Vom Gebet zum Jazz

Von Jonathan Scheiner · 06.09.2013
Omer Klein gehört zu einer Generation junger Israelis, die ihre Heimat Richtung USA verlassen haben und die in Übersee die Jazzwelt erobern. Dort hat der 30-jährige Pianist für ein paar Jahre gelebt, bevor er nach Düsseldorf weitergezogen ist.
Das Stück heißt "Espanã". Doch spanische Musik ist nicht gerade das, was den Pianisten Omer Klein normalerweise umtreibt. Vielmehr ist seine Musik eine Mischung aus US-amerikanischem Jazz und Klängen seiner Heimat Israel.

Omer Klein gehört zu einer ganzen Horde von Jazzmusikern, die ihre Heimat Richtung USA verlassen haben und die derzeit für viel Furore sorgen. Während sich Berlin zum Hotspot für klassische Musiker entwickelt hat, so ist die Welthauptstadt des Jazz noch immer New York. Dort haben sie alle Station gemacht, auch Omer Klein. Doch der ist inzwischen weitergezogen: nach Düsseldorf. Ein Ort, nicht gerade verschrien als Hexenkessel des Jazz. Aber was tut man nicht so alles für die Liebe.

Musik: "Mr. Dream"
Auch in Düsseldorf hat Omer Klein seinen bereits eingeschlagenen Weg nicht verlassen. Nach wie vor spielt er mit israelischen Weggefährten aus New York wie Ziv Ravitz oder Omer Avital.

Und das ist kein Zufall: Obwohl Omer Kleins Handwerk von den Großen des Jazzklaviers inspiriert wurde, von Thelonoius Monk genauso wie von Keith Jarrett, schwingt in seinem Spiel noch etwas anderes mit. Und das sind die israelischen Schlager von Matti Caspi oder Sascha Argov, die er schon als Kind gehört hat.

"Der Unterschied meiner Beziehung zu ihnen und meiner Beziehung zu einem Komponisten wie Mozart ist, dass ich mit ihnen aufgewachsen bin. Ich glaube, dass die Erfahrungen, die du als kleines Kind machst, Dich auf einer tieferen Ebene berühren.

Das heißt nicht, dass ich nicht ständig neue Einflüsse hinzufüge, aber der Ort, von dem ich herkomme, ist das wunderschöne israelische Lied. Das ist der Startpunkt meines Künstlertums und alles, was ich tue, gründet sich darauf."

Der amerikanische Musiker Keith Jarrett im Jahr 1989.
Der amerikanische Musiker Keith Jarrett im Jahr 1989.© picture alliance / dpa / Wolfgang Weihs
Da ist noch was anderes
Doch die Musik Omer Kleins als Mixtur von klassischem Klavierrepertoire, israelischem Schlager und US-Jazz abzutun, wäre zu simpel. Wenn er übt, dann spielt er zwar den Bach rauf und runter oder verbeißt sich in die Musik von Kurt Weill. Aber trotzdem ist da noch was anderes. Es ist die religiöse jüdische Musik, das gesungene Gebet, Piyut genannt, das Omer Klein schon als Kind tief bewegt hat.

"Was mir geschah, ist, dass ich mit meinem libyschen Großvater in meiner Heimatstadt Netanya in die Synagoge gegangen bin. Es war eine libysche Synagoge and sie sangen dort die Piyutim im libyschen Stil. Ich wurde sehr tief von diesen Klängen berührt, die nicht nur sehr schön in meinen Ohren klangen, sondern ich fühlte auch, dass sie einen tieferen Ort in mir berührten, weil ein Teil meiner Großeltern von dort stammt. Also habe ich angefangen, nordafrikanischjüdische Musik zu studieren. Einige meiner ersten Songs wurden durch das Hören dieser Lieder inspiriert."

Musik: "Tiul Be'Israel"

Das klingt nach Musik, bei der John Zorn nicht weit sein kann. Der Saxofonist und Erfinder der Radical Jewish Culture stand tatsächlich Pate bei Omer Kleins letztem Album "Rockets on the Balcony". Aber "Radical Jewish Culture" - diesen Stempel will sich Omer Klein gar nicht erst aufdrücken lassen. Denn wie sie klingt, diese 'jüdische Musik', das weiß auch Omer Klein nicht.

Er bezeichnet sie vielmehr als Phantom. Und vielleicht fährt man damit tatsächlich am besten, wenn man Omer Kleins Musik nicht in eine bestimmte Schublade stopft. Denn dieser Mann ist noch jung und steckt voller Überraschungen.

Musik: "Oud Song"
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