Von Catherine Newmark
Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit dem Prozess gegen die Attentäter von Madrid, mit der Eröffnung der sogenannten BMW-Welt in München und mit einer außergewöhnliche Aktion des Amsterdamer Museums für moderne Kunst.
In der FRANKFURTER RUNDSCHAU kommentiert Christian Schlüter den Prozess gegen die Attentäter von Madrid und wertet ihn als großen Erfolg der westlichen Demokratie. Das spanische Verfahren zeige, dass die Antwort auf Terror nicht im Abbau von Grundrechten und nicht im Einsatz von Folter liegen müsse:
"Ja, eine rechtsstaatliche Antwort auf den Terror ist möglich. Sie ist nicht einfach, wovon allein schon das aberwitzige Strafmaß von 120.755 Jahren Gefängnis kündet, weil es doch wie der eher unbeholfene Versuch erscheinen muss, ein Maß für die Maßlosigkeit tausendfachen Leids zu finden."
Als besonders wichtig stuft Schlüter die Öffentlichkeit des Verfahrens ein:
"Dass jetzt noch alle Gerichtsakten auf einer DVD erhältlich sind, macht dann schon beinahe fassungslos: Wo nicht nur in Großbritannien, sondern auch einigen anderen europäischen Ländern, nicht zuletzt auch in Deutschland, ernsthaft über die massive Einschränkung demokratischer Grundrechte nachgedacht wird, will sich der spanische Rechtsstaat tatsächlich an seinen eigenen Ansprüchen messen lassen, will seinen Bürgern nachvollziehbar und überprüfbar sein."
Über einen Verfall von Öffentlichkeit wird hingegen in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG gleich in vier Artikeln und auf einer ganzen Seite geklagt: die kürzlich in München eröffnete sogenannte BMW-Welt sei nur das jüngste Beispiel für die Privatisierung von öffentlichem Raum:
"Ob Shopping Mall oder Auto-Abhol-Gebilde: Immer öfter werden die Bilder urbaner Gemeinschaft überlagert von privatwirtschaftlich organisierten Architekturen. Gleichzeitig dienen die Straßen und Plätze der Städte, die bislang jedermann zu jeder Zeit offenstanden, zunehmend dem Stadtmarketing."
Dieser "Ausverkauf des öffentlichen Raums" erstreckt sich laut Süddeutscher bis ins Internet: selbst die sogenannte Blogosphäre, die bei ihrem Entstehen als hoffnungsvolle Utopie eines freien öffentlichen Meinungsaustausches galt, wird mittlerweile durch die allgegenwärtigen Firmen-Blogs kommerzialisiert. Öffentliche Plätze und Straßen werden Gerhard Matzig zufolge sowieso mehr und mehr verramscht, die Spaßgesellschaft und ihre Partylaune komme ohne "Budenzauber" nicht mehr aus.
Dekadenzerscheinungen anderer Art beschreibt Ingo Petz auf der Aufmacherseite: Das Pazifikatoll Tokelau sei ein kleines Paradies, das "in den blauen Fluten zu versinken" drohe und das im Übrigen "so heiß und feucht wie eine finnische Sauna" sei. Gesellschaftlich sei hingegen alles noch einigermaßen in Ordnung, die alten Männer wachten über Moral und Sitten der jungen Leute. "Mit den Maßstäben der westlichen Welt", so Petz, ließe sich "diese Gesellschaft mit ihrem unbedingten Gemeinschaftssinn, ihrem patriarchalischen und rudimentärdemokratischen Kern kaum begreifen."
Um Gemeinschaftssinn geht es auch in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN, wo sich Jordan Mejias mit dem bevorstehenden Streik von Hollywoods Drehbuchschreibern befasst. Er stellt zwar beruhigend fest, dass die Reserven bereits abgedrehter Filme für Erste noch reichen würden. Die Mattscheiben aber dürften "ohne Drehbuchautoren sehr schnell noch sehr viel matter" aussehen, da in Amerika Serien meistens aktuell produziert würden. Als Grund zur Sorge wertet er auch die Tatsache, dass der letzte große Streik von 1988, den die Schreiber fünf Monate lang durchhielten, eher kontraproduktiv wirkte, indem er den Aufstieg des Reality-TVs beförderte.
Und schließlich: In der BERLINER ZEITUNG berichtet Carmen Böker von der Aktion des Amsterdamer Museums für moderne Kunst, in dem noch bis Januar die Kaufhauskette Hema eine "arabische Version einer westlichen Kaufhalle, inklusive üblicher Sonderangebote wie drei Kopftücher zum Preis von zwei" unterhalte. Laut dem Kurator der Ausstellung Willem Velthoven gehe es dabei darum zu zeigen, "dass die multikulturelle Begegnung Spaß macht und ungeheuer produktiv ist". Die Niederländer jedenfalls seien erfreut über T-Shirts, auf denen in Arabisch stehe "Dein Busen ähnelt Kartoffeln und Oliven" oder "Du bist ein süßer Nachtisch auf zwei Beinen".
