Voodoo-Experte

"Ich hörte Trommeln, wie ich sie noch nie gehört hatte"

Frauen und Männer in traditioneller Kleidung tanzen am Strand von Ouidah an der Küste Benins am 10. Januar, dem offiziellen Voodoo-Tag.
Tänze gehören zum Voodoo dazu © Deutschlandfunk / Katrin Gänsler
Henning Christoph im Gespräch mit Ute Welty · 10.01.2018
Um Voodoo ranken sich bis heute zahlreiche Mythen. Der Ethnologe und Fotograf Henning Christoph hat sich viele Jahre mit dieser afrikanischen Religion beschäftigt – und räumt mit einigen Falschannahmen wie dem verbreiteten Bild der "Voodoo-Puppe" auf.
Voodoo fasziniert – bis heute. Und so werden wieder tausende Besucher aus aller Welt erwartet, wenn am Mittwoch in Benin das jährliche große Voodoo-Festival gefeiert wird.
Auch der Ethnologe, Fotograf und Filmemacher Henning Christoph gehört zu denen, die von den eigentümlichen Riten gefesselt sind. Der Gründer und Leiter des Museums "Soul of Africa" in Essen hat Voodoo zum ersten Mal Mitte der 1980er-Jahre erlebt, als er als Fotograf für das Magazin "Geo" in Westafrika unterwegs war und einen Missionar in einer abgelegenen Region besuchte.

"Beim dritten Mal sagte er: Der Teufel!"

"Eines Abends saß ich mit ihm auf seiner Veranda auf dem See, und ich hörte Trommeln, wie ich sie noch nie gehört hatte in Afrika", erinnert sich Christoph. "Ich fragte den Priester, was das sei. Er antwortete nicht. Ich fragte ihn nochmal und er antwortete nicht. Und beim dritten Mal sagte er: Der Teufel! Das hat mich natürlich interessiert. Ich habe dann meinem Bootsmann gesagt, er solle mich hinbringen, wo die Trommeln schlagen."
Dort sah der Ethnologe Männer in Baströcken, die wild tanzten und sich mit Messern tiefe Wunden in den Körper schnitten. "Ich konnte ein paar Fotos machen, dann wurde ich verjagt."
Vor allem die Heilpflanzen des Voodoo schätzt Christoph: "Ich bin selbst mal vergiftet worden, da bin ich dann behandelt worden mit entsprechenden Pflanzen, und da war das dann sehr schnell zu Ende."

Sogenannte Voodoo-Puppen haben mit Voodoo nichts zu tun

Entgegen gängiger Vorstellungen bestehe Voodoo zu 85 Prozent aus Heilung und nur zu 15 Prozent aus Schadensmagie, betont der Ethnologe. Auch das verbreitete Bild der "Voodoo-Puppe" habe mit Voodoo nichts zu tun. Dieser Brauch komme aus England, wo man im 17. Jahrhundert in der Hexerei kleine Wachspuppen benutzt habe, in die Nadeln gestochen worden seien. "Das gab es auch in Norddeutschland, Nordfrankreich, Belgien und Holland – aber nie in Afrika."
Wenn beim Voodoo Schadensmagie angewendet werde, müsse ein Orakel vorher entscheiden, ob diese Maßnahme überhaupt gerechtfertigt sei. "Der Schaden muss immer angepasst werden an das Vergehen", betont Christoph. "Zum Beispiel jemand, der seine Schulden nicht bezahlt. Da wird man zu einem Aceito [Schadensmagier] gehen." Dieser nehme dann beispielsweise einen Hundeschädel, fülle ihn mit magischen Pflanzen, bespreche ihn und mache ein Blutopfer. Das "verursacht demjenigen, der nicht bezahlt, Magenkrämpfe und Albträume, dass wilde Hunde ihn verfolgen. Das geht so lange, bis er bezahlt. Und meistens bezahlen sie dann", sagt der Leiter des Essener Voodoo-Museums. "Da braucht man keine Anwälte, Mahnbescheide und solche Sachen."
Vor dem, was in Deutschland an Voodoo angeboten wird, warnt Christoph jedoch. "Es sind manche Menschen hier, die sich Voodoo-Priester nennen im Internet, aber das sind hauptsächlich Scharlatane. Es wird hier nicht richtig praktiziert."

Über das Museum "Soul of Africa" in Essen und die dortige Voodoo-Ausstellung berichtet Henning Christoph auch in diesem Video:

(uko)
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