Von der Leinwand auf die Bühne

Von Oliver Kranz · 02.02.2008
"Dogville", "Idioten" oder "Breaking the waves": Die Kinofilme des Dogma-Regisseurs Lars von Trier kommen häufig auf die Bühne. So bieten die formstreng erzählten Geschichten doch eine ideale Vorlage für Theaterstücke. Am Schauspiel Frankfurt wird nun Triers Werk "Dear Wendy" uraufgeführt.
Im Grunde sind fast alle Filme Lars von Triers verkappte Theaterstücke. Sie verzichten auf technische Tricks und konzentrieren sich auf einfache Geschichten.

"Dies ist die traurige Geschichte der Gemeinde Dogville. Dogville lag in den Rocky Mountains in den Vereinigten Staaten von Amerika."

Der Film "Dogville" ist das beste Beispiel. Er wurde auf einer fast leeren Bühne gedreht, auf der die Grundrisse der Häuser einfach aufgemalt waren. Realismus vorzutäuschen ist nicht nötig, wenn die Geschichte stimmt. In "Dogville" geht es um eine junge Frau, die vor Gangstern auf der Flucht ist.

"Dogville ist ein guter Ort, um sich zu verstecken."

"Richtig, nur die Canyon Road führt hier herauf. Die ließe sich leicht von Ma Gingers neugieriger Cousine beobachten, die nur einige Meter von der Abzweigung entfernt wohnt."

Erst helfen die Einwohner von Dogville der Flüchtigen aus reiner Menschlichkeit, dann fangen sie an, Gegenleistungen zu verlangen. Die junge Frau, gespielt von Nicole Kidman, wird gedemütigt und vergewaltigt, bis sie sich am Ende blutig rächt.

Lars von Trier erzählt meist von Frauen, die in einer intoleranten Gesellschaft ein Martyrium durchleiden. Er ist Katholik. 1995 gehörte zu den Initiatoren des Dogma-Manifestes, mit dem eine Gruppe junger Regisseure mehr Realismus im Film einforderte: kein künstliches Licht, keine Spezialeffekte, Drehen mit Handkamera. Das Manifest gibt derart viele Regeln vor, dass auch Lars von Trier es selten ganz befolgt. Doch seine Filme sind ungewöhnlich formstreng.

Da sie Geschichten mit starken Rollen bieten, sind sie oft von Theaterregisseuren adaptiert worden. "Dogville" kam in den letzten zwei Jahren viermal auf die Bühne. Eine Theaterfassung des Films "Idioten" kam in Heidelberg heraus, eine Version von "Breaking the waves" in Berlin.

"Er ist von der Bohrinsel! Er bohrt, er bohrt. Jan bohrt nach Öl, nach Öl, nach Öl!"

Im Berliner Gorki-Studio wird der Film mit den großen Landschaftsaufnahmen zum Psychodrama. Auf der einen Seite der Bühne steht eine Frau, die strahlend die Ankunft ihres Geliebten verkündet, auf der anderen misstrauische Menschen, die in dem jungen Mann nur einen unerwünschten Fremden sehen.

Der Regisseur Christian Lollike lässt die Gesichter der Akteure hell ausleuchten und den Rest der Bühne im Dunkel verschwinden. So erreicht die Aufführung eine ähnliche Intensität, wie der Film. Sie wird allerdings auch von hervorragenden Schauspielern getragen. Und das ist wichtig. Lars von Triers Geschichten brauchen darstellerische Intensität.