Vielfalt auf dem Acker - Vielfalt auf dem Teller

Moderation: Gisela Steinhauer · 22.09.2012
Sie heißen "Lobbericher Möhre" oder "Guter Heinrich" - alte und traditionelle Gemüsesorten, die heutzutage kaum mehr jemand kennt. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat regionalen Bauern jetzt den Rücken gestärkt, die diese Traditionssorten anbauen, züchten und vermarkten möchten.
Christian Havenith gehört zu den Nutznießern des Urteils. Der Gärtner betreibt die "Vielfaltsgärtnerei" in Wassenach in der Eifel und züchtet dort unter anderem solche alten Sorten wie die "Monstranzbohne", den "Schifferstädter Mairettich" oder den "Kesselheimer Zucker". Er hat mehr als 450 Samen verschiedener Gemüse- und Obstsorten gesammelt. Dazu kommen unzählige seltene Wildstauden und Kräuter.

Sein Garten ist zum größten Regionalsortenarchiv Deutschlands angewachsen.
Der Kräuterexperte sieht in dem Urteil des EuGH die Chance, dass diese traditionellen Sorten wieder mehr ins Bewusstsein der Verbraucher kommen:

"Das ist keine Ware aus China, sondern aus der Region für die Region. Und je nachdem ist es auch Bio. Das ist eine Sicherheit, die der Verbraucher sonst nirgendwo hat. Sie kriegen auch den Geschmack der Region, das schmeckt wie die Suppe zu Großmutters Zeiten geschmeckt hat, denn die Bohnen für die Suppe kommen aus der Region."

"Nachhaltig erzeugten Lebensmitteln gehört die Zukunft", sagt Otto Geisel.
Der Gastroberater war dreißig Jahre lang in der Hotelerie und Gastronomie aktiv, unter anderem leitete er das "Hotel Victoria" in Bad Mergentheim. 2007 wurde er vom GaultMillau-Guide Deutschland zum "Restaurateur des Jahres" gekürt.

Der Leiter des Instituts für Lebensmittelkultur in München ist viel unterwegs, um Hotelbetreiber, Bauern, Winzer, aber auch Tourismusexperten vom Wert des Regionalen zu überzeugen:

"Es werden kleine Wirtschaftskreisläufe aktiviert, das Geld bleibt in der Region. Ich komme aus der Region Hohenlohe, dort gibt es 7000 kleine landwirtschaftliche Betriebe. Das ist die höchste Bio-Dichte, die wir haben. Es kann einem doch nicht egal sein, ob die jungen Leute, die diese Höfe übernehmen, eine Zukunft haben oder nicht. Und das entscheide ich mit meinem Kauf, mit meiner Auswahl."

Der ehemalige Vorsitzende von "Slow Food Deutschland" möchte dafür sensibilisieren,

"dass die Güte von Lebensmitteln nicht erst mit dem Geschmack am Gaumen beginnt, sondern schon mit der Frage: Wo kommen die Lebensmittel her? Wie sind sie entstanden? Wer war an der Herstellung beteiligt? War die Haltung artgerecht? Wir gehen so sorglos mit dem Lebensmittelangebot um, und die Supermärkte suggerieren uns das mit übervollen Regalen. Ich glaube aber, dass man bei dem Thema Genuss nicht mehr ausblenden darf, wo die Produkte herkommen. Und das kann auch Lust und Spaß machen."

"Vielfalt auf dem Acker - Vielfalt auf dem Teller"
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Christian Havenith und Otto Geisel. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen im Internet:
Über Christian Havenith und seine Vielfaltsgärtnerei
Über Otto Geisel

Literaturhinweis:
Christian Havenith: "Gemüse - Die große Vielfalt entdecken, anbauen und genießen"
Dort-Hagenhausen Verlag 2012
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