Verdi-Chef Werneke zur Corona-Krise

"Gewerkschaften sind so wichtig wie nie"

29:23 Minuten
Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke
Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke © picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Moderation: Annette Riedel · 12.09.2020
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Der Applaus für die Heldinnen und Helden dieser Tage täte gut, sagt der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Aber jetzt müssten dauerhafte Verbesserungen her, etwa für das Klinikpersonal. Die aktuellen Tarifverhandlungen seien schwierig.
Man strebe zwar in der aktuellen Lage keine Arbeitskämpfe an, aber man schließe Streiks auch nicht aus, sagt Verdi-Chef Frank Werneke im Deutschlandfunk Kultur. Dies gelte, falls die Arbeitsgeber im Öffentlichen Dienst kein faires Angebot auf den Tisch legten, von Nullrunden erzählten und weiter nach dem Motto argumentierten 'Nicht gekündigt ist doch eigentlich schon genug gelobt'.
Dann seien Arbeitsniederlegungen auch in Corona-Zeiten nicht auszuschließen. Den Verweis auf leere Kassen der Öffentlichen Hand könne er nicht gelten lassen. Für diejenigen, die in der Krise Besonderes geleistet hätten, müsste es jetzt spürbare Verbesserungen geben.

Gewerkschaften in der Krise nah dran an den Menschen

In der Krise habe die Nachfrage nach individueller gewerkschaftliche Beratung erheblich zugenommen, sagt Werneke. Darüber hinaus habe man als Gewerkschaft eine wichtige Rolle gespielt, wenn es beispielsweise um die tarifliche Aufstockung von Kurzarbeit ging oder beim Einfluss auf die Politik.
Da gäbe es in den letzten Monaten von den Menschen "ein gutes Feedback". Trotz schwindender Tarifbindung sei es ja auch grundsätzlich nicht so, dass Gewerkschaften unattraktiv seien. Man habe nur "teilweise schwierige Bedingungen", so der Verdi-Chef.

Kurzarbeit produziert keine "Zombie-Unternehmen"

In der außergewöhnlichen ökonomischen Situation durch die Corona-Krise, sei Kurzarbeit ein unverzichtbares Mittel und ihm sehr viel lieber als ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit. Kurzarbeit würde auch keineswegs dazu führen, dass "Zombie-Unternehmen" künstlich am Leben gehalten würden.
Die Lufthansa etwa sei ein gut aufgestelltes Unternehmen. Wie andere Fluggesellschaften auch sei sie "vollkommen unverschuldet" durch die Auswirkungen der Pandemie in Nöte geraten. Deshalb sei es richtig, dass die Bundesregierung ein Neun-Milliarden-Hilfspaket bereitgestellt habe. Allerdings müsse der Bund jetzt auch auf grundlegende unternehmerische Entscheidungen Einfluss nehmen können. Schließlich kämen die Milliarden von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.
(AnRi)

Frank Werneke ist seit 2019 Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), deren stellvertretender Vorsitzender er seit 2002 war. Von 1998 bis 2001 war er Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IF Medien. Von 1983 bis 1985 absolvierte er eine
Ausbildung zum Verpackungsmittelmechaniker in einem Bielefelder Unternehmen, wo er auch nach dem Zivildienst von 1988 bis 1993 angestellt war. Er engagierte sich früh in der betrieblichen Interessenvertretung und der regionalen Gewerkschaftsarbeit der IG Druck und Papier. 1993 wurde er Bundessekretär der Fachgruppe Druckindustrie und Zeitungsverlage der IG Medien. Werneke ist SPD-Mitglied.

