Volkswirtschaft leicht gemacht

Rezensiert von Andreas Abs · 13.01.2006
Leitzinsen, Inflation, Staatsverschuldung, Welthandel - vor der Beschäftigung mit volkswirtschaftlichen Zusammenhängen schrecken viele Menschen zurück - die Materie scheint zu undurchsichtig. Doch dass auch komplizierte Sachverhalte einfach zu erklären sind, zeigt der Professor für Volkswirtschaftslehre Sean Masaki Flynn in seinem Buch "Wirtschaft für Dummies".
Sean Masaki Flynn, von Hause aus Professor für Volkswirtschaftslehre in New York, scheint zugleich ein Spezialist für Pädagogik zu sein. Bekanntlich scheuen sich die Amerikaner nicht, Ernstes mit Unterhaltsamem zu mischen und das ist bei diesem Buch gut gelungen. Den Leser erwartet alles andere als eine trockene Abhandlung über die Wirtschaft. Zur besseren Verdaulichkeit des Stoffes dienen sogar Cartoons, besonders aber die Gestaltung des Textes und seine Gliederung.

Immer wieder weisen Symbole auf Leitsätze hin oder darauf, dass hier eine Theorie an einem praktischen Beispiel überprüft wird. Das Buch ist so aufgebaut, dass jedes Kapitel aus sich heraus verständlich ist. Der Leser kann also dem Autor zufolge an jeder beliebigen Stelle einsteigen, aber Flynn sagt auch mit freundlichem Humor, "doch wenn Sie nicht wissen, wo Sie beginnen sollen, hält Sie nichts davon ab, das Buch ganz altmodisch von Anfang an zu lesen. Am Anfang anzufangen, war noch nie verkehrt..."

Nach Sean Flynn studiert die Volkswirtschaftslehre (VWL), wie Menschen entscheiden, um zum größtmöglichen Glück zu gelangen. Weil ein Mensch nicht alles bekommen kann, muss er sich entscheiden, zum Beispiel ob er Geld sparen oder ausgeben, studieren oder arbeiten will; die Regierung muss wählen, ob sie mehr Geld für Schulen oder für die Arbeitslosen ausgeben soll. Entscheiden muss man sich, weil es niemals genug Zeit oder Geld gibt, alles zu tun, was man will. VWL ist also die Wissenschaft vom Umgang der Wirtschaft im ganzen und von Unternehmen und Personen im Einzelnen mit der Knappheit. Nach der Lektüre, so verspricht Flynn, verstehe man, wie Wirtschaft funktioniert und man könne auch beurteilen, was von der Wirtschaftspolitik einer Regierung zu halten ist. Man könne dann gute von schlechten Vorschlägen besser unterscheiden.

Flynns Erklärungen für aktuelle wirtschaftpolitische Fragen fallen dabei ganz einfach aus: Beispiel Globalisierung, also freier Welthandel kontra Schutz der einheimischen Arbeitsplätze und Produkte. Flynn zufolge ist die Wahl ganz einfach. Gemäß dem volkswirtschaftlichen Grundsatz, dass alle Menschen handeln, um glücklicher zu werden, kann man Flynn zufolge nichts gegen einen vollkommen freien Welthandel einwenden. Wenn man ihn begrenzt, durch Zölle oder Auflagen, leiden alle darunter und das Glück aller Beteiligten sinkt. Natürlich zwingt ein freier Handel zur Spezialisierung, weil mit einem freien Handel offenkundig wird, wer etwas schneller, besser und billiger kann. Die Spezialisierung ist der Strukturwandel in der Globalisierung, vor dem natürlich die Betroffenen zunächst Angst haben, bis sie sich entschieden und neu ausgerichtet haben.

