Von Adelheid Wedel

19.07.2013
Der Soziologe Ulrich Beck sieht im Prism-Skandal eine gesellschaftliche Zäsur, die FAZ kritisiert Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und auch der "Tagesspiegel" drückt seinen Unmut über die Spionage der NSA in Deutschland aus.
Im Prism-Skandal sieht der Soziologe Ulrich Beck eine gesellschaftliche Zäsur. Im Interview mit der Tageszeitung TAZ sagt er:

"Hier wird ein neues Kapitel in der Weltrisikogesellschaft aufgeschlagen. Natürlich wusste man, dass das Internet hochambivalent Kontrolle und weltweiten Protest zugleich ermöglicht. Aber wir haben gerade die weltöffentliche Schockgeburt dieses digitalen Freiheitsrisikos erlebt."

Beck, wiederholt, wovor auch andere bereits warnten:

"Beim digitalen Risiko geht es um den Wert der Freiheit, der immer in Konkurrenz zu anderen Sicherheitsrisiken steht. … In der Dramaturgie der Sicherheit droht das Freiheitsrisiko unterzugehen. Wir haben heute so etwas wie eine totalitär-totale globale Kontrolle, die völlig abgelöst ist von den nationalstaatlich demokratischen Kontrollmöglichkeiten, die die Gesellschaft bisher über diese Art von Prozessen hatte, "

resümiert Beck. Und es ist ganz bezeichnend bei globalen Risiken, erklärt der Soziologe weiter,

"dass erst einmal die nationalstaatlichen Institutionen, auch wenn sie funktionieren, angesichts dieser Gefahr nicht greifen und versagen. Das haben wir beim Klimawandel genauso wie bei der Finanzkrise, und das sehen wir jetzt in neuer Weise."

Kritisch geht Beck auch Präsident Obama an. Er wundert sich,

"dass die Nation, die die Freiheit als die Priorität ihres Selbstverständnisses in der ganzen Welt behauptet und auch wirklich auf sehr eindrucksvolle Weise dokumentiert hat, vor diesem digitalen Freiheitsrisiko kuscht."

Beck sagt: "Ein Friedensnobelpreisträger jagt eine Person, die den Friedensnobelpreis wirklich verdient hätte."

Nils Minkmar geht in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG mit der Bundesregierung hart ins Gericht. "Merkel und Friedrich," so ist da zu lesen, "suggerieren den Bürgern, die sie für Kinder halten, eine fragmentierte und letztlich vormoderne Welt." In manchen Winkeln unserer großen Welt tobten wilde Kerle, gegen die man nichts tun könne…

"Nur in Merkels kleiner Republik ist man geborgen. Ihr Trick: Wer die Erwartungen minimiert, steigert seine Chancen, sie zu erfüllen. Aus taktischen Gründen schrumpft sie die Bundesregierung und den Rechtsstaat und kapituliert, um nicht besiegt zu werden."

Ihren Unmut über den NSA-Skandal drückt auch Astrid Herbold im TAGESSPIEGEL aus:

"Unsere gesamte Kommunikation wird überwacht. Keine Verschwörungstheorie – von denen es im Internet bekanntlich viele gibt – ist krude genug, um das wahre Ausmaß vorauszusagen."

Mit jeder neuen Enthüllung wird deutlich,

"alle stecken irgendwie unter einer Decke, alle schnüffeln, alle lügen, und Begriffe wie Datenschutz und Privatsphäre sind nichts als Sand, der den Verbrauchern in die Augen gestreut wird."

Genug der Geheimnistuerei, wenden wir uns öffentlicheren Dingen zu, dem 80. Geburtstag zum Beispiel, von denen zwei in den Wochenendfeuilletons gefeiert werden: Einmal wird "einem der furiosesten Schriftsteller der Gegenwart," so die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, dem amerikanischen Autor Cormac McCarthy gratuliert. Die SZ schreibt:

"Wenn er Amerika erzählt, erschafft er im Kopf der Leser gewaltige Landschaften des Westens. Doch in seinen Epen lauert auch immer der Untergang."

In der BERLINER ZEITUNG betont Sabine Vogel, McCarthys Romane seien "höchst filmgeeignet, aber eben nicht nur tolle Filmvorlagen, sondern zu allererst großartige Literatur."
Die BERLINER ZEITUNG ehrt mit Brigitte Reimann eine früh Verstorbene, die an diesem Sonntag 80 Jahre alt geworden wäre, "wenn der Krebs nicht gewesen wäre, wenn sie als Teenager nicht an Kinderlähmung erkrankt wäre, wenn sie ihr Kind nicht verloren oder einfach anders gelebt hätte…", schreibt Cornelia Geißler in ihrer Rezension des jetzt erschienen Briefwechsels zwischen der Autorin und ihrem zweiten Ehemann Siegfried Pitschmann.

So sehr das neue Buch gelobt wird, ist es doch unausweichlich, auf den Roman "Franziska Linkerhand" zu verweisen, der heute noch, und das meint: auch heute, "unbedingt lesbar ist. Dieses reiche Buch erzählt einen Traum vom Leben in einer menschenfreundlichen Stadt."