Das Interview im Wortlaut:

Deutschlandfunk Kultur: Herr Werneke, mitten in der schwersten Rezession in der Nachkriegszeit haben in der vergangenen Woche die Tarifverhandlungen für die rund zweieinhalb Millionen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst begonnen. Wie so vieles im Moment werden auch diese Verhandlungen weitestgehend online geführt werden - also, Verhandeln von Bildschirm zu Bildschirm. Das geht mehr schlecht als recht, unterstelle ich?
Frank Werneke: Wir verhandeln, mit Abstand natürlich, aber tatsächlich in echt, wenn es auch eine kleinere Verhandlungskonstellation ist, die da zusammen ist – vier auf der Gewerkschaftsseite, vier für die öffentlichen Arbeitgeber, mit dem Innenminister Horst Seehofer als Verhandlungsführer für den Bund. Aber was schon richtig ist, wir sind an dem Punkt, wo wir unsere Verhandlungs- und Tarifkommission in einer gemischten Situation haben. Es ist nur ein Teil im Saal anwesend, aber viele Kolleginnen und Kollegen sind auch zugeschaltet.
Deutschlandfunk Kultur: Es wird ja hart verhandelt - manchmal auch eine Nacht durch oder zwei - und zur Kommunikation gehört bekanntlich noch mehr als Worte - achtzig Prozent, sagt man, sind nonverbal - da kann man doch eigentlich gar nicht online verhandeln.
Werneke: Wir haben ja viel erlernt in den letzten Wochen. Ich hatte auch Verhandlungssituationen in Videokonferenzen. Aber Sie haben vollkommen recht. Gerade wenn es um schwierige Kompromissbildungen geht - und das ist bei Tarifrunden immer der Fall und in dieser Tarifrunde sicherlich ganz besonders - ist es einfach besser, man hat den kompletten Eindruck eines Menschen.
Deutschlandfunk Kultur: Verdi fordert 4,8 Prozent mehr für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, mindestens aber 150,00 € im Monat. Das wären dann noch gegebenenfalls ein paar Prozente mehr. Wie verhandelt man vor dem Hintergrund des Dilemmas, dass wir auf der einen Seite eine große Sichtbarkeit von Angestellten im Öffentlichen Dienst erlebt haben - Erzieherinnen, z.B., Beschäftigte in Gesundheitsämtern - denen die Menschen sicherlich in der Corona-Krise gerne die eine oder andere Mark mehr gönnen, und auf der anderen Seite wir aber gleichzeitig auch gewärtigen müssen, dass die Kassen der Öffentlichen Hände leer sind?
Werneke: Im April und Mai habe ich relativ viele Interviews gegeben und bin dann immer gefragt worden: "Was macht Verdi jetzt eigentlich aus der Situation, dass es so viel Aufmerksamkeit, Respekt und auch tatsächlich Applaus für die Heldinnen und Helden dieser Tage, für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, aber zum Beispiel auch bei den Paketdiensten oder im Einzelhandel gibt?" Und ich habe gesagt: "Applaus ist gut. Das tut auch gut. Aber letztendlich geht’s um eine dauerhafte Verbesserung und zum Teil auch Aufwertung von Tätigkeiten. Das rufen wir Tarifvertrag für Tarifvertrag auf, wenn es dran ist.
Und jetzt ist der Öffentliche Dienst nun mal dran. Wir hatten ja übrigens angeboten, die Tarifrunde aufs nächste Jahr zu schieben, weil es natürlich unter Pandemie-Bedingungen – angefangen von Beratungen von Tarifkommissionen usw. usf. – Einschränkungen gibt. Das haben die kommunalen Arbeitgeber abgelehnt. Sie wollen die Auseinandersetzung jetzt im Herbst haben.