Aufschlussreich ist auch das Kapitel Inflation (Preisauftrieb), die in Deutschland zu wenig ernst genommen wird, als wäre ihre Bekämpfung reiner Luxus für Wohlhabende. Flynn erklärt, wie die Inflation jedoch besonders Geringverdiener trifft, denn es gebe nie die perfekte Inflation, bei der Preise und zugleich Löhne steigen, so dass man die Verteuerung nicht bei der Kaufkraft der Einkommen spürt. Gerade wer wenig verdient, wird also von den zuerst steigenden Preisen besonders hart getroffen, weil er sich dann vieles nicht mehr leisten kann. Der Reiche kann Verteuerungen besser wegstecken. Verheerend ist die Inflation auch für die Altersorge. Wenn man zum Beispiel derzeit 1000 Euro zurücklegt, kann man sich dafür schon bei der derzeitigen Inflationsrate von um die zwei Prozent in zehn Jahren nur noch Waren im Wert von etwa 800 Euro kaufen und in 20 Jahren nur noch von etwa 600 Euro. Die Notenbank, die mit Zinsanhebungen die Inflation eindämmen kann, ist für Flynn der Freund des Bürgers und der natürliche Feind des Politikers, der gerne billig Schulden machen möchte, um seine Wähler zu beglücken – also auch ein Kapitel, das man dem mündigen Wähler ans Herz legen möchte.

Lehrreich ist auch der Schluss des Buches, wo Flynn zehn populäre Irrtümer aufklärt. Einer ist der bei den Gewerkschaften verbreitete Irrglaube, der allerdings zu Ende zu gehen scheint, Arbeitszeitverkürzung sei ein Mittel zur Beschäftigung von mehr Menschen. Dies ist schon deshalb falsch, weil zwei Arbeiter, die jeweils 20 Stunden arbeiten, mehr kosten, als einer, der 40 Stunden arbeitet, weshalb eine Firma bei einer Arbeitszeitverkürzung beispielsweise um die Hälfte nicht doppelt so viele Arbeitsplätze schaffen wird. Dies liegt eben an den Kosten für einen Arbeitsplatz. Nützlich sind auch zehn wirtschaftliche Leitsätze, an denen man Politikeraussagen messen sollte. So ist es für alle schädlich, wenn der Staat sich verschuldet, um Subventionen an die heimische Industrie zu zahlen. Diese behindern den freien Handel – siehe die europäischen Agrarsubventionen, die die Agrarmärkte in den Entwicklungsländern beschädigen – und sie erschweren die Ausbildung einer konkurrenzfähigen Wirtschaft hierzulande, die mit neuen Herausforderungen fertig wird.

Das Buch ist unbedingt zu empfehlen. Vielleicht möchte man nicht in der Straßenbahn mit einem Buch für Dummies erwischt werden, aber dann sollte man sich zuhause etwa eine Woche abends Zeit dafür nehmen. Sie trägt Früchte. Denn gerade in Deutschland gibt es viele Ressentiments gegen die Wirtschaft im Allgemeinen, gegen den Wettbewerb, den Markt, obwohl darauf unser Wohlstand beruht. Wir wollen uns auch keinesfalls in der Entscheidungsfreiheit einschränken lassen, welches Auto wir kaufen, ein deutsches, ein französisches oder ein koreanisches – und uns auch nicht vorschreiben lassen, in welche Länder wir die bei uns produzierten Autos verkaufen! Verbreitet ist auch die widersprüchliche Haltung: teuer produzieren (sprich hohe Löhne), aber billig einkaufen (ausländische Produkte). Die Ressentiments lassen sich beispielsweise daran ablesen, dass die Sozialpolitik beinahe vollständig die politische Debatte dominiert. Und so kann mancher Unfug blühen, der dabei ist, das Land zu ruinieren, wie zum Beispiel unser gigantischer, steigender Schuldenberg, bei dem kein Politiker sagt, wer ihn wann in welchen Raten abträgt. Deutschland stand bekanntlich wirtschaftlich schon einmal besser da und damit das demnächst wieder so ist, dazu möchte man Flynns Buch Erfolg wünschen.

Sean Masaki Flynn: "Wirtschaft für Dummies". Die Volkswirtschaft und ihre Zusammenhänge leicht verstehen.
Aus dem Amerikanischen von Reinhard Engel
Wiley-VCH Verlag, Weinheim, 2006
393 Seiten, 24,95 Euro