Vom Jenseits im Diesseits

Von Hubertus Halbfas · 30.11.2013
Der Alltag, das konkret Erfahrbare, zeigt sich gelegentlich in zufälligen Erfahrungen, die die bloße Oberfläche durchdringen - so als fiele ein Lichtstrahl durch eine graue Wolkendecke. Es kann sich auf einem Weg ereignen, in einem Garten, an einem Tisch, angesichts eines Brunnens, im Gebrauch der Sprache.
Die darin aufscheinende Wahrnehmung von Liebe, von Glück, von Freude, von Leid setzt ein Staunen frei, eine aufdeckende Einsicht. Hier wird etwas von dem Ineinander von Außen- und Innenwelt, von Oberfläche und Tiefe deutlich, vom Jenseits im Diesseits, von einer Mitte, aus der sich zu leben lohnt.
Hildegardis-Codex, sogenannter Scivias-Codex, Szene: Die wahre Dreiheit in der wahren Einheit
Hildegardis-Codex, sogenannter Scivias-Codex, Szene: Die wahre Dreiheit in der wahren Einheit© Meister des Hildegardis-Codex [Public domain], via Wikimedia Commons
Hubertus Halbfas bei Wikipedia
Hubertus Halbfas
Der Sprung in den Brunnen
Eine Gebetsschule
Patmos Verlag 2011
Was Hubertus Halbfas hier gelungen ist, sucht wirklich seinesgleichen. Wenn ein Buch sich auch 30 Jahre nach dessen erstem Erscheinen ungebrochener Nachfrage erfreut, zugleich aber nichts von seiner geistigen und geistlichen Frische, Originalität und erzählerischen Kraft verloren hat, darf man es wohl zu Recht als einen Klassiker bezeichnen.
Eine Summe seiner jahrzehntelangen wissenschaftlichen Arbeit sind die drei Kompendien von Hubertus Halbfas – Die Bibel, Das Christentum und Der Glaube. Sie tragen alle Einsichten und Ergebnisse seiner historischen, religionspädagogischen und theologischen Forschungen zusammen, die er verteilt über viele Jahre in seinen Handbüchern für den Religionsunterricht aller Schulstufen zusammengetragen hat, und zwar jeweils in einem Handbuch für die Lehrer und einem Lehrbuch für die Schülerinnen und Schüler.
Diese sind nach einem religionspädagogisch völlig erneuerten didaktischen Modell aufgebaut, sowohl in denen dem Fließtext seitlich beigefügten Bilddarstellungen wie auch weiterführenden Original-Zitaten und ergänzenden Informationen; das gleiche Prinzip findet sich in den drei Kompendien wieder.
DieBibel
Erschlossen u. kommentiert v. Hubertus Halbfas
2010 Patmos
Der Schlüssel zur jüdischen und christlichen Bibel. Die Resultate unendlicher Forschungsarbeit gewinnen hier eine allgemein verständliche Darstellung. Erstmalig findet der Leser zentralen Bibeltext und Kommentar in unmittelbarer Verbindung, begleitet von einem breiten Spektrum informierender und aktualisierender Elemente: Historische Namen, Orte und Ereignisse werden lexikalisch erklärt; religionsgeschichtliche Parallelen erlauben vergleichende Blicke auf die biblische Tradition; theologisch und literarische Kontexte erweitern das Verständnis oder geben kritischen Anfragen Raum. Die sorgfältige Bildauswahl trägt wesentlich zur Erschließung der Bibel bei. Geschichtliche Zeugnisse vermitteln authentische Einblicke in die ferne Zeit; zeitlich gegliederte Karten bieten geografische und politische Informationen, die für das Verständnis der Texte in ihrer jeweiligen Zeit nötig sind. Werke der bildenden Kunst - vornehmlich der jüngeren Generation stiften Perspektiven, die die unerschöpfte Gültigkeit der Bibel bewusst machen.
DasChristentum
von Hubertus Halbfas
Erschlossen und kommentiert.
2004 Patmos
Der außergewöhnliche Band entfaltet ein facettenreiches Bild des Christentums. Er verbindet lebendige Zeugnisse mit klaren Linien thematischer Konzentration. Lesern, die Wirkungsgeschichte und aktuelle Perspektiven der prägenden Kraft unserer Kultur verstehen wollen, bietet das Werk ein faszinierendes Panorama.
