Vorgespult

Berauschendes Science-Fiction-Epos

Schauspielerin Jessica Chastain posiert vor dem Filmplakat zu "Interstellar".
Schauspielerin Jessica Chastain posiert vor dem Filmplakat zu "Interstellar". © MARK RALSTON / AFP
Von Christian Berndt · 01.11.2014
Christopher Nolan dreht nach seiner "Batman"-Trilogie wieder einen Science-Fiction. In "Interstellar" geht es um eine verstörende Reise in fremde Galaxien. Ebenfalls neu im Kino: ein deutscher Film über die Auschwitz-Prozesse und eine US-Komödie mit Woody Allen.
"Okay Leute, Masken auf!"
Cooper ist mit seinen Kindern wieder mal in einen Sandsturm geraten. In nicht ferner Zukunft ist die Erde wüst geworden, Lebensmittel sind knapp, alles ist aufs nackte Überleben ausgerichtet. Aber wie schlimm die Lage wirklich ist, erfährt der frühere Ingenieur und Pilot erst, als er in der Wüste ein geheimes Forschungslabor der NASA entdeckt. Hier wird an einem Forschungsprojekt zur Besiedelung fremder Welten gearbeitet - denn auf der Erde ist die Menschheit zum Untergang verurteilt. Und Cooper scheint nicht zufällig hier gelandet zu sein:
"Die Generation Ihrer Tochter ist die letzte, die auf der Erde überlebt."
"Jetzt müssen Sie mir sagen, wie Sie die Welt retten wollen?"
"Wir sollen die Welt nicht retten, wir sollen sie verlassen. Für diese Mission wurden Sie ausgebildet."
Cooper erklärt sich zur interstellaren Reise bereit - und aus der folgenden Weltraum-Mission wird ein verstörender Flug durch Raum und Zeit. Christopher Nolan entwirft in "Interstellar" ein visuell berauschendes und anspielungsreiches Science-Fiction-Epos: Die großartigen Weltraum-Bilder und scheinbar im Hintergrund agierende Außerirdische lassen an Filme wie Kubricks "2001" oder Spielbergs "Unheimliche Begegnung der dritten Art" denken.
Dagegen sind die Familiengeschichte und die teils esoterisch angehauchte Philosophie des Films teilweise erstaunlich sentimental und wirr geraten. Das macht "Interstellar" zum bemerkenswert zwiespältigen Erlebnis:

Interstellar
USA 2014, Regie: Christopher Nolan, Darsteller: Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Michael Caine - 169 Minuten

Eine Art Zeitreise erlebt auch der Held des deutschen Films "Im Labyrinth des Schweigens". Es ist das Jahr 1958, im Wirtschaftswunder-Land Bundesrepublik geht es aufwärts, die Nazi-Vergangenheit scheint unendlich weit weg. Auch für den jungen Frankfurter Staatsanwalt Johann Radmann - bis er eines Tages im Gericht eine heftige Auseinandersetzung mitbekommt.
"Da draußen läuft ein Mörder frei herum."
"Guten Tag Herr Gnielka. Wieder mal auf der verzweifelten Suche nach einer Story für die Rundschau?"
"Die Story habe ich schon längst Herr Oberstaatsanwalt. Da draußen läuft ein Mörder frei herum, Mitglied der Waffen-SS, war im Krieg in Auschwitz, der arbeitet jetzt als Lehrer und unterrichtet Kinder. Interessiert Sie das?"
"Sie sind wirklich ein herrlicher Brausekopf."
Alle Versuche des Journalisten Gnielka, einen früheren NS-Verbrecher zu belangen, werden von Justiz und Polizei abgewehrt. Staatsanwalt Radmann beginnt daraufhin, nach Verbrechern aus der NS-Zeit zu suchen. Bei seinen Kollegen stößt er damit auf heftige Abwehr, einzig der Generalstaatsanwalt und frühere Emigrant Fritz Bauer unterstützt Radmann und beauftragt ihn mit den Ermittlungen gegen frühere Auschwitz-Aufseher.
"Im Labyrinth des Schweigens" erzählt eine fiktive Vorgeschichte der Auschwitz-Prozesse, die 1963 in Frankfurt begannen und die Republik veränderten. Regisseur Giulio Ricciarelli schildert den Kampf seines jungen Helden zwar stimmungsvoll, aber die Dramaturgie ist arg holzschnittartig geraten, so dass der Film eher für Schulfernsehen als fürs Kino geeignet ist:

Im Labyrinth des Schweigens
Deutschland 2014, Regie: Giulio Ricciarelli, Darsteller: Alexander Fehling, Gert Voss, Friederike Becht - 123 Minuten

Weniger fürs Schulfernsehen gedacht ist dagegen die amerikanische Komödie "Plötzlich Gigolo". Der New Yorker Buchhändler Murray, gespielt von Woody Allen, erzählt seinem besten Freund Fioravante von einem verblüffenden Gespräch mit seiner Hautärztin:
"Offenbar wollen sie und ihre Freundin mal die Erfahrung machen, wie so ein Dreier kommt. Und sie hat mich gefragt, ob ich jemand kenne. Ich sagte ja, ich kenne jemand. Aber das kostet sie 1000 Dollar, und um ehrlich zu sein, ich hab da an Dich gedacht. - An mich?"
Nach dem ersten Schock lässt sich Fioravante tatsächlich auf das Angebot ein - Geld kann er immer gebrauchen:
"1000 für mich, 1500 für Dich. Sehr netter Tagesverdienst. Also, weißt Du, jetzt ist es offiziell."
"Ich bin Deine Nutte."
"Der älteste Beruf der Welt."
Das Geschäft beginnt zu florieren. Fioravante ist zwar weder jung noch schön, aber der sensible Mann kann bei Frauen verborgene Sehnsüchte aufspüren – ob bei der Karriere-Ärztin oder einer streng orthodoxen Jüdin. John Turturro, der auch den Fioravante spielt, hat mit "Plötzlich Gigolo" eine lakonische Mischung aus absurder Grundidee und herrlich altmodischer Komödie mit Woody-Allen-Touch inszeniert, die auch einen skurrilen Einblick in den Alltag orthodoxer Juden gibt. Wohl selten ist es gelungen, Schlüpfrigkeit so gekonnt mit melancholischem Ernst zu verbinden.

Plötzlich Gigolo
USA 2013, Regie: John Turturro, Darsteller: John Turturro, Woody Allen, Sofia Vergara - 91 Minuten