Vom Hoffen auf ein Wunder
Lourdes, der kleine französische Ort im Südwesten Frankreichs, zählt zu den meist besuchten Wallfahrtsorten der Welt. Dort soll es zu Wunderheilungen gekommen sein. Die österreichische Filmemacherin Jessica Hausner hat Lourdes erkundet und einen Film über eine junge, kranke Frau gemacht, die wie Tausende andere auf Heilung hofft.
Eine Prozession in Lourdes: Mit dabei ist eine Pilgergruppe aus Österreich, zu der auch Christine gehört, gespielt von Sylvie Testud. Christine ist Ende 20, leidet an Multiples Sklerose und sitzt im Rollstuhl. Und wie viele andere Kranke und Sterbende verbindet sie mit Lourdes die Hoffnung, doch noch irgendwie gesund zu werden. Sie hofft auf ein Wunder, weil in Lourdes eben noch Wunder geschehen. Diese Ausgangssituation hat auch die Filmemacherin Jessica Hausner fasziniert.
"Eigentlich war die ursprüngliche Idee, lediglich einen Film über ein Wunder zu machen. ... Und an Lourdes hat mich dann letztlich doch sehr interessiert, dass es ein realer Ort ist, wo man tatsächlich behauptet, dass man durch ein Wunder geheilt werden kann. Wo man doch eigentlich glaubt als Erwachsener, alle sind sich einig: Es gibt keine Wunder! ... Und dann gibt es diesen märchenhaften Ort in der Wirklichkeit, wo man als Sterbenskranker doch noch eine letzte Chance kriegt."
Doch auch in Lourdes geschehen Wunder nur äußerst selten. Und so lauscht Christine aufmerksam einem Gespräch anderer Reisender.
"Na, sind Sie schon aufgeregt? / Na ja. / Angeblich ist ja die letzte Heilung angeblich in den Bädern passiert. / So? Und was war da. / Das war ein Mann, der seit Jahren an Multiples Sklerose erkrankt war. Und angeblich ist während des Badens passiert, dass er seine Arme und Beine hat wieder bewegen können. Tja, und dann eben geheilt war. / Ja, das habe ich auch gehört. Entschuldigen Sie, dass ich mich da einmische, aber ganz so war es nicht. Erstens war das nicht in den Bädern, sondern während der Prozession. Und zweitens ist der Betreffende wieder gelähmt. / Der Arme."
Und deshalb ist seine Heilung auch nicht anerkannt. Jessica Hausner nimmt eine beobachtende Rolle ein, eine distanziert beobachtende Rolle. Ob es Wunder gibt oder nicht, darum geht es in ihrem Film eigentlich gar nicht.
"Lourdes ist die Bühne für eine eigene allgemeinere Erzählung. Und die handelt von einem ganz grundsätzlichen Wunsch eines Menschen nach Erfüllung und Glück im Leben. Und sobald dieses Glück da ist, droht schon wieder die Vergänglichkeit desselben."
Christine scheint auch keine besonders gläubige Frau zu sein: Weder singt sie beim Gottesdienst mit, noch betet sie. Von Hingabe keine Spur. Nur bei der Beichte zeigt Christine ein wenig Selbstreflexion.
"Ich bin oft wütend. Warum gerade ich diese Krankheit bekommen habe? Warum ich? Manchmal bin ich eifersüchtig. Auf die, die gehen können. Einfach alles machen können. Ohne Nachdenken. Einigen geht es schlechter als mir. Sie tun mir aber nicht leid. Ich möchte einfach gesund sein. Ein normales Leben führen. / Was ist das? Ein normales Leben? Ihr Leben ist ein besonderes Leben. Jedes Leben ist besonders. Gott hat die Vielfalt erschaffen. Keines ist besser als das andere."
Richtig peinlich wirken die Reiseleiter, Ärzte und Priester, die die banalsten "Phrasen" der Seelsorge wie Automaten aufsagen. Kein Zweifel, solche Leute gibt es. Aber sie sind doch eher die große Ausnahme. Der Film zeigt lange Einstellungen, wenig Kamerabewegung und spärliche Dialoge.
So kreiert Jessica Hausner die eigenwillige Atmosphäre einer erstarrten Welt. Das alles ist homogen inszeniert, doch letztlich eine Kopie von Ulrich Seidels Film "Jesus, Du weißt". Selbst in den schönen Momenten, als Christine vielleicht ein Wunder erlebt hat, wirkt der Film komisch deprimierend, zum Beispiel wenn sie nun in der Sonne im Café vergnügt ein Eis isst und die Kellner sie bewundern.
Dass die Stadt Lourdes viel Schönes bietet, unabhängig davon, ob es dort je eine Marien-Erscheinung gab oder auch nur ein einziges Wunder passiert ist, zeigt Jessica Hausner kaum. Die Litaneien der wartenden Menschen an den Bädern, die fröhlichen gesunden Pilger, die einfach kommen, weil sie glauben, in Lourdes Gott irgendwie näher zu sein – sie fehlen.
Und dass die Malteser in ihren Reisegruppen den besten Pilger wählen, frei nach dem Motto: Österreich sucht den Super-Pilger – ist nach Auskunft der Malteser-Zentrale in Wien falsch. Wirklich stark ist der Film, der überhäuft wurde mit Preisen, eigentlich nur, wenn er die menschlichen Schwächen immer mal wieder lakonisch zur Schau stellt.