Hubertus Halbfas stellt das Christentum im Spiegel geschichtlicher Zeugnisse in völlig neuartiger Weise vor. Statt einlinig durch die Zeiten zu führen, setzt er unter wechselnden Fragestellungen immer wieder erneut an, um möglichst vielschichtig wahrzunehmen. Thematisch differenzierte Längsschnitte wie Kirche und Staat, Krieg und Frieden, Ketzer, Frauen, Nächstenliebe ermöglichen den Blick auf Tendenzen, latente Prägungen, Richtungen und Probleme. Er greift Schlüsselbereiche auf, die es erlauben, sich "dem" Christlichen zu nähern, seinen Grundlagen, Leistungen und Lehren, seinen Versäumnissen und Irrwegen. Dies geschieht nicht durch Darstellung aus einer Feder. Vielmehr kommt das, was Geschichte machte, in Originaltexten selbst zu Wort. Die Kommentierung erlaubt die Einordnung in die jeweilige Zeit. Begleitende Stimmen verbinden die Vergangenheit mit der Gegenwart. Zahlreiche Abbildungen helfen zu vertieftem Verständnis und stellen neue und aktuell bedeutsame Sichtweisen vor.
Der Glaube
Kommentiert und erschlossen. von Hubertus Halbfas
2010 Patmos
Nach dem großen Erfolg seiner beiden Werke "Die Bibel" und "Das Christentum" vollendet Hubertus Halbfas mit einem weiteren Schlüsselwerk seine breit angelegte Darstellung der kulturellen Grundlagen unseres Lebensraums. So wie Halbfas den Glauben erklärt und zugleich einer kritischen Prüfung unterzieht, haben es bisher nur wenige vermocht. Er greift ebenso tief in die Geschichte und Tradition, wie er überfällige Reformen einfordert und sich intensiv mit den neuesten Fragestellungen auseinandersetzt. Ob es sich etwa um die Hirn- und Bewusstseinsforschung handelt, um Fragen der Evolutionsbiologie oder historische Erkenntnisse, die der Glaubenslehre widerstreiten - Halbfas gelingt es, sie mit der Substanz der christlichen Tradition zu einer faszinierenden neuartigen Gesamtschau zu verbinden. Die Entwicklungsgeschichte des Glaubens, die keineswegs spannungsfrei verlief, wird dabei zum Katalysator seiner Zukunftsfähigkeit: Es ist gerade die starke Wandlung, die in beständiger Aktualisierung seine Dynamik ausmacht.
Die religionsdidaktischen Voraussetzungen für die religionspädagogische Arbeit hat Halbfas in seinen beiden Werken "Das dritte Auge" und "Wurzelwerk" zusammengefasst, und schließlich im vergangenen Jahr mit seiner "Religiösen Sprachlehre" erweitert und ergänzt.
DasdritteAuge
von Hubertus Halbfas
Religionsdidaktische Anstöße.
2011 Oldenbourg Schulbuchverlag Patmos
Hubertus Halbfas
Wurzelwerk.
Geschichtliche Dimensionen der Religionsdidaktik
Patmos Verlag 1997
Es ist kaum verwunderlich, dass die jahrzehntelange Beschäftigung mit Religion und Theologie Hubertus Halbfas zu einer kritischen Bewertung der kirchlichen Strukturen veranlasst hat; diese hat er in zwei Schriften zu Papier gebracht:
Hubertus Halbfas
Glaubensverlust
Warum sich das Christentum neu erfinden muss
Patmos Verlag 2011
Memoranden und Missbrauchsfälle, Problemstau und Priestermangel, Zank um den Zölibat und die Zukunft - mit unbestechlicher Klarheit durchleuchtet Halbfas die strukturellen Reformerfordernisse und geht ihnen buchstäblich auf den Grund: Die Krise der Kirche(n) ist eine handfeste Glaubenskrise. Die Glaubenslehre ist vielfach zur Glaubensleere verkommen. Wenn es nicht gelingt, diese Leere mit neuem Leben anzufüllen, dürfte es um die Zukunft der Kirche geschehen sein.
Den Schlüssel findet Halbfas beim historischen Jesus selbst, der in den Glaubensbekenntnissen der christlichen Kirchen nicht vorkommt bzw. durch theologische Formeln ersetzt ist. Denn er hat eine Lebensweise angeboten, die sich im Alltag bewähren muss, aber keine Lehre, damit sie sich argumentativ bewahrheite. Halbfas unternimmt nicht weniger als eine Neuvermessung des Glaubens. Er zeichnet ein Programm, das die Kirchen unter Umständen mehr verändern würde, als diese sich zu ändern bereit sind.