"Ja, eine rechtsstaatliche Antwort auf den Terror ist möglich. Sie ist nicht einfach, wovon allein schon das aberwitzige Strafmaß von 120.755 Jahren Gefängnis kündet, weil es doch wie der eher unbeholfene Versuch erscheinen muss, ein Maß für die Maßlosigkeit tausendfachen Leids zu finden."
Als besonders wichtig stuft Schlüter die Öffentlichkeit des Verfahrens ein:
"Dass jetzt noch alle Gerichtsakten auf einer DVD erhältlich sind, macht dann schon beinahe fassungslos: Wo nicht nur in Großbritannien, sondern auch einigen anderen europäischen Ländern, nicht zuletzt auch in Deutschland, ernsthaft über die massive Einschränkung demokratischer Grundrechte nachgedacht wird, will sich der spanische Rechtsstaat tatsächlich an seinen eigenen Ansprüchen messen lassen, will seinen Bürgern nachvollziehbar und überprüfbar sein."
Über einen Verfall von Öffentlichkeit wird hingegen in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG gleich in vier Artikeln und auf einer ganzen Seite geklagt: die kürzlich in München eröffnete sogenannte BMW-Welt sei nur das jüngste Beispiel für die Privatisierung von öffentlichem Raum:
"Ob Shopping Mall oder Auto-Abhol-Gebilde: Immer öfter werden die Bilder urbaner Gemeinschaft überlagert von privatwirtschaftlich organisierten Architekturen. Gleichzeitig dienen die Straßen und Plätze der Städte, die bislang jedermann zu jeder Zeit offenstanden, zunehmend dem Stadtmarketing."
Dieser "Ausverkauf des öffentlichen Raums" erstreckt sich laut Süddeutscher bis ins Internet: selbst die sogenannte Blogosphäre, die bei ihrem Entstehen als hoffnungsvolle Utopie eines freien öffentlichen Meinungsaustausches galt, wird mittlerweile durch die allgegenwärtigen Firmen-Blogs kommerzialisiert. Öffentliche Plätze und Straßen werden Gerhard Matzig zufolge sowieso mehr und mehr verramscht, die Spaßgesellschaft und ihre Partylaune komme ohne "Budenzauber" nicht mehr aus.
Dekadenzerscheinungen anderer Art beschreibt Ingo Petz auf der Aufmacherseite: Das Pazifikatoll Tokelau sei ein kleines Paradies, das "in den blauen Fluten zu versinken" drohe und das im Übrigen "so heiß und feucht wie eine finnische Sauna" sei. Gesellschaftlich sei hingegen alles noch einigermaßen in Ordnung, die alten Männer wachten über Moral und Sitten der jungen Leute. "Mit den Maßstäben der westlichen Welt", so Petz, ließe sich "diese Gesellschaft mit ihrem unbedingten Gemeinschaftssinn, ihrem patriarchalischen und rudimentärdemokratischen Kern kaum begreifen."
Um Gemeinschaftssinn geht es auch in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN, wo sich Jordan Mejias mit dem bevorstehenden Streik von Hollywoods Drehbuchschreibern befasst. Er stellt zwar beruhigend fest, dass die Reserven bereits abgedrehter Filme für Erste noch reichen würden. Die Mattscheiben aber dürften "ohne Drehbuchautoren sehr schnell noch sehr viel matter" aussehen, da in Amerika Serien meistens aktuell produziert würden. Als Grund zur Sorge wertet er auch die Tatsache, dass der letzte große Streik von 1988, den die Schreiber fünf Monate lang durchhielten, eher kontraproduktiv wirkte, indem er den Aufstieg des Reality-TVs beförderte.
Und schließlich: In der BERLINER ZEITUNG berichtet Carmen Böker von der Aktion des Amsterdamer Museums für moderne Kunst, in dem noch bis Januar die Kaufhauskette Hema eine "arabische Version einer westlichen Kaufhalle, inklusive üblicher Sonderangebote wie drei Kopftücher zum Preis von zwei" unterhalte. Laut dem Kurator der Ausstellung Willem Velthoven gehe es dabei darum zu zeigen, "dass die multikulturelle Begegnung Spaß macht und ungeheuer produktiv ist". Die Niederländer jedenfalls seien erfreut über T-Shirts, auf denen in Arabisch stehe "Dein Busen ähnelt Kartoffeln und Oliven" oder "Du bist ein süßer Nachtisch auf zwei Beinen".