Von Klaus Pokatzky

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" wirft einen selbstkritischen Blick zurück auf das Jahr 2007. Die "Süddeutsche Zeitung" blickt nach vorne und befasst sich mit dem "Jahr der Mathematik 2008". Und da das kommende Jahr auch das Jahr des Nichtrauchens werden solle, beschäftigt sich die "Welt" mit der Geschichte des Tabakkonsums.
"Wir hätten es besser wissen können." Diesen Satz zum Jahresende lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Joachim Müller-Jung bekennt, auf eine Wetterprognose hereingefallen zu sein:

"Auf Florida, so ließ das dortige Nationale Hurrikancenter verlauten, sollten im abgelaufenen Jahr schwere Wirbelstürme zukommen."

Die kamen aber nicht, obwohl doch auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE über die Prognose berichtet hatte. "Wieso aber bist du nie in Ingolstadt?", fragt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN deren Chef-Theaterkritiker Gerhard Stadelmaier:

"Nie in Bremerhaven? Nie in Esslingen? Nie in Memmingen? In Tübingen? Landshut? Detmold? Nie bei all den tapferen Stadttheatern und Landesbühnen in der schönen deutschen Provinz?"

Das nächste zerknirschte Bekenntnis zum Jahresende – die FRANKFURTER ALLGEMEINE bekennt zerknirscht ihre Versäumnisse für 2007 in 13 kleinen Beiträgen auf fast zwei ganzen Zeitungsseiten. Die "Schreibschulden" sollen so auf den letzten Drücker beglichen werden, wie der fürs Kulturelle verantwortliche Mitherausgeber Frank Schirrmacher zerknirscht gelobt:

"Wie heißt der entscheidende Text, den wir in den vergangenen 365 Tagen nicht geschrieben haben, welche Briefe haben wir nicht verschickt, welche Zweifel nicht gemeldet?"

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hingegen widmet sich der exakten Wissenschaft. "Du musst verstehn! Aus Eins mach Zehn, und Zwei lass gehen", wird erst einmal das "Hexen-Einmaleins" des großen Goethe abgedruckt – und dann "Ein Prosit dem Jahr der Mathematik 2008 ausgelobt. Schlag Mitternacht endet das Jahr der Geisteswissenschaften 2007, und es beginnt das Jahr der Mathematik 2008. Dieses hat die bequeme Quersumme 10 und verbindet aufs Schönste die 2 mit ihrer dritten Potenz 8," heißt es im Vorwort der mathematisch-literarischen Seite, auf der dann abgehandelt werden Heinrich von Kleist und die Mathematik; der Zögling Törleß, der an den imaginären Zahlen verzweifelte – oder Burkhard Spinnen seinen Alptraum schildert, der mit den Worten aus dem Mathematikunterricht beginnt: "Ein Bauer hat 17 Kühe" und so weitergeht: "Jede Kuh gibt pro Tag 18,5 Liter Milch, vorausgesetzt sie frisst 9,5 Stunden lang Heu und Gras der Sorte Eins oder 7,8 Stunden lang solches der Sorte Zwei."

Dieses wollen wir hier nicht vertiefen, um nicht am Ende auch noch Alpträume zu bekommen, sondern widmen uns notgedrungen der Tatsache, dass das vor uns liegende Jahr nicht nur ein Jahr der Mathematik, sondern auch ein Jahr des Nichtrauchens werden soll. "Kann nur leichte Cigarren vertragen / Rauch ungern bei leerem Magen", wird in der Tageszeitung DIE WELT der bekennende Raucher Elimar Herzog von Oldenburg, bekannt unter dem Schriftstellernamen Anton Günther, zitiert.

"Nach einer Urkunde aus der Pfalz soll der erste Tabak in Deutschland im Jahr 1573 im Pfarrgarten von Hatzenbühl (Bistum Speyer) angebaut worden sein, allerdings nicht um die Rauchgier zu stillen, sondern aus medizinischen Gründen. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) besorgten herumziehende Söldnerheere, dass das Rauchen in Mode kam","

klärt uns der Historiker Julius H. Schoeps in einer Tabakrevue durch die Jahrhunderte auf.

""Die Gegner des Tabakgenusses formierten sich schon sehr früh. Sie glaubten, den Tabakgenuss nicht nur durch Argumente, sondern vor allem durch die verschiedensten Formen der Besteuerung einschränken zu können. Allerdings half das wenig. Der Tabakkonsum nahm sogar noch zu."

Und damit zu einem anderen Abgesang: auf ein wichtiges Textil im Theater.

"Dem Vorhang haftet etwas zutiefst Beschönigendes an, und beschönigend ist das Letzte, was Theaterregisseure von heute sein wollen", schreibt Andreas Schäfer im Berliner TAGESSPIEGEL und wünscht sich den Vorhang dringlichst zurück.

"Ein geschlossener Theatervorhang sagt: Ihr seid dort, doch das, was hinter mir gleich stattfinden wird, spielt in einer Welt, in der das Wunderbare noch möglich ist."

Auch in Bremerhaven, Esslingen und Memmingen, Tübingen, Landshut und Detmold …