Von Klaus Pokatzky

Während die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" ihr Herz für den dichtenden Ex-Bürgermeister Hans-Ulrich Klose entdeckt, befasst sich die "Welt" mit dem "glücklichen England", das Prinzen im Militäreinsatz zu bieten hat. Die politische Situation in Hessen beschreibt die "Frankfurter Allgemeine" als "müde rauchendes Trümmerfeld".
"Gemalte Bilder sind wie die zweite Haut."

Das lesen wir in einem Interview im neuen SPIEGEL.

"Beim Schreiben gibt es gar keine Haut, keinen Schutz. Die Gefühle werden zu Pferden, die anfangen zu galoppieren."

Das sagt Cornelia Schleime, die in der DDR geborene Malerin, deren Roman "Weit fort" jetzt erscheint. Also galoppieren wir dann mal los.

"Zwölf Zeilen eines Gedichts können eine halbe Bibliothek politischer Gemeinheiten aufwiegen."

Das steht in der Überschrift eines Artikels in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG zum Motto "Warum wir Peter Hacks neu lesen müssen" - wir wollen aber aus einem Gedicht von einem anderen zitieren.
"Vergnügen pur; und schreibe zwischendurch Gedichte und mühe mich um Reime und um Maße."

Zwei Zeilen daraus, abgedruckt in der "Frankfurter Anthologie" der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, zwei Zeilen von Hans-Ulrich Klose, dem famosen, klugen und bescheidenen Politiker: einst Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, nun einer der wichtigsten Außenpolitiker der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag.
"Keiner, der immer recht hat, kein Sieger tritt uns in Hans-Ulrich Kloses Gedichten entgegen", schrieb Walter Hinck in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN über den "Lyriker auf den Bänken des Deutschen Bundestags": "Das bringt uns diesen Abgeordneten des Hohen Hauses so nahe." Und:

"Dieser Mann besitzt auch die unter Politikern seltene Gabe der Selbstironie. "

Wollen wir uns vorstellen, dass ein Roland Koch Gedichte schreibt? Wie würde Lyrik aus der Feder eines Kurt Beck klingen?

"Es bleibt nur noch Staunen. Hessen ist von einem Brennpunkt der politischen Aktualität zu einem müde rauchenden Trümmerfeld geworden," meinte die FRANKFURTER ALLGEMEINE nach dem Aus für die Sozialdemokratin Andrea Ypsilanti als möglicher Minderheitsregentin. "Roland Koch regiert als Wahlverlierer, ein Zombie in der Staatskanzlei," schrieb Nils Minkmar.

"So falsch der Wahlkampf Roland Kochs war, so desaströs ist der Umgang der Sozialdemokraten mit ihrem relativen Wahlerfolg. Beides ist politischer Pfusch, wie man ihn in einem Flächenstaat seit Gründung der Bundesrepublik noch nicht zu beklagen hatte. Mit Neuwahlen ist es nicht getan, das Land braucht Hochschulen, die Berufspolitiker ausbilden, solche, die wissen, dass man vor wichtigen Entscheidungen abzählt und welches Datum wir haben."

Kleiner Einspruch nur, Kollege Minkmar, der Sie erst 1966 geboren wurden und das auch noch im friedlichen Saarbrücken: Wir haben einen anderen Flächenstaat, in dem es weiland noch ganz anders zuging, nämlich als im schönen Land der Bayern die alte Bayernpartei von der CSU mit Hollywood-reifen Methoden weggebissen wurde.
"Die Angeklagten sind zwischen 17 und 21 Jahre alt."

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU ging es zur Sache.

"In drei Fällen lautet die Anklage auf gefährliche Körperverletzung, Beleidigung und Bedrohung. Im Übrigen geht es um Sachbeschädigung."

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU ging es um den Prozess vor dem Frankfurter Jugendschöffengericht gegen jene jungen Mitbürger mit Migrationshintergrund, die als "Frankfurter U-Bahn-Schläger" in der Endphase des hessischen Wahlkampfes Roland Koch noch einmal Munition liefern sollten - die ihn dann selbst traf, weil danach auf einmal sehr kritisch gesehen wurde, wie viele Richterstellen in seiner Regierungszeit gestrichen wurden. Der Richter jetzt in Frankfurt heißt Rolf Heyer.

"Heyer will heute noch in Urlaub fahren, darauf kommt er zwei Mal zu sprechen. Er verbreitet seine gute Laune," schreibt Jamal Tuschick in seiner fulminanten Gerichtsreportage und zitiert den Richter, der den ganzen Vorfall als "unterdurchschnittliche" Strafsache bezeichnet - bei der Anfang Januar im Suff Türen und Scheiben einer U-Bahn demoliert, dann ein U-Bahnfahrer geschlagen und getreten wurde. Schlimmeres verhinderte die Polizei.

"Das Opfer ist traumatisiert. Wissen die Angeklagten, was das bedeutet? Ich sehe in ihren Gesichtern Ratlosigkeit, Trotz, schiere Abwehr", schrieb Jamal Tuschick.

"Vermutlich erscheinen sie sich selbst als Opfer - und als unfreiwillige Darsteller einer Posse. Der Richter fühlt sich so wohl in seiner Haut."

Deutscher Gerichtsalltag - ungewöhnlich nur der Medienauftrieb dabei, Roland Koch machte es möglich. Einer der Angeklagten, mit bereits zwei Bewährungsstrafen belastet, "muss für ein Jahr und neun Monate ins Gefängnis, im Übrigen setzt es zwei Wochen Jugendarrest für einen Beteiligten, sechzig Tagessätze zu acht Euro auf Bewährung für einen anderen. Der Vierte im Bund geht mit einem Freispruch heim." Deutscher Gerichtsalltag eben. Ganz durchschnittlich. Hessen nicht vorn, sondern mittendrin.

"Glückliches England", lasen wir da in der WELT: Es hatte zu allen Zeiten Prinzen, die ihr Blut in Kriegen zu Markte trugen. Immer, wenn uns unser eigentlich doch ganz wunderbares Deutschland etwas wundersam erscheint, wo nun ein Roland Koch möglicherweise Ministerpräsident bleiben kann, sehen wir Anhänger der parlamentarischen Monarchie ins schöne Britannien, diesmal zu Prinz Harry, den zweiten Sohn von Prinz Charles, Enkel unserer Lieblingsqueen, Dritter in der Thronfolge, tapferer Afghanistan-Kämpfer.

"Nichts verankert den Bestand der Monarchie besser als die Bereitschaft der königlichen Familie, sich immer wieder durch einzelne ihrer Mitglieder den gleichen Gefahren auszusetzen, die der 'gemeine Soldat' im Einsatz 'for Queen and Country' ausgesetzt ist",

schrieb in der WELT Thomas Kielinger aus London - unser treuester und verlässlichster Korrespondent, wenn es um das Haus Windsor geht. Von Heinrich dem Fünften im Mittelalter bis zu Opa Prince Philip, der sich "durch großen Einsatz und Mut im Zweiten Weltkrieg" auszeichnete, werden die kämpfenden Hoheiten aufgezählt.

"Ich bin kein Held", zitiert Thomas Kielinger Prinz Henry Charles Albert David Mountbatten-Windsor, Berufsbezeichnung "Leutnant Wales", nach der verfrühten Heimkehr. Die wahren Helden seien die Soldaten, die im Taliban-Krieg dienenden 7800 britischen Militärangehörigen. Das ist wahrer politischer Stil.