Von Stahlnetz bis Testbild

Von Michael Lachmann · 30.05.2006
In der bundesdeutschen Museumslandschaft ist es einmalig: das Fernsehmuseum Berlin. Es führt das audiovisuelle Erbe deutscher Fernsehgeschichte der letzten 75 Jahre zu einer Programmgalerie zusammen. Doch bis zur Eröffnung war es ein langer Weg.
Das Fernsehen wird museumsreif. Zwar trägt das Projekt nicht mehr den Namen Mediathek, sondern Fernsehmuseum, aber das beschädigt nicht die Inhalte. Schon vor 20 Jahren haben die beiden legendären Dokumentarfilmer Eberhard Fechner und Erwin Leiser die Zeit für reif gehalten, endlich auch hierzulande eine nationale Mediathek zu gründen, die bedeutende Programmleistungen aus Geschichte und Gegenwart versammelt, um sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen - unabhängig von aktuellen Rundfunkprogrammen und bestehenden Rundfunkarchiven.

Es lag wohl auch daran, dass die UNESCO in jener Zeit ihre Mitgliedsländer massiv aufforderte, wichtige Radio- und Fernsehsendungen als Erbe zu begreifen, um auch damit kulturelle Identität zu bewahren. Dazu gehören auch wichtige Produktionen des DDR-Hörfunks und Fernsehens und der in den 80er Jahren entstandenen Privatsender. Fechner und Leiser schwebte eine Einrichtung vor, in der, wie sie sagten, die Oma ihren Enkel an die Hand nimmt und ihm zeigt, welche Sendungen sie seinerzeit besonders an- oder aufgeregt haben.

In der Mitte Berlins, wo vor über 80 Jahren im Voxhaus Rundfunkgeschichte begann, sollte dieses Zentrum deutscher Medienkultur entstehen. Anfang der 90er war ein Konzept entworfen. Politik, Akademie der Künste Berlin, öffentlich-rechtliche wie private Sender signalisierten Zustimmung und Mitarbeit. Doch manche der Beteiligten betrieben das Vorhaben eher wie eine Hobbythek und nicht wie eine nationale Aufgabe, zwischenzeitlich sollte die Mediathek sogar am Rhein entstehen. Der ehemalige WDR-Programmdirektor Hans-Geert Falkenberg legte sich dagegen ins Zeug und Helmut Drück, letzter RIAS-Intendant, eröffnete in Berlin-Adlershof schließlich ein Gründungsbüro und "verwaltete" die Idee.

Im Sommer 2002 wurde das Aus für die Mediathek verkündet. Wenig später ging der 1. Direktor des Berliner Filmmuseums Hans Helmut Prinzler still ans Werk, holte viele Beteiligte ins Boot, schuf Tatsachen und gibt jetzt dem Fernsehen auf zwei Etagen seines Filmhauses im Sony-Center extra Raum. Die Geschichte des Radios ist zwar raus aus seinem Konzept und zwischen Absicht und realen Möglichkeiten, viel zu zeigen, reiben sich die Initiatoren an Rechtefragen gegenwärtig mit in- und ausländischen Fernsehstationen. Aber ein wichtiger Anfang ist geschafft, Teile des audiovisuellen Erbes jedermann zugänglich zu machen.