Von Jens Brüning
Die "Welt" meint, dass alles, worauf Shakespeare steht, auch von Shakespeare stammt. Der Schriftsteller Salman Rushdie schreibt in der "FR" über "Trägheit – das kosmische Laster". Die Feuilletons erinnern an den am 27. Januar verstorbenen amerikanischen Schriftsteller Jerome D. Salinger.
"Wissenschaft ist nichts, was in freundlicher Selbstgefälligkeit sich bodenwurzelnd fortpflanzt", "
lesen wir in der Tageszeitung DIE WELT. Alan Posener, zitiert hier den studierten Germanisten Kurt Kreiler, der herausgefunden hat, dass William Shakespeares Werke von einem Adeligen am englischen Hof geschrieben wurden, nämlich von Edward de Vere, der es sich nicht leisten konnte, dem Gossenhandwerk eines Theaterdichters nachzugehen. Alles Quatsch, meint Alan Posener, und führt gleich zu Beginn ein starkes Argument ins Feld: "Wer schrieb die Blechtrommel?", fragt er und antwortet sogleich:
" "Nun, wie bereits die flüchtige Lektüre des Romans zeigt, suchen wir einen Zwerg, der Glas zersingen kann. Günter Grass scheidet also von vornherein aus."
Das ist natürlich ein freches Argument des WELT-Redakteurs Posener, hat sich eben jener Günter Grass doch ausdrücklich zu seiner Autorschaft des fraglichen Werks bekannt. Es ist ein sehr langer Artikel, den Posener gegen Kreilers These geschrieben hat, und er führt allerhand Argumente dafür ins Feld, dass alles, worauf Shakespeare steht, auch von Shakespeare stammt. Posener schreibt zum Beispiel:
"Wie Shakespeare stammten fast alle großen Dramatiker der Zeit aus Handwerkerfamilien."
Ganz in der Gegenwart lebt der in Bombay geborene Schriftsteller Salman Rushdie, von dem man weiß, dass er alle seine Bücher selbst geschrieben hat und wegen eines Werkes mit dem Tode bedroht wurde, sodass er jahrelang im Versteck leben musste. In der FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt er über "Trägheit – das kosmische Laster". Darin tauchen allerhand Shakespeare-Figuren auf, zum Beispiel der alte König Lear. Rushdie zu einem anderen Helden:
"Bei Hamlet fragt man sich, warum der Prinz so lange zögert – deswegen ist es auch eins von Shakespeares längsten Stücken."
Die Diagnose folgt zwei Absätze danach in diesem sehr langen Essay:
"Was Hamlet lähmt, ist eine ausweglose Lethargie, eine klinische Depression, die uns willenlos macht und die durch einen schweren Schock ausgelöst werden kann – wie zum Beispiel, wenn wir erfahren, dass unser Onkel unseren Vater umgebracht hat und unsere Mutter ihn dann geheiratet hat."
Was ja, wie Shakespeare-Kenner wissen, bekanntlich in diesem Stück alles vorkommt.
Die Frage, die hinter alledem steht, ist: Was haben Literatur und Leben gemeinsam? Zum Tod des amerikanischen Autors Jerome D. Salinger, der mit dem Roman "Der Fänger im Roggen" weltberühmt wurde, schreibt Paul Ingendaay in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG: "Holden Caulfield ist das Gewand, das Leser sich anziehen, um im Spiegel sich selbst zu erkennen." Caulfield ist der jugendliche Held in Salingers Roman, über den wir in der FAZ lesen:
"Salinger sucht den Rückweg ins Paradies und hämmert mit beiden Fäusten an die verschlossenen Türen der Kindheit."
Willy Winkler klagt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Der Leser hat seinen größten Beschützer verloren."
Und argumentiert anhand anderer Werke des Verstorbenen:
"In diesen Storys skizziert Salinger das Epos der Familie Glass, beschränkt sich aber, wo Thomas Mann mindestens eine Tetralogie fabriziert hätte, auf eine Handvoll Erzählungen."
In der WELT tröstet Hannes Stein:
"Natürlich sind die Leser Salingers traurig, dass der Mann, den viele von ihnen als persönlichen Freund empfunden haben, jetzt tot ist. Als Schriftsteller aber könnte er ausgerechnet in diesem traurigen Moment seine Wiederauferstehung erleben."
Dieser These scheint auch Reinhard Helling anzuhängen, der in der FRANKFURTER RUNDSCHAU fragt:
"Liegen in Salingers legendenumwobenem Tresor wirklich stapelweise fertige Bücher, wie es Gerüchte wissen wollen?"
