Von Adelheid Wedel
Die Frankfurter Buchmesse steht zu ihrem Abschluss noch einmal im Fokus der Feuilletons. Die "Welt" lobt in höchsten Tönen das zweite Sprach-Festival in Bad Lauchstädt. Und die "Neue Zürcher Zeitung" beschäftigt sich mit der "unerträglichen Leichtigkeit eines Erwachsenenlebens", genauer: mit dem Vorwurf an den tschechischen Schriftsteller Milan Kundera, 1950 einen antikommunistischen Aktivisten verraten zu haben.
"Laut einem Aktenfund soll der tschechische Schriftsteller Milan Kundera 1950 einen antikommunistischen Aktivisten verraten haben","
lesen wir - in Fortführung der Diskussion - in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. In einem Telefoninterview mit einer tschechischen Nachrichtenagentur habe Kundera alle Vorwürfe abgestritten, heißt es weiter und:
""Die tschechische Literaturszene ist in hellem Aufruhr."
Kundera sagt, er kenne das Opfer überhaupt nicht, möglicherweise handle es sich
"bei den Vorwürfen um den Versuch eines publizistischen Attentats auf ihn und sein literarisches Werk"."
Die Neue Zürcher Zeitung aber geht dem Vorwurf nach und meint,
""falls sich Kundera wirklich dieser schändlichen Tat schuldig gemacht hat, erscheinen einige Fakten seiner Biografie in neuem Licht"."
Die Zeitung hebt hervor, dass Kundera, der seit 1975 in Frankreich lebt, bis heute sorgfältige Distanz zu Tschechien halte. Und sie schlussfolgert:
""Kunderas Selbstmarginalisierung auf dem tschechischen Buchmarkt wäre dann zu deuten als Ausdruck der Hemmung, am Ort seines größten moralischen Versagens erfolgreich zu sein."
Sein Werk wäre zu verstehen als
"Anschreiben gegen die unerträgliche Leichtigkeit eines Erwachsenenlebens, an dessen Anfang die Zerstörung eines anderen Menschen steht"."
Nach ihrem Abschluss am Wochenende steht die Frankfurter Buchmesse im Fokus der Feuilletons. Einige Schlagzeilen machen die Tendenz der Berichterstattung deutlich:
""Statt der zu erwartenden üblichen Krise des Buchs war auf der Frankfurter Messe dieses Jahr der Leser als noch immer entscheidende Macht zu entdecken","
meint die Tageszeitung die TAZ und:
""Wer wollte, konnte mit der Buchmesse etwas über die türkische Literatur erfahren"
- kein Wunder beim diesjährigen Gastland Türkei. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG druckt Auszüge aus der Dankesrede Anselm Kiefers bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels sowie aus der Laudatio von Werner Spies. Der hatte hervorgehoben:
"Kein deutscher Künstler hat sich so sichtbar und riskant der Geschichte zugewandt wie Anselm Kiefer."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG fragt:
"Wofür erhält ein Künstler, dessen malerische Vorliebe verbrannter Erde, Städten in Flammen, zerstörten Gebäuden und unlesbaren, bleiernen Buchskulpturen gilt, eigentlich den Friedenspreis?"
Julia Voss bleibt bei der Beantwortung dieser Frage skeptisch. Zurück zur SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Sie lädt zu einem Spaziergang über die Messe mit dem Schriftsteller Feridun Zaimoglu ein und zitiert seine Kritik an der Auswahl der türkischen Literatur, dass nämlich die aufgeklärt-säkulare, kritische Türkei allein das Bild des Landes auf der Messe bestimmt. Er sagt:
"Nur die Lauten haben hier ihren Auftritt, während die Leisen nicht zu hören sind. Die Leisen aber, das sind die, die eine alte orientalische Form der Feinheit pflegen, in der Traurigkeit und Humor sich ergänzen, ihre schöne schwarze Sehnsucht vermisse ich. Ich nenne sie auch die konservativen Humanisten","
sagt er und lachend:
""Ich oute mich gern als Kulturkonservativer."
Nicht so gewaltig wie die Deutsche Buchmesse, aber dem gleichen Gegenstand, der Sprache und Literatur mit Verve verpflichtet, fand zum zweiten Mal in Bad Lauchstädt ein Sprach-Festival statt. Es wurde von der Sopranistin Edda Moser ins Leben gerufen und wird von Tilman Krause in der WELT in den höchsten Tönen gelobt, ebenso die
"deutsche Provinz mit ihrer sympathischen Bildungsbeflissenheit"."
