"Vertrauensfrage unangenehme Formalie"

02.07.2005
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gernot Erler hat den Vorwurf von Bundeskanzler Gerhard Schröder an die SPD-Fraktion, sie stünde nicht mehr geschlossen hinter ihm, relativiert. Dies müsse man als Formalie verstehen, sagte Erler am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Die Fraktion sei mit dem Kanzler im Reinen, betonte er.
Vielmehr sei Gerhard Schröder gezwungen gewesen, einigen Mitgliedern der Fraktion mangelndes Vertrauen zu unterstellen, welches seine dauerhafte Regierungsfähigkeit in Frage stelle. Nur der Hinweis auf die Blockadesituation im Bundesrat hätte laut Verfassung nicht ausgereicht, um zu belegen, dass ihm das Fortsetzen seiner Politik nicht möglich sei. "Der Kanzler hat die Vertrauensfrage nur gestellt, weil es in der Verfassung das Recht auf Selbstauflösung nicht gibt und er deshalb dieses Instrument nutzen muss," so der SPD Politiker.
Erler gestand zu: "Es ist eine ganz unangenehme Situation, weil im Grunde augenzwinkernd jeder weiß, worum es hier geht. Trotzdem muss man formal alles einhalten."
Der Opposition könne man eine alleinige Schuld für die Regierungsunfähigkeit der Koalition nicht unterstellen. Man hätte mit ihr in den ersten zweieinhalb Jahren der Legislaturperiode vieles bewegt. "Zu blockieren, das haben sie sich nur jetzt in der Endphase getraut." Auch bei einer Wiederwahl der SPD könnten die CDU-Ministerpräsidenten gar nicht anders, als mit der Regierung zusammenzuarbeiten. Sie würden sich mit einer Blockadehaltung über vier Jahre völlig unmöglich machen, das wäre sehr unpopulär, meinte Erler.
Wenn es einen Fehler auf Seiten der Regierungskoalition gab, so der SPD-Fraktionsvize, dann sei dies das Versäumnis, die sozialen Sicherungssysteme rechtzeitig zukunftsfähig zu machen. "Wir hätten das schon zwischen 1998 und 2002 ernsthafter angehen sollen." Man hätte sich 2003 dann unter extremen Zeitdruck gesetzt. "Wenn ich einen Kritikpunkt zugestehe, dann dies", sagte Erler.