"Von der hohen Kunst, bis drei zu zählen"

Moderation: Olaf Wilhelmer · 30.12.2012
Es ist das wahrscheinlich populärste Klassik-Ereignis überhaupt: Gut 80 Fernsehsender auf der ganzen Welt übertragen das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker live. Ein Konzert, in dem es um viel mehr geht als um Donauwalzer und Radetzkymarsch!
Eigentlich ist die Sache ja ganz einfach: Eins, zwei, drei. Aber nicht in Wien. Im Walzertakt zählt man: Eins, zwei ... und vielleicht drei. Wobei auch diese Rechnung nicht aufgeht, denn die Zwei muss im Gegenzug etwas früher als andernorts kommen. Aber wenn sie zu früh kommt, dann ist sie zu früh! Für den unnachahmlichen Original-Walzertakt garantieren die Wiener Philharmoniker, aber selbst hier gibt es noch große Unterschiede: Je nach Dirigent tanzen die Melodien der Strauß-Familie in die unterschiedlichsten Himmelsrichtungen. Im übrigen wird es als große Ehre betrachtet, zu den wenigen Wiener Neujahrs-Dirigenten zu zählen. Als Franz Welser-Möst 2011 erst mals dieses Konzert leiten durfte, bezeichnete er das Engagement als "Nobelpreis für Dirigenten".

Das Erfolgsrezept des Wiener Dreivierteltaktes ist also nicht geheim – im Gegensatz zu dem der originalen Sachertorte, die nicht weit vom Wiener Musikverein entfernt (in der Philharmonikerstraße!) produziert wird. Nikolaus Harnoncourt fasst es so zusammen: "Eine raffinierte Schlamperei". Aber wie spielt man schlampig, ohne schlampig zu klingen? Die "Interpretationen" suchen nach musikalischen Antworten aus der reich dokumentierten Geschichte des Neujahrskonzertes – und präsentieren gesprächsweise Antworten der Neujahrsdirigenten Daniel Barenboim, Nikolaus Harnoncourt und Mariss Jansons. Überdies verrät der Dirigent des Neujahrskonzertes 2013, Franz Welser-Möst, wie er sich auf dieses dirigentisch enorm anspruchsvolle Ereignis vorbereitet. Die Innenperspektive des Orchesters schildern der philharmonische Geiger Clemens Hellsberg und sein Kollege, Solo-Flötist Dieter Flury. Und für alle, die am 1. Januar nur am Fernseher und nicht direkt im Musikverein dabei sind, wird noch eine wichtige Frage erörtert: Wie duften eigentlich die im Goldenen Musikvereinssaal üppig dekorierten Blumen aus San Remo?