Verleger mit Witz und Charme

Von Christian Linder · 04.08.2007
Seinen bürgerlichen Namen Alfred Richard Meyer legte er aus Karrieregründen schnell ab. Fortan unter dem Künstlernamen Munkepunke aktiv, verfasste er Essays, Gedichte und Bücher. 1907 gründete er seinen eigenen Verlag in Berlin, für den in den Folgejahren Gottfried Benn, Joachim Ringelnatz und Else Lasker-Schüler schrieben.
Den Allerweltsnamen Alfred Richard Meyer konnte er für seine literarische Karriere nicht gebrauchen, also nannte er sich zunächst Alfons Thurandt, auch Rosinus Cosinus, bis er 1913 endlich den Namen gefunden hatte, unter dem er auch berühmt wurde: Munkepunke.

"»Von Hause aus: bürgerlich, besinnlich, romantisch, polygam, entledigte ich mich erst spät des bürgerlichen Meyer und schlüpfte in die Wesenheit eines Herrn Munkepunke, in der ich mich wohl fühle. Meine Brille hat ein korallrotes und ein pistaziengrünen Glas, ohne dass ich deswegen stets durch beide Gläser gleichzeitig blicke.«"

Das war ein leichter, schnoddriger Ton, der vor allem den Berlinern gefiel.

"»Visitenkarte. Auf dem Wannsee ticketakt die Muckepicke. / Seinem Weibe walkt der Mann die Hucke dicke. / Nur aus Liebe tut’s der ehrliche Halunke, / Nur aus Liba harft der Dichter Munkepunke.«"

Berlin war Munkepunkes große Bühne, auf der er sich mit Verve zu bewegen wusste. Geboren am 4. August 1882 in Schwerin als Sohn eines Postbeamten, zog er mit seinen Eltern zunächst durch die verschiedensten Dienstorte des Vaters, von Kiel über Dortmund und Arnsberg bis Braunschweig. Er studierte in Marburg, Würzburg und Göttingen Jura, fiel aber durch die Referendarprüfung, studierte an-schließend Philosophie und Literaturwissenschaft und ging nach Berlin, schrieb für Zeitungen, wurde Lektor und gründete schließlich 1907 seinen eigenen Verlag, den Alfred Richard Meyer Verlag im Stadtteil Wilmersdorf. Er liebte die Literatur und die Autoren liebten ihn. 1952 erinnerte er sich an diese alte Zeit:

"Ich hatte 1912 das Glück, einen gewissen Gottfried Benn zu entdecken, nicht wahr. Daneben druckte ich selbstverständlich die Else Lasker-Schüler mit ihren hebräischen Balladen. Und nun tauchte dann ein unbekannter Mann auf im Jahre `19 , Joachim Ringelnatz. Ich habe die drei ersten kleinen Hefte von Ringelnatz auch gedruckt, die ‚Turngedichte’ und den ‚Kuttel Daddeldu’."

Die Bücher, viele gestaltet und illustriert von Künstlern wie Georg Grosz und Heinrich Zille, erregten Aufsehen. Munkepunkes eigene Literatur kam allerdings nicht so schwer daher wie die eines Gottfried Benn. Schon die Titel seiner Bücher sprachen Bände: »Munkepunkes Malzbonbons« hieß ein 1918 erschienenes Buch, 1919 kam »Herrn Munkepunkes Gastronomische Bücherei« heraus, 1920 ein »Cocktail- und Bowlenbuch«. Munkepunke wusste, wie er sein Publikum mit spieleri-schem Witz und grotesken Eulenspiegeleien, die ihn zum Beispiel mit Christian Morgenstern verbanden, umgarnen konnte.

"»Immer kalte Ente! / Ewig Pfirsich-Bowle! / Andres sinnt sich Mu-ckepunke seinem Wohle./ Weil er aber keineswegs ein Egoist, / lässt er dieses Flugblatt flattern, dass Ihr wisst, / wie die furchtbar leeren Stunden sind zu füllen, / wenn Ihr mysogyn und masochistisch brüllen / müsst. Dann mischt mit Andacht Munkepunkes Strophen, / flüstern Skal und ein Fiduzit dem Apostel / sei’s in Rafz, Filehne, Felka, Fallingbostel, Ebermannstadt, Schebitz, Pinne, Possenhofe.«"

1928 gab Munkepunke der "Vossischen Zeitung" Auskunft über sich:

"»Ich esse wenig, aber gut; ich trinke etwas mehr und womöglich noch besser; meine anderen Lebensfunktionen, neben Freikörperkultur auch die rhythmische Beherrschung meiner Schreibmaschine, erledigen sich anlog.""

Munkepunke machte sich klein im nationalsozialistischen Deutschland und schlug sich, nachdem sein Verlag 1939 geschlossen worden war, mehr oder weniger schlecht durch. In den letzten Kriegstagen verbrannte seine Bibliothek in seiner Berliner Wohnung am Kaiserplatz 16: 7000 Bände, darunter viele ihm gewidmete Erstausgaben. Ein unschätzbarer Verlust. Munkepunke flüchtete zu Fuß aus Berlin nach Lübeck, seine Habseligkeit in einem Rucksack verstaut. In der Nachkriegszeit ist er nicht mehr richtig angekommen. Trotzig, in erniedrigender finanzieller Not lebend, schrieb Munkepunke nach dem Krieg weiter gemäß der Devise, die er einem Gedichtband als Titel gab: »Weil es zu leben gilt«. Am 9. Januar 1956 ist Alfred Richard Meyer alias Munkepunke in Lübeck gestorben.