Von Ochsenfröschen und Großen Koalitionen

Von Karl Heinz Gehm · 06.03.2007
Der Ochsenfrosch aus der Gattung Rana Catesbeiana zeichnet sich dank seiner kehlständigen Schallblase bekanntlich dadurch aus, dass er sich gewaltig aufzublasen und tiefe, grunzende Einzellaute zu erzeugen vermag, die weithin hörbar sind.
Über ähnliche Fähigkeiten verfügen hierzulande Spitzenpolitiker der Großen Koalition.

Die haben sich vor Sitzung des Koalitionsausschusses so gewaltig aufgeblasen, dass die hauptstädtischen Berichterstatter prompt den gewohnten Katastrophenreflex an den Tag legten und wieder einmal im bekannten Krisentimbre vom möglicherweise bevorstehenden Ende der Koalition fabulierten.

Im Dunkel der Nacht ist es dann erwartungsgemäß ganz anders gekommen.

Vorab hieß die Parole, der Gegner, sprich Koalitionspartner, solle als Bremsklotz, Inkarnation der Regierungsunfähigkeit und Verhinderer einer fortschrittlichen Politik vorgeführt werden. In den frühen Morgenstunden wurde dann, wie immer, wenn es keine Ergebnisse zu verkünden gibt, die gute Gesprächsatmosphäre gelobt, war von kleinen Fortschritten die Rede und von Arbeitsgruppen, die jetzt eingesetzt werden und deren große Stunde bald bevorsteht.

En detail nimmt sich die Echternacher Springprozession gegenüber dem politischen Hantieren der Großen Koalition geradezu als ein Paradebeispiel von Zielgerichtetheit und Geradlinigkeit aus. Nach wochenlangem Streit um die Lufthoheit über den Kinderbetten und dem Show-down in Sachen Finanzierung ist nächtens eine geradezu geniale Erkenntnis gereift. Die Erkenntnis nämlich, dass es eigentlich nichts bringt, über die Finanzierung zusätzlicher Krippenplätze zu reden, bevor der reale Bedarf nicht festgestellt ist. Ach ja. Ob es aber einen zusätzlichen Bedarf überhaupt gibt, das bezweifelt die Union inzwischen. Die Familienministerin darf derweil rätseln, welche Rolle sie in diesem Komödienstadel künftig einnehmen soll.

Beim Bleiberecht, wo doch alles glatt gezogen war zwischen den Koalitionären, wurde der Kompromiss, man höre, im Grundsatz bestätigt, um ihn dann an entscheidender Stelle beim Thema, was kommt zuerst: Aufenthaltsrecht oder Arbeit am Punkt Sozialleistungen aufzuschnüren.

Grandios das Verfahren auch beim Thema Mindestlohn. Einigkeit allüberall in der Koalition, dass es hierzulande keine sittenwidrigen Löhne geben darf. Offen ist nur, wie man das macht und was sittenwidrig ist.

Die liberale Opposition spricht von Armutszeugnis, gießt Spott und Hohn über die Koalitionäre und meint, jeder Mindestlohn sei maximaler Unsinn. Besser sei es, nicht auskömmliche Löhne durch Sozialtransfers aufzubessern.

Gegenüber Vorstellungen dieser Art hat selbst die großkoalitionäre Ochsenfrosch-Variante schon wieder Perspektive.