European Association Of Independent Performing Arts) haben sich Mitgliederverbände der Freien Szene aus elf Ländern zusammengeschlossen. Dabei sind Deutschland, Österreich, Schweiz, Bulgarien, Italien, Rumänien, Spanien, Schweden, Slowenien und Ungarn. Dass so viele osteuropäische Länder vertreten sind, habe zunächst überrascht, erklärt die Sprecherin des Verbandes Ulrike Kuner:
"Seit anderthalb Jahren arbeiten wir daran, einen regelmäßigen Austausch über die freie Szene und zum ersten Mal eine Quantifizierung zu erreichen. Wir sind im Zuge dessen darauf gekommen, dass genau diese Freie Szene sehr stark in Osteuropa vertreten ist und sich dort durch Verbände organisiert hat."

Unterhalb der Armutsgrenze

In Westeuropa dagegen ist die Freie Szene teilweise anders organisiert:
"Gerade in Belgien, Frankreich und in den Niederlanden wurde in den 80er Jahren die gesamte künstlerische Szene vollkommen neu organisiert. Sprich: Die Künstler wurden dort strukturell, infrastrukturell, finanziell ganz anderes gefördert", sagt Kuner.
Der Verband hat erstmals Zahlenmaterial erhoben. Reich wird man als frei arbeitender Künstler nicht, so Kuner:
"Überall in Europa sind die frei arbeitenden Künstler nach wie vor sehr prekär unterwegs. Das heißt, wir haben ein relativ großes Armutsrisiko. Wir haben aber auf der anderen Seite tatsächlich auch sehr viele Akteurinnen und Akteure, die in diesem Feld sehr erfolgreich unterwegs sind. Teilweise mit ganz kleinen Produktionen, teilweise aber auch mit sehr großen, international Produktionen. Trotz allem hilft es diesen KünstlerInnen nicht, obwohl sie so präsent sind, dass sie damit ihr Lebensauskommen tatsächlich bestreiten können. Und vor allem nicht, dass sie über einen längeren Zeitraum hinweg sich sozial absichern können."

EU-Kulturförderung auch für die Freie Szene

Die prekäre Arbeitssituation der Künstlerinnen und Künstler müsse sich ändern, vor allem weil die Freie Szene so viele Zuschauer wie die Staats- und Stadttheater verzeichne, sagt Kuner: "Allerdings haben wir hier einen finanziellen Unterschied von 1:10. Das heißt, nach wie vor sind die Freien Szenen nicht ausreichend finanziell dotiert."
Der Dachverband möchte sich dafür einsetzen, dass auch die Künstlerinnen und Künstler der Freien Szene von EU-Kulturförderprogrammen profitieren. Der Wert und die Arbeitsweise der Künstler müsse mehr geschätzt werden. Immerhin arbeite die Szene international und es würden künstlerische Innovationen vorgenommen. "Genau das wollen wir, dass die europäische Kommission und mit den europäischen Programmen den Wert und die Arbeitsweisen von solchen Künstlern schätzt", sagt Kuner.
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