Salinger schrieb 1974, wie wir in der FAZ nachlesen können:
"Im Nichtpublizieren liegt ein herrlicher Frieden. Zu publizieren ist eine schreckliche Verletzung der Privatsphäre."
lesen wir in der Tageszeitung DIE WELT. Alan Posener, zitiert hier den studierten Germanisten Kurt Kreiler, der herausgefunden hat, dass William Shakespeares Werke von einem Adeligen am englischen Hof geschrieben wurden, nämlich von Edward de Vere, der es sich nicht leisten konnte, dem Gossenhandwerk eines Theaterdichters nachzugehen. Alles Quatsch, meint Alan Posener, und führt gleich zu Beginn ein starkes Argument ins Feld: "Wer schrieb die Blechtrommel?", fragt er und antwortet sogleich:
" "Nun, wie bereits die flüchtige Lektüre des Romans zeigt, suchen wir einen Zwerg, der Glas zersingen kann. Günter Grass scheidet also von vornherein aus."
Das ist natürlich ein freches Argument des WELT-Redakteurs Posener, hat sich eben jener Günter Grass doch ausdrücklich zu seiner Autorschaft des fraglichen Werks bekannt. Es ist ein sehr langer Artikel, den Posener gegen Kreilers These geschrieben hat, und er führt allerhand Argumente dafür ins Feld, dass alles, worauf Shakespeare steht, auch von Shakespeare stammt. Posener schreibt zum Beispiel:
"Wie Shakespeare stammten fast alle großen Dramatiker der Zeit aus Handwerkerfamilien."
Ganz in der Gegenwart lebt der in Bombay geborene Schriftsteller Salman Rushdie, von dem man weiß, dass er alle seine Bücher selbst geschrieben hat und wegen eines Werkes mit dem Tode bedroht wurde, sodass er jahrelang im Versteck leben musste. In der FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt er über "Trägheit – das kosmische Laster". Darin tauchen allerhand Shakespeare-Figuren auf, zum Beispiel der alte König Lear. Rushdie zu einem anderen Helden:
"Bei Hamlet fragt man sich, warum der Prinz so lange zögert – deswegen ist es auch eins von Shakespeares längsten Stücken."
Die Diagnose folgt zwei Absätze danach in diesem sehr langen Essay:
"Was Hamlet lähmt, ist eine ausweglose Lethargie, eine klinische Depression, die uns willenlos macht und die durch einen schweren Schock ausgelöst werden kann – wie zum Beispiel, wenn wir erfahren, dass unser Onkel unseren Vater umgebracht hat und unsere Mutter ihn dann geheiratet hat."
Was ja, wie Shakespeare-Kenner wissen, bekanntlich in diesem Stück alles vorkommt.
Die Frage, die hinter alledem steht, ist: Was haben Literatur und Leben gemeinsam? Zum Tod des amerikanischen Autors Jerome D. Salinger, der mit dem Roman "Der Fänger im Roggen" weltberühmt wurde, schreibt Paul Ingendaay in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG: "Holden Caulfield ist das Gewand, das Leser sich anziehen, um im Spiegel sich selbst zu erkennen." Caulfield ist der jugendliche Held in Salingers Roman, über den wir in der FAZ lesen:
"Salinger sucht den Rückweg ins Paradies und hämmert mit beiden Fäusten an die verschlossenen Türen der Kindheit."
Willy Winkler klagt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Der Leser hat seinen größten Beschützer verloren."
Und argumentiert anhand anderer Werke des Verstorbenen:
"In diesen Storys skizziert Salinger das Epos der Familie Glass, beschränkt sich aber, wo Thomas Mann mindestens eine Tetralogie fabriziert hätte, auf eine Handvoll Erzählungen."
In der WELT tröstet Hannes Stein:
"Natürlich sind die Leser Salingers traurig, dass der Mann, den viele von ihnen als persönlichen Freund empfunden haben, jetzt tot ist. Als Schriftsteller aber könnte er ausgerechnet in diesem traurigen Moment seine Wiederauferstehung erleben."
Dieser These scheint auch Reinhard Helling anzuhängen, der in der FRANKFURTER RUNDSCHAU fragt:
"Liegen in Salingers legendenumwobenem Tresor wirklich stapelweise fertige Bücher, wie es Gerüchte wissen wollen?"
Salinger schrieb 1974, wie wir in der FAZ nachlesen können:
"Im Nichtpublizieren liegt ein herrlicher Frieden. Zu publizieren ist eine schreckliche Verletzung der Privatsphäre."