Verfassungsgerichtsurteil

Karlsruhe betont Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgericht steht in roten Roben im Gerichtssaal in Karlsruhe.
Das Bundesverfassungsgericht urteilt über den Rundfunkbeitrag. © dpa/picture alliance/Uli Deck
Adam Soboczynski im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 18.07.2018
Der Rundfunkbeitrag ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Wesentlichen verfassungsgemäß. Die Richter verweisen darauf, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein besonderes Angebot darstellt. Allerdings wird es einen Beitrag für Zweitwohnungen nicht mehr geben.
Das Bundesverfassungsgericht hält den Rundfunkbeitrag grundsätzlich für verfassungskonform. Allerdings würden Menschen mit zwei Wohnungen, die den Beitrag bisher doppelt zahlen müssen, zu stark benachteiligt, entschieden die Karlsruher Richter. Betroffene können ab sofort einen Antrag auf Befreiung vom zweiten Beitrag stellen. Der Gesetzgeber muss bis spätestens Mitte 2020 nachbessern. (Az. 1 BvR 1675/16 u.a.)
Adam Soboczynski
Der Zeit-Journalist Adam Soboczynski © picture alliance/dpa/Foto: Jens Kalaene
Natürlich verstehe sich diese Abgabe nicht mehr von selbst, sagte unser heutiger Studiogast, der Zeit-Journalist Adam Soboczynski, im Deutschlandfunk Kultur. Man müsse den Rundfunkbeitrag heute besser begründen als früher.
"Ich bin noch aufgewachsen mit drei Programmen", sagte der stellvertretende Leiter des Zeit-Feuilletons.
"Natürlich gibt es Legitimationsschwierigkeiten." Er finde es aber hervorragend, dass es Programme gebe, die trotz der Bedeutung der Einschaltquote im Fernsehen, noch nicht so stark kommerzialisiert seien wie bei den privaten TV-Sendern.

Betonung der Bedeutung von Recherche und Information

Unsere Hauptstadtkorrespondentin Gudula Geuther ergänzte im Gespräch, dass die Verfassungsrichter die wichtige Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerade in diesen Zeiten ausdrücklich betont hätten.
"Die Richter weisen nochmal auf die Entwicklung gerade der neuen Medien hin, in denen es immer schwieriger würde zwischen Fakten und Meinung, zwischen Inhalt und Werbung zu unterscheiden und wo die Glaubwürdigkeit und Quellen immer schwieriger bewertet werden könnten."
Dem Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender zu sorgfältig recherchierter Information, die nicht das Sensationelle in den Vordergrund rücke, komme deshalb umso mehr Bedeutung zu.
"Das sind alles so Sätze, die hätten die Richter so nicht sagen müssen, aber das wollten sie offensichtlich nochmal tun", meinte Geuther.

(gem)

Adam Soboczynski wurde 1975 im polnischen Toruń geboren. Er siedelte 1981 mit seiner Familie vor Ausrufung des Kriegsrechts aus der damaligen Volksrepublik Polen in die Bundesrepublik Deutschland über. Der Journalist ist studierter Literaturwissenschafter und leitet seit 2013 zusammen mit Iris Radisch das Feuilleton der Wochenzeitung "Die Zeit".

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