Besonders schwierige Tarifverhandlungen in der Rezession

Deutschlandfunk Kultur: Die Kommunen müssen mit ungefähr 15 bis 20 Milliarden weniger Einnahmen aus Gewerbesteuern rechnen. Ein Teil davon, aber nicht alles, gleicht der Bund aus. Vor diesem Hintergrund hat der Verhandlungsführer der kommunalen Arbeitgeber, Ulrich Mägde - von der SPD übrigens wie Sie, gesagt: "Die Forderungen von Verdi sind vollkommen überzogen. Die Kassen sind leer. Und jeder weiß, das können wir nicht bezahlen."
Werneke: Ja, dass die Kassen leer sind und dass die Forderung überzogen ist, das gehört zu jedem Verhandlungsauftakt dazu, auch in den Zeiten, in denen die Steuereinnahmen besser gelaufen sind. Wir stellen ja gar nicht in Abrede, dass es Rückgänge bei den Gewerbesteuereinnahmen gibt. Allerdings, im Jahr 2020 werden diese Gewerbesteuereinnahmeausfälle vollständig durch den Bund erstattet. Und dann muss man sehen, wie dann 2021 weitere Lösungen gefunden werden.
Das ist ein Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen. Ich habe es auch gesagt, das sind sicherlich besonders schwierige Tarifverhandlungen in der Kompromissbildung. Aber wir brauchen halt eine Lösung, die insbesondere diejenigen, die Besonderes geleistet haben, auch sieht. Deshalb diese Forderung nach 150,00 € für alle, was ja weiß Gott nicht viel ist. Das hat einen besonderen Stellenwert in dieser Tarifrunde, weil da zum Beispiel die Kolleginnen und Kollegen der Abfallwirtschaft und an anderer Stelle profitieren würden. Und wir haben einen speziellen "Verhandlungstisch", so nennt sich das im Tarifjargon, für die Beschäftigten in Krankenhäusern und in der Pflege. Das heißt, wir haben besondere Akzente gesetzt in dieser Tarifrunde.
Deutschlandfunk Kultur: Dazu gleich noch ein Wort mehr. Aber es ist ja auch immer die Schwierigkeit, einerseits den Beschäftigten das wohlverdiente Zubrot verhandeln zu wollen, auf der anderen Seite aber zu gucken, dass Arbeitsplätze nicht abgebaut oder tunlichst neue aufgebaut werden. Wir haben gesehen, dass in den Pflegeberufen zuletzt Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Wir wissen, dass in den Gesundheitsämtern Arbeitsplätze aufgebaut werden sollen - also in den nächsten anderthalb Jahren 5.000 Stellen geschaffen werden sollen. Das erhöht natürlich den finanziellen Druck auf die Kommunen ungemein.
Werneke: Der Aufbau von Stellen in den Gesundheitsämtern, der dringend notwendig ist, weil die Gesundheitsämter leider vielfach herunter gespart wurden in den letzten Jahren, wird aus Bundesmitteln finanziert. Das ist auch gut und richtig. Und in der Pflege fehlen massiv Stellen. Wir haben, wenn ich jetzt nur auf das Gesundheitswesen schaue, auf die Krankenhäuser, ungefähr einen Bedarf von 80.000 Stellen, die dort gedeckt werden müssen. Wir haben unbesetzte Stellen im Bereich Sozial- und Erziehungsdienste, in Kitas, aber auch in ganz normalen Kommunalverwaltungen reihenweise unbesetzte Stellen, weil die Einkommensentwicklung im Öffentlichen Dienst doch signifikant schlechter gewesen ist - insbesondere in den 2000er Jahren - als in der Privatwirtschaft, so dass im Ringen um Fachkräfte der Öffentliche Dienst auch ein stückweit was aufholen muss.

39-Stundenwoche in Kommunen im Osten "überfällig"

Deutschlandfunk Kultur: Es geht bei den Verhandlungen auch um die von Verdi gewünschte Senkung der Arbeitszeit. Also, es soll in den fünf neuen Bundesländern die Arbeitszeit angeglichen werden auf 39 Stunden wie im Westen. Das entspräche rechnerisch nochmal 2,6 Prozent mehr, haben kluge Köpfe ausgerechnet, die dann von den Arbeitgebern, von den Kommunen bezahlt werden müssten. Die sagen: "Das geht überhaupt nicht! Wenn Angleichen der Arbeitszeit, dann muss im Westen eine Stunde mehr gearbeitet werden."
Werneke: Das habe ich jetzt als ernsthaften Vorschlag noch nicht am Verhandlungstisch gehört. Die Arbeitszeit ist ja mit 39 – verglichen zu anderen Branchen – im Öffentlichen Dienst eh relativ lang. Von daher muss der Schritt sein, auf 39 Stunden auch im kommunalen Bereich in Ostdeutschland zu kommen. Für die Landesbediensteten zum Beispiel gibt es diese Unterschiede in aller Regel nicht, für die Bundesbediensteten auch nicht, aber für die kommunal Beschäftigten. Das ist dreißig Jahre nach der deutschen Einheit ein absolut überfälliger Schritt. Dass das jetzt so stark problematisiert wird, würde ich mal eher als Theaterdonner am Beginn von Tarifverhandlungen einstufen.
Deutschlandfunk Kultur: Es kämpfen zahllose Betriebe ums Überleben. Im Öffentlichen Dienst kann man immer noch davon ausgehen, dass die Arbeitsplätze relativ sicher sind. Dafür ist die Arbeit vergleichsweise nicht besonders gut bezahlt. Aber es gibt natürlich Verdi-Mitglieder - zum Beispiel beim Kaufhauskonzern Galeria-Karstadt-Kaufhof - die zu Tausenden jetzt ihre Arbeitsplätze verlieren werden. Dazu sagen wir i der Sache gleich noch mehr, aber was mich interessiert, ist die Frage: Wie geht eine Gewerkschaft wie Verdi, die groß und mächtig ist, weil sie ein Dach über vielen verschiedenen Branchen und Interessen darstellt, aber gleichzeitig natürlich auch viele Interessen zu vertreten hat, wie gehen sie damit um, dass die Interessen zwischen ihren Mitgliedern sich zum Teil auch widersprechen?
Werneke: Kein Arbeitsplatz bei Galeria Kaufhof, Karstadt ist dadurch gesichert, dass die Krankenpflegerin und Krankenpfleger in diesem Jahr keine Lohnerhöhung bekommen. Eher im Gegenteil: Wenn es keine allgemein gute Lohnentwicklung gibt - und da spielt der Öffentliche Dienst natürlich eine Rolle - in diesem Tarifjahr, dann ist das schlecht für den Einzelhandelskonsum. Von daher gibt’s natürlich, und nicht erst zu Zeiten von Corona, unterschiedliche Entwicklungen. Es gibt immer Branchen, Betriebe, die in Krisensituationen sind, andere Bereiche, die sich positiv entwickeln. Es ist ja nicht so, dass wir überall die gleiche Betroffenheit von der Corona-Pandemie haben.
Wir verhandeln derzeit ja auch für die Deutsche Post AG, für die Beschäftigten dort. Das Paketvolumen war bei der Deutsche Post AG wie zu einer Dauerweihnachtszeit – und das schon seit Monaten. Die Menschen placken sich da ohne Ende. Der Konzern verdient. Aber auch da ist die Konzernspitze so unterwegs und versucht unter Corona-Argumenten nach dem Motto "Gelegenheit macht Diebe" auch dort einen extrem niedrigen Lohnabschluss durchzusetzen.
Und Gewerkschaft ist dazu da, für die Mitglieder das Beste rauszuholen, was unter den jeweiligen Rahmenbedingungen rauszuholen ist. Das machen wir in ganz vielen Tarifbereiche jetzt.
Deutschlandfunk Kultur: Und da gibt’s auch Verständnis oder gar – das schöne Wort gebrauchend, "Solidarität" zwischen den einzelnen Verdi-Mitgliedern, die natürlich einfach auch draufschauen und sehen, "verdammt noch mal, mir geht’s darum, dass ich einfach morgen noch Arbeit habe", und in einer anderen Branche, von derselben Gewerkschaft verhandelt, geht’s um ordentlichen Lohnzuwachs.
Werneke: Gewerkschaft funktioniert nicht ohne Solidarität. Das würde dann schwierig sein, wenn der Eindruck entsteht, wir nehmen uns Sorgen und Problemen, die es natürlich objektiv gibt in bestimmten Bereichen, nicht an. Aber wir machen ja beides gleichzeitig. Wir verhandeln da, wo das ökonomisch sinnvoll und tragbar ist, Lohnverhandlungen. Gleichzeitig kümmern wir uns um die Situationen, wo Arbeitsplätze bedroht sind. Wir sind da für unsere Mitglieder. Auf uns ist Verlass. Und wir sind zum Beispiel sehr intensiv im Bereich des Luftverkehrs engagiert oder auch im Bereich der Kulturwirtschaft, also die Bereiche, die besonders betroffen sind von der Pandemie.

Gewerkschaften sind "nicht unattraktiv"

Deutschlandfunk Kultur: Sie haben gesagt, Zitat: "Gewerkschaften wurden schon lange nicht mehr so sehr gebraucht wie jetzt." Andererseits sind nur noch knapp sechs Millionen Gewerkschaftsmitglieder in Deutschland zu zählen. Viele fallen aus der Tarifbindung, auch Privatisierung ist ein Stichwort, heraus. Ist die Corona-Krise für Sie als Gewerkschaft eine Art Chance, wenn man das so sagen darf, sich zu positionieren und sich wieder ins Gedächtnis der Leute zu rücken als einen wichtigen Faktor?
Werneke: Nicht nur mir, ich vermute, uns allen wäre es lieber gewesen, diese Corona-Pandemie wäre nie ausgebrochen. Wir hatten als Verdi übrigens bis zum März dieses Jahres einen guten Lauf mit sehr guten Eintrittszahlen. Wir haben im letzten Jahr über 130.000 Mitglieder gewonnen.
Es ist ja nicht so, als seien Gewerkschaften unattraktiv. Wir haben nur zum Teil schwierige Bedingungen. Da, wo es kompliziert ist und anstrengend, Tarifverträge durchzusetzen, stellt sich natürlich sofort die Frage: Macht es dann Sinn für mich, Gewerkschaftsmitglied zu sein? Der gesellschaftliche Zuspruch ist das eine. Und da gibt’s durchaus positive Werte in vielen Befragungen. Und dann ist es die individuelle Entscheidung. Trete ich ein oder trete ich nicht ein?
Was habe ich damit gemeint, dass Gewerkschaft so notwendig ist wie nie? Weil wir ganz nah dran waren, vor allen Dingen in der Hochzeit der Pandemie, im Lockdown, an den Sorgen und Nöten. Und wir haben sichergestellt, dass die vielen, vielen individuellen Beratungen, die da notwendig gewesen sind, weil Menschen in Kurzarbeit gegangen sind, weil Arbeitsplätze bedroht waren, dass wir das abgedeckt haben, indem wir eigene Beratungstelefon-Center aufgebaut haben. Wir haben unsere Bundesverwaltung zum Beispiel umgebaut in eine große Telefonzentrale, um das zu gewährleisten. Und wir sind auch ganz konkret unterwegs gewesen und haben zum Beispiel Tarifverträge zur Aufstockung von Kurzarbeit in Windeseile durchgesetzt.
Und das gibt ein gutes Feedback eigentlich für das, was gerade in dieser Krisensituation durch die Gewerkschaften geleistet wurde – einschließlich der politischen Einflussnahme, die wir natürlich auch vielfach genommen haben, in den letzten Wochen und Monaten.
Deutschlandfunk Kultur: Und es hat sich ein neues Betätigungsfeld aufgetan oder zumindest eins, was schon existiert, ist gewichtiger geworden. Stichwort: Homeoffice.
Werneke: Das hat jetzt einen Schub bekommen, ist allerdings für uns auch nicht ganz neu. Wir hatten auch schon vorher in Unternehmen und Branchen wie dem Finanzdienstleistungsbereich, Versicherungen, Banken, die hatten das in bestimmtem Umfang. Wir haben auch tarifvertragliche Regelungen zu Homeoffice, zum Beispiel für Telekommunikationsunternehmen. Da ist wichtig, dass Homeoffice eine Chance ist, aber es muss freiwillig sein.
Was ich jetzt im Moment erlebe, ist, dass gerade Unternehmensberatungsgesellschaften, Banken, Versicherungskonzerne auf einmal anfangen durchzurechnen, ob sie nicht ein paar Büroflächen abmieten können.

Homeoffice darf nicht zum Sparen benutzt werden

Deutschlandfunk Kultur: Da könnte man schön sparen.
Werneke: Genau, um schön zu sparen - erst recht, wenn sie in exquisiten Lagen der Innenstädte sind. Und so geht’s natürlich nicht.
Deutschlandfunk Kultur: Es kann ja nicht angehen, dass dann die Beratungsfirmen viel Geld sparen, an Mieten einsparen für Gewerberäume und der Einzelne muss dann gucken, wie er es finanziert, zu Hause ein Zimmer dafür herrichten. Die entsprechende technische Ausstattung muss bestellt werden oder es muss darum gekämpft werden, dass es eben nicht der Einzelne bezahlen muss. Also, da steht eine Menge an.
Werneke: Der Arbeitsschutz und die Arbeitsschutzordnung übrigens gilt auch unter Bedingungen von Homeoffice. Wir stellen uns Homeoffice nicht so vor nach dem Motto "bring your own device" (bring Deine eigene Ausrüstung) funktioniert. Sondern vollkommen klar ist, dass zumindest mal die Arbeitsstandards – von Geräten über Sitzplatzergonomie usw. usf. erhalten bleibt. Und das will ich sagen, es ist ja sehr deutlich geworden, das hängt schon auch sehr von der Wohnsituation ab. Insbesondere Menschen, die sich keine große Wohnung leisten können, wo es keinen separaten Arbeitsbereich gibt, wo dann auch die Kinder vielfach da sind, erst recht als Kitas und Schulen geschlossen gewesen sind, da kriege ich die Meldung, dass das als sehr belastend empfunden wurde und dann auch viele wieder froh waren, an den Schreibtisch zurückzukönnen.
Deutschlandfunk Kultur: Zu Galerie-Karstadt-Kaufhof. Beschlossen und auch von den Gewerkschaften mitgetragen ist eine Sanierung der insolventen Warenhauskette. Das bedeutet aber auch, dass fast fünfzig Filialen geschlossen werden müssen, eine weniger als ursprünglich geplant. Aber es sind immer noch 4.000 Menschen davon betroffen, wenn die Sanierung gelingt. Sonst sind noch viele mehr Arbeitsplätze gefährdet.
Es hat schwierige Verhandlungen gegeben. Vom Tisch verhandelt wurden nahezu alle Verzichtserklärungen der Beschäftigten der Kaufhauskette. Da kann man natürlich fragen, ob das nicht auch bedeutet, dass man da zwar einen Erfolg hat, den man aber damit bezahlt, dass man vielleicht sonst noch mehr herausverhandeln hätte können, Schließungen von ganzen Filialen zu vermeiden.
Werneke: Da wir nicht über die Höhe der Mietverträge verhandeln können - und das ist der entscheidende Punkt bei der Entscheidung, ob es eine ökonomische Grundlage für das Betreiben eines Standortes gibt - ist die Frage, wie viele Standorte geschlossen werden oder nicht, eine, um die wir uns kümmern, aber keine, für die wir die Verantwortung übernehmen können. Wir haben versucht, da, wo wir Zugänge in die Kommunalpolitik haben, bis hin zu Gesprächen mit Vermietern, die Bedingungen dafür zu schaffen, dass weniger Standorte geschlossen werden.
Es gibt bereits seit dem Dezember letzten Jahres einen Tarifvertrag mit Galeria- Kaufhof-Karstadt mit umfangreichen Opfern, die die Beschäftigten dort tragen, wie etwa niedrigere Einkommen als im Einzelhandel, im Einzelhandel wird ohnehin nicht hoch verdient. Und in der Tat hat dann das Unternehmen versucht, in dieser Phase nochmal nach zu tarocken und Dinge, die sie im Dezember nicht rausbekommen haben, weil es Sanierungsverhandlungen jetzt sind, zu realisieren. Und das haben wir nicht mitgemacht. Letztendlich ist das eine Frage, wie weit man bei Zugeständnissen geht. Die können wir auch nicht ersatzweise für die Betroffenen und die Beschäftigten entscheiden. Das ist nicht der gewerkschaftliche Apparat, der das entscheidet, sondern das machen wir im Dialog mit den Betroffenen. Wir sind da sehr nah dran, gerade bei Galeria-Kaufhof-Karstadt, und haben jetzt die Situation, die wir haben.
Ich hoffe sehr, dass jetzt auch genügend Investitionen stattfinden in den verbleibenden Standorten, weil nur dann, wenn es attraktive Standorte gibt und übrigens auch die Verbindung von Onlinehandel und stationärem Handel in den Warenhäusern organisiert wird und da rein finanziert wird, dann hat ein Warenhauskonzern wie Galeria Perspektive. Aber es muss investiert werden.

Einzelhandel verliert durch Corona beschleunigt an Online

Deutschlandfunk Kultur: Apropos Onlinehandel: Ein Plus von über 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr hat er zu verzeichnen und Teile des Einzelhandels auf der anderen Seite erhebliche Verluste, acht Prozent mindestens unter dem Vorjahresniveau. Das sind aber Entwicklungen, das sind jetzt keine Corona-Opfer. Vielleicht muss man an irgendeiner Stelle auch akzeptieren, dass bestimmte Konzepte, Warenhaus, nicht mehr tragfähig sind.
Werneke: Ernst einmal ist ja festzustellen, dass die Einzelhandelsumsätze im Juni und im Juli höher waren als im Juni und Juli das Jahres 2019, was übrigens dafürspricht, dass es eine Chance gibt auf eine relativ schnelle wirtschaftliche Aufwärtsbewegung, weil es gelungen ist durch Kurzarbeit, durch andere Maßnahmen, die Einkommen insgesamt zu stabilisieren.
Sie haben aber recht. Wenn man in die Einzelheiten geht, dann gibt es eine sehr unterschiedliche Entwicklung - eine positive Entwicklung im Onlinehandel, aber zum Beispiel auch bei Baumärkten, Gartenmärkten, im Lebensmitteleinzelhandel steigende Umsätze. Und wir haben Rückgänge vor allen Dingen im Bereich des Textileinzelhandels und dazu gehören dann in dem Kontext auch die Warenhäuser. Da gibt’s in der Tat eine Veränderungsbewegung, die schon seit einiger Zeit stattfindet, gerade im Bereich Textil, wo der Onlineanteil zunimmt und der stationäre Einzelhandel zu kämpfen hat, was jetzt nochmal ein Stück beschleunigt wurde durch die Corona-Pandemie.
Ich würde trotzdem sagen, es wird, glaube ich, immer ein Nebeneinander und möglichst auch ein Miteinander von stationärem Handel und Onlinehandel geben. Und es ist auch gut, wenn jetzt die stationären Anbieter versuchen, ein stärkeres Onlinestandbein zu etablieren. Das ist viel zu spät angefangen worden. Da sind auch Chancen verpasst worden.
Deutschlandfunk Kultur: Kurzarbeit - das Stichwort fiel schon. Viele beneiden uns um dieses Instrument. Es hilft sicherlich in der Krise: die erleichterte Kurzarbeitergeldregelung ist gerade nochmal verlängert worden, bis Ende 2021. Es ist aber nicht nur Bundesbankpräsident Weidmann, sondern auch andere warnen: Wenn man das zu lange macht, schafft man – sie nennen es – "Zombieunternehmen", also Unternehmen, die nur Dank staatlicher Hilfe überleben, obwohl es eigentlich für ihr Geschäftsmodell gar keine wirkliche Grundlage mehr gibt, die Rahmenbedingungen sich so verändert haben, dass es sich nicht mehr rechnet. – Zombieunternehmer?
Werneke: Das finde ich eine ganz üble Begrifflichkeit. Das ist aus meiner Sicht der Situation auch überhaupt gar nicht angemessen. Wir reden im Moment über eine Leistung, die durch die Versicherten finanziert wird. Wir sind immer noch in einer Situation, wo hier Versichertengelder eingesetzt werden von der Bundesagentur für Arbeit, um Beschäftigung zu sichern.
Wenn ich mir mal den Luftverkehr zum Beispiel anschaue, ein Bereich, für den Verdi zuständig ist, in dem in großem Umfang Kurzarbeit stattfindet…

Mit Kurzarbeit die Durststrecke durchstehen

Deutschlandfunk Kultur: Achtzig Prozent des Flughafenpersonals beispielsweise.
Werneke: Ja. Mittlerweile ist das Fluggastaufkommen wieder ein bisschen stärker angewachsen, aber wir haben unverändert dort große Einbrüche. Oder nehmen Sie mal, wo wir auch gut unterwegs sind, auch viele Mitglieder haben, den Unterhaltungsbereich, Musicalhäuser etwa, die jetzt geschlossen sind. Das sind ja alles völlig unverschuldete Situationen. Die Lufthansa ist ein exzellent aufgestelltes Unternehmen bis zum Beginn der Pandemie. Und auch die Musical-Häuser waren gut gebucht. Von daher ist es absolut richtig, alles daran zu setzen und zu versuchen, diese Durststrecke, die es jetzt gibt, mittels Kurzarbeit zu überstehen. Wenn das nicht stattfinden würde, würde das einbrechen und zusammenbrechen. Wenn erstmal was ein- und zusammengebrochen ist, es dann wieder aufzubauen, ist viel teurer nach dem Ende der Pandemie, als das derzeit ist über Kurzarbeit.
Deutschlandfunk Kultur: Aber auf der anderen Seite muss man wahrscheinlich in einer sozialen Marktwirtschaft einfach auch akzeptieren, dass Unternehmen und Unternehmensmodelle sich überleben.
Werneke: Ja, das ist ja auch so. Es gibt ja jedes Jahr Insolvenzen.
Deutschlandfunk Kultur: Man schiebt aber über die Kurzarbeit so eine natürliche Marktbereinigung, wie das die Ökonomen nennen, möglicherweise künstlich auf.
Werneke: Wir haben keine natürliche Situation. Wenn jetzt unter Nicht-Pandemie-Bedingungen versucht würde, das, was es gibt an Auf und Ab bei Unternehmen zu stoppen, dann würde ich mich noch auf diese Diskussion einlassen wollen. Aber wir haben eine völlig außergewöhnliche Situation, mit der Hoffnung, dass diese auch in einer absehbaren Zeit so überwunden werden kann, dass eben Flugverkehr wieder stattfindet, dass wir in Theater gehen können, dass wir in Musicals gehen können. Und ich bin sehr froh, dass wir in Deutschland zwar auch einen Anstieg von Arbeitslosigkeit haben - der Anstieg beträgt ungefähr eine halbe Million und dass wir ansonsten Kurzarbeit haben, ungefähr jetzt noch fünfeinhalb bis sechs Millionen Menschen in Kurzarbeit. Das ist mir tausendmal lieber als ein rapider Anstieg von Arbeitslosenzahlen, wie wir sie zum Beispiel in