Von den frühen Jahren bis ins Exil

26.03.2012
Zwölftonmusik – dieses Schlagwort wird Arnold Schönberg nicht mehr los. Zahlreiche Werke des Pioniers der Moderne werden damit ignoriert, etwa seine Kompositionen für Stimme und Klavier. In einer vierteiligen Reihe stellen wir die erste vollständige Einspielung aller Schönberg-Lieder vor – eine Produktion von Deutschlandradio Kultur.
Es war ein langer Weg zur Zwölftonmusik. Und im Werk von Arnold Schönberg wird er gesäumt von Klassizismus, Spätromantik und Expressionismus – Stilrichtungen, auf die Schönberg auch als angeblicher Ultra-Modernist noch gelegentlich zurückgriff. Lieder für Stimme und Klavier sind die bislang am wenigsten bekannte Werkgruppe des Komponisten – dabei dokumentiert gerade sie die künstlerische Entwicklung Schönbergs besonders eindringlich. Gemeinsam mit dem Pianisten Urs Liska sowie renommierten Liedersängern hat Deutschlandradio Kultur in mehrjähriger Arbeit nun die erste vollständige Aufnahme aller Schönberg-Lieder realisiert. Diese Produktion wird demnächst auch in einer 4-CD-Box von Capriccio erhältlich sein – inbegriffen sind rund 90 Minuten Ersteinspielungen und mancher Fund, der Schönberg nicht als kühl kalkulierenden Klischee-Modernisten zeigt. Vielmehr erweist er sich hier als begnadeter musikalischer Lyriker, der – wie er selbst sagte – "berauscht vom Anfangsklang der ersten Textworte" ans Werk ging.

Diese vierte und letzte Sendung unserer Reihe enthält die meisten der mit Opuszahlen versehenen Liedergruppen von Arnold Schönberg. Urs Liska hat sie mit Melanie Diener (Sopran), Christa Mayer (Alt) und Konrad Jarnot (Bariton) aufgenommen. Die Opuszahlen suggerieren eine offizielle Chronologie, die es so nicht gegeben hat, denn die Lieder mit den Opusnummern 6, 12 und 14 entstanden etwa von 1905 bis 1908. Mit den Balladen op. 12 nahm Schönberg an einem Wettbewerb teil, den die heute völlig unbekannten Komponisten Hans Hermann, Heinrich Eckl und Gustav Lazarus für sich entschieden. Opus 14 enthält eines der ersten atonalen Lieder Schönbergs – ein Stil, der ihn zum angeblichen Bürgerschreck, später zum "jüdischen Kulturbolschewisten" machte. Schönberg war in Berlin, als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen – er ging ins Exil und fand die Lieder, an denen er im Januar 1933 geschrieben hatte, erst 15 Jahre später wieder. Sie wurden als eines der letzten Werke Schönbergs unter der Opusnummer 48 veröffentlicht und stellen den seltenen Fall einer streng zwölftönigen Liedkomposition dar.

Hier endet eine ungewöhnliche Entdeckungsreise quer durch das Werk eines der bedeutendsten und faszinierendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts; eine Reise, die mit dieser Produktion nicht abgeschlossen ist: Ein weiterer Schönberg-Zyklus ist im Aufnahmestudio von Deutschlandradio Kultur in Vorbereitung.
http://www.schoenberg-lieder.de/


Die besondere Aufnahme
Arnold Schönberg: Sämtliche Lieder (Teil 4/4)

Zwei Gesänge op. 1
Acht Lieder op. 6
Zwei Balladen op. 12
Zwei Lieder op. 14
Vier deutsche Volkslieder
Drei Lieder op. 48

Melanie Diener, Sopran
Konrad Jarnot, Bariton
Christa Mayer, Alt
Urs Liska, Klavier

Produktion: Deutschlandradio Kultur 2009-11


Studiogast: Urs Liska
Moderation: Olaf Wilhelmer