Hubertus Halbfas
Religionsunterricht nach dem Glaubensverlust
Eine Fundamentalkritik
Patmos Verlag 2012
Nach dem großen Erfolg des »Glaubensverlustes« beginnt Hubertus Halbfas seine grundsätzlichen Erwägungen und Empfehlungen zu konkretisieren: Die christliche Glaubenslehre in ihrer überlieferten Gestalt findet keine Nachfrage mehr. Sie ist auch nicht mehr zu vermitteln. Das Spektrum der unverständlich gewordenen Ausdrücke reicht vom »allmächtigen Vater« bis zum »ewigen Leben«, vom »Schöpfer« bis zur »Auferstehung«, von der »Jungfrau Maria« bis zum »Heiligen Geist«. Ein Begriffsarsenal, dessen Verfallsdatum abgelaufen ist. Nur in Katechismen und kirchlichen Formeln begegnen noch solche Wendungen, im Leben der heutigen Menschen nicht. Diese Chiffren zu erschließen und mit der realen Welt zu verbinden, überfordert Predigt, Katechese und Religionsunterricht, die Eltern erst recht… Glaubensabbruch und Sprachlosigkeit bestimmen das gemeindliche Milieu. Der Abschied vollzieht sich lautlos, aber umfassend. Mehr mit Unlust und Gleichgültigkeit als nachfragend und kritisch. Diese Krise zu bewältigen, kann nur gelingen, wenn der Glaube nicht mehr als System vorgelegt wird, das in toto zu akzeptieren ist.
Vierundvierzig Jahre nach seiner »Fundamentalkatechetik«, die bereits 1968 das Scheitern der kirchlichen Verkündigungssprache ansagte, setzt Hubertus Halbfas noch einmal zu einer Fundamentalkritik an. Er fragt, welcher Glaube denn unverständlich geworden ist und welcher Glaube die Lebenswelt der Menschen noch aufnimmt. Diese Problematik zu lösen, traut er nur noch der Religionsdidaktik zu, sofern sie bereit ist, sich dem Grundproblem Sprache und Wirklichkeit zu stellen. Er glaubt nicht, dass im Rahmen der lehramtlichen Gängelei eine befreiende Sprache gefunden wird. Nicht der Gläubige ist das Kriterium für die Verständlichkeit des Glaubens, sondern der Ungläubige. Was der nichtkirchliche Mensch versteht, überzeugt auch den kirchlich Beheimateten.
Das Buch fordert alle heraus, die sich mit dem christlichen Glauben und seiner Vermittelbarkeit auseinandersetzen. Hier wird ein freies Wort geführt, weil nur so erörtert werden kann, was dringender Klärung bedarf.
Und gerade neu erschienen:
DieBibel. Für kluge Kinder und ihre Eltern
von Hubertus Halbfas
2013 Patmos
Mehr als 40.000 verkaufte Exemplare sprechen für sich: "Die Bibel" von Hubertus Halbfas hat etwas Einzigartiges, was sie von den zahllosen Ausgaben und Büchern über das Buch der Bücher unterscheidet. Selten wurde die Bibel so verständlich erschlossen, kommentiert und aufgearbeitet. Jetzt verdichtet Halbfas die Summe dieses großen Werkes in einer kompakten Ausgabe. Sie richtet sich an kluge Kinder und ihre Eltern, alle Leserinnen und Leser von 9 bis 99 Jahren, die ohne spezielles Vorwissen einfach neugierig sind und verstehen wollen, was die Bibel eigentlich erzählt. Das Besondere: Halbfas bietet nicht nur die zentralen Texte der jüdischen und christlichen Bibel in einer klugen Auswahl sowie einer für unsere Zeit entstaubten Sprache. E r erschließt sie auch unmittelbar und allgemein verständlich. Leicht nachvollziehbar ordnet er die biblischen Texte in die Zeit ein, in der sie entstanden, und erzählt, wie die Bibel zu dem Buch wurde, das sie heute ist. Kritischen Fragen, wie sie gerade von aufgeweckten Lesern jeden Alters gestellt werden geht er nicht aus dem Weg. Vielmehr konfrontiert er den alten Text mit den Erkenntnissen der modernen Wissenschaften und den Problemen, die wir heute mit dem alten Buch haben. So eröffnet er Wege zum tieferen Verstehen dessen, was die Bibel eigentlich sagen will und welche Antworten man von ihr auf gar keinen Fall erwarten darf.