Von Arno Orzessek

Der Nobelpreis für Literatur geht in diesem Jahr an die Autorin Alice Munro. Die Schwedische Akademie in Stockholm würdigt Munro als "Meisterin der zeitgenössischen Kurzgeschichte". Auch die Feuilletonisten schwärmen.
"‘Mama, du hast gewonnen!‘",

rief die Tochter von Alice Munro ins Telefon.

Margret Atwood, die den Literaturnobelpreis schon wieder nicht gewonnen hat, weil er halt an ihre Freundin Alice ging, twitterte "'Huurra!‘" - mit doppeltem u und doppeltem r und Ausrufezeichen.
Hooray! Alice Munro wins 2013 Nobel Prize in Literature http://t.co/jKISiWzh8i— Margaret E. Atwood (@MargaretAtwood) October 10, 2013
Und der Kollege Salman Rushdie tat seine Anerkennung für Munro ebenfalls per Tweed kund: "'Eine wahre Meisterin ihrer Form‘".Many congrats to Alice Munro. When I edited Best American Short Stories I wanted to pick 3 of hers. A true master of the form. #NobelPrize— Salman Rushdie (@SalmanRushdie) October 10, 2013
So steht's im Berliner TAGESSPIEGEL - in einer dieser beliebten Promistimmen-Sammlungen ...

Auf die auch die Tageszeitung DIE WELT nicht verzichtet.

"Das Buch ist so gut, dass ich nicht darüber reden möchte. Weder Zitate noch eine Zusammenfassung werden ihm gerecht. Man muss es lesen. Lesen Sie Munro! Lesen Sie Munro","

zitiert die WELT Jonathan Franzens Kommentar zu Munros Erzählband "Runaway".

Soweit glücksglucksende Promis. Nun zu den hiesigen Feuilletonisten.

""Diesmal liegt die Nobelpreis-Jury richtig: Die dichten Erzählungen der Kanadierin Alice Munro sind einzigartig", "

konstatiert WELT-Autor Elmar Krekeler - und hebt dann richtig ab:

""Eine Nobilitierung einer unbedingt zu nobilitierenden, gar nicht hoch genug zu preisenden und immer noch gerade in Deutschland viel zu gering geschätzten Gattung ist dieser Nobelpreis aber auch: der Kurzgeschichte, der Short Story. Deswegen müssen wir nicht nur der Schwedischen Akademie, sondern auch den Kartoffeln danken."

Warum sich Krekeler in dem Artikel "Weltliteratur vom Küchentisch" bei Kartoffeln bedankt, lesen Sie bitte selbst nach, liebe Hörer.

Thomas Steinfeld indessen weiß mit der Weltliteratur vom Küchentisch wenig anzufangen und würdigt die Literaturnobelpreisträgerin in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG mit äußerst gedämpftem Enthusiasmus.

"Bislang war Alice Munro zumindest in Deutschland eine Schriftstellerin, die zwar gelesen und geschätzt, aber nicht zu den wirklichen großen Autoren unserer Zeit gezählt wurde [ ... ]. Wenn sich das jetzt ändern wird - und es spricht viel dafür -, dann wird das auch daran liegen, dass sich eine spezifisch kanadische Erfahrung der Enge mittlerweile so leicht auf globale Verhältnisse übertragen lässt."

So Thomas Steinfeld in einem mittelgrauen Artikel, den auch Zitate aus Munros Büchern wie folgendes nicht aufhellen.

"'Aber es ist doch schon etwas, den Tag überstanden zu haben, ohne dass er zur absoluten Katastrophe wird.‘"

Das große Halleluja stimmt Gregor Dotzauer im TAGESSPIEGEL ebenfalls nicht an - baut Munro aber stabile Brücken zur Weltliteratur.

"Das individuelle Scheitern, das sie immer wieder beschwört, hat eine bittere Süße, in der etwas Tröstliches liegt, aber auch etwas Fatalistisches. Hier sind alle Madame Bovary, hier sind alle die Dame mit dem Hündchen. Diesen Maßstäben hält sie stand, anders als ihre größte deutsche Bewunderin, die Schriftstellerin Judith Hermann, ist sie über den Sound weit hinausgekommen", "

verbindet Gregor Dotzauer unter der Überschrift ""Musik der Vergeblichkeit" Lob mit Seitenhieb. -

82 Jahre alt ist Alice Munro, Malala Yousafazi ist 16 - und erhält den Sacharow-Preis; überdies gilt sie als eine Favoritin auf den Friedensnobelpreis.

Letztes Jahr wurde Malala, die sich für die Bildungschancen pakistanischer Mädchen einsetzt, von einem Islamisten angeschossen. Nun erscheint ihr Buch "Ich bin Malala" gleichzeitig in 27 Ländern.

In der TAGESZEITUNG verbeugt sich Sven Hansen vor Malala - aber ... .

"Trotzdem muss die Frage erlaubt sein, was einer 16-jährigen mit so einem Preis eigentlich angetan wird? Kann ein minderjähriges Attentatsopfer das alles überhaupt noch vernünftig verarbeiten? Oder ist sie nicht vielmehr längst zu einer großen Projektionsfläche ihrer internationalen Unterstützer geworden? Zumindest werden [die] sich alle [ ... ] sehr, sehr gut fühlen können. Denn was gibt es Unterstützenswürdigeres als 'unschuldige Mädchen‘?"

lökt TAZ-Autor Hansen wider den Stachel. -

Bis dann, liebe Hörer. Mögen Sie jederzeit ... mit einer Überschrift aus der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG, die auf Alice Munro gemünzt ist ... umgeben sein

""Von der betörenden Magie des Alltags". "