Etwas mehr davon täte dem deutschen Fernsehen gut, so bekanntlich der Grundtenor der jüngsten Kritik von Marcel Reich-Ranicki. Das lässt die Feuilletons nicht ruhen. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG gibt dazu aktuell zu bedenken:
""Am Sonntag blendete die ARD die Rede Anselm Kiefers aus, um pünktlich mit dem Presseklub zu beginnen."
Geringer kann man Kultur nicht mehr schätzen.
"Jeder Show, jedem Fußballspiel wird Überziehung gestattet."
lesen wir - in Fortführung der Diskussion - in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. In einem Telefoninterview mit einer tschechischen Nachrichtenagentur habe Kundera alle Vorwürfe abgestritten, heißt es weiter und:
""Die tschechische Literaturszene ist in hellem Aufruhr."
Kundera sagt, er kenne das Opfer überhaupt nicht, möglicherweise handle es sich
"bei den Vorwürfen um den Versuch eines publizistischen Attentats auf ihn und sein literarisches Werk"."
Die Neue Zürcher Zeitung aber geht dem Vorwurf nach und meint,
""falls sich Kundera wirklich dieser schändlichen Tat schuldig gemacht hat, erscheinen einige Fakten seiner Biografie in neuem Licht"."
Die Zeitung hebt hervor, dass Kundera, der seit 1975 in Frankreich lebt, bis heute sorgfältige Distanz zu Tschechien halte. Und sie schlussfolgert:
""Kunderas Selbstmarginalisierung auf dem tschechischen Buchmarkt wäre dann zu deuten als Ausdruck der Hemmung, am Ort seines größten moralischen Versagens erfolgreich zu sein."
Sein Werk wäre zu verstehen als
"Anschreiben gegen die unerträgliche Leichtigkeit eines Erwachsenenlebens, an dessen Anfang die Zerstörung eines anderen Menschen steht"."
Nach ihrem Abschluss am Wochenende steht die Frankfurter Buchmesse im Fokus der Feuilletons. Einige Schlagzeilen machen die Tendenz der Berichterstattung deutlich:
""Statt der zu erwartenden üblichen Krise des Buchs war auf der Frankfurter Messe dieses Jahr der Leser als noch immer entscheidende Macht zu entdecken","
meint die Tageszeitung die TAZ und:
""Wer wollte, konnte mit der Buchmesse etwas über die türkische Literatur erfahren"
- kein Wunder beim diesjährigen Gastland Türkei. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG druckt Auszüge aus der Dankesrede Anselm Kiefers bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels sowie aus der Laudatio von Werner Spies. Der hatte hervorgehoben:
"Kein deutscher Künstler hat sich so sichtbar und riskant der Geschichte zugewandt wie Anselm Kiefer."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG fragt:
"Wofür erhält ein Künstler, dessen malerische Vorliebe verbrannter Erde, Städten in Flammen, zerstörten Gebäuden und unlesbaren, bleiernen Buchskulpturen gilt, eigentlich den Friedenspreis?"
Julia Voss bleibt bei der Beantwortung dieser Frage skeptisch. Zurück zur SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Sie lädt zu einem Spaziergang über die Messe mit dem Schriftsteller Feridun Zaimoglu ein und zitiert seine Kritik an der Auswahl der türkischen Literatur, dass nämlich die aufgeklärt-säkulare, kritische Türkei allein das Bild des Landes auf der Messe bestimmt. Er sagt:
"Nur die Lauten haben hier ihren Auftritt, während die Leisen nicht zu hören sind. Die Leisen aber, das sind die, die eine alte orientalische Form der Feinheit pflegen, in der Traurigkeit und Humor sich ergänzen, ihre schöne schwarze Sehnsucht vermisse ich. Ich nenne sie auch die konservativen Humanisten","
sagt er und lachend:
""Ich oute mich gern als Kulturkonservativer."
Nicht so gewaltig wie die Deutsche Buchmesse, aber dem gleichen Gegenstand, der Sprache und Literatur mit Verve verpflichtet, fand zum zweiten Mal in Bad Lauchstädt ein Sprach-Festival statt. Es wurde von der Sopranistin Edda Moser ins Leben gerufen und wird von Tilman Krause in der WELT in den höchsten Tönen gelobt, ebenso die
"deutsche Provinz mit ihrer sympathischen Bildungsbeflissenheit"."
Etwas mehr davon täte dem deutschen Fernsehen gut, so bekanntlich der Grundtenor der jüngsten Kritik von Marcel Reich-Ranicki. Das lässt die Feuilletons nicht ruhen. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG gibt dazu aktuell zu bedenken:
""Am Sonntag blendete die ARD die Rede Anselm Kiefers aus, um pünktlich mit dem Presseklub zu beginnen."
Geringer kann man Kultur nicht mehr schätzen.
"Jeder Show, jedem Fußballspiel wird Überziehung gestattet."