"Also ich gönne es ihr. Sie hat sich so bemüht. Na, ich frage mich schon, warum sie und nicht, sagen wir mal, der Herr Rubi. / Wieso der Herr Rubi? / Na oder die Kleine im Rollstuhl. Die Mutter kommt jedes Jahr her. / Darauf kommt es anscheinend nicht an. / Ja, wenn man sich zu sehr bemüht, das ist dann auch nicht gut."
"Eigentlich war die ursprüngliche Idee, lediglich einen Film über ein Wunder zu machen. ... Und an Lourdes hat mich dann letztlich doch sehr interessiert, dass es ein realer Ort ist, wo man tatsächlich behauptet, dass man durch ein Wunder geheilt werden kann. Wo man doch eigentlich glaubt als Erwachsener, alle sind sich einig: Es gibt keine Wunder! ... Und dann gibt es diesen märchenhaften Ort in der Wirklichkeit, wo man als Sterbenskranker doch noch eine letzte Chance kriegt."
Doch auch in Lourdes geschehen Wunder nur äußerst selten. Und so lauscht Christine aufmerksam einem Gespräch anderer Reisender.
"Na, sind Sie schon aufgeregt? / Na ja. / Angeblich ist ja die letzte Heilung angeblich in den Bädern passiert. / So? Und was war da. / Das war ein Mann, der seit Jahren an Multiples Sklerose erkrankt war. Und angeblich ist während des Badens passiert, dass er seine Arme und Beine hat wieder bewegen können. Tja, und dann eben geheilt war. / Ja, das habe ich auch gehört. Entschuldigen Sie, dass ich mich da einmische, aber ganz so war es nicht. Erstens war das nicht in den Bädern, sondern während der Prozession. Und zweitens ist der Betreffende wieder gelähmt. / Der Arme."
Und deshalb ist seine Heilung auch nicht anerkannt. Jessica Hausner nimmt eine beobachtende Rolle ein, eine distanziert beobachtende Rolle. Ob es Wunder gibt oder nicht, darum geht es in ihrem Film eigentlich gar nicht.
"Lourdes ist die Bühne für eine eigene allgemeinere Erzählung. Und die handelt von einem ganz grundsätzlichen Wunsch eines Menschen nach Erfüllung und Glück im Leben. Und sobald dieses Glück da ist, droht schon wieder die Vergänglichkeit desselben."
Christine scheint auch keine besonders gläubige Frau zu sein: Weder singt sie beim Gottesdienst mit, noch betet sie. Von Hingabe keine Spur. Nur bei der Beichte zeigt Christine ein wenig Selbstreflexion.
"Ich bin oft wütend. Warum gerade ich diese Krankheit bekommen habe? Warum ich? Manchmal bin ich eifersüchtig. Auf die, die gehen können. Einfach alles machen können. Ohne Nachdenken. Einigen geht es schlechter als mir. Sie tun mir aber nicht leid. Ich möchte einfach gesund sein. Ein normales Leben führen. / Was ist das? Ein normales Leben? Ihr Leben ist ein besonderes Leben. Jedes Leben ist besonders. Gott hat die Vielfalt erschaffen. Keines ist besser als das andere."
Richtig peinlich wirken die Reiseleiter, Ärzte und Priester, die die banalsten "Phrasen" der Seelsorge wie Automaten aufsagen. Kein Zweifel, solche Leute gibt es. Aber sie sind doch eher die große Ausnahme. Der Film zeigt lange Einstellungen, wenig Kamerabewegung und spärliche Dialoge.
So kreiert Jessica Hausner die eigenwillige Atmosphäre einer erstarrten Welt. Das alles ist homogen inszeniert, doch letztlich eine Kopie von Ulrich Seidels Film "Jesus, Du weißt". Selbst in den schönen Momenten, als Christine vielleicht ein Wunder erlebt hat, wirkt der Film komisch deprimierend, zum Beispiel wenn sie nun in der Sonne im Café vergnügt ein Eis isst und die Kellner sie bewundern.
Dass die Stadt Lourdes viel Schönes bietet, unabhängig davon, ob es dort je eine Marien-Erscheinung gab oder auch nur ein einziges Wunder passiert ist, zeigt Jessica Hausner kaum. Die Litaneien der wartenden Menschen an den Bädern, die fröhlichen gesunden Pilger, die einfach kommen, weil sie glauben, in Lourdes Gott irgendwie näher zu sein – sie fehlen.
Und dass die Malteser in ihren Reisegruppen den besten Pilger wählen, frei nach dem Motto: Österreich sucht den Super-Pilger – ist nach Auskunft der Malteser-Zentrale in Wien falsch. Wirklich stark ist der Film, der überhäuft wurde mit Preisen, eigentlich nur, wenn er die menschlichen Schwächen immer mal wieder lakonisch zur Schau stellt.
"Also ich gönne es ihr. Sie hat sich so bemüht. Na, ich frage mich schon, warum sie und nicht, sagen wir mal, der Herr Rubi. / Wieso der Herr Rubi? / Na oder die Kleine im Rollstuhl. Die Mutter kommt jedes Jahr her. / Darauf kommt es anscheinend nicht an. / Ja, wenn man sich zu sehr bemüht, das ist dann auch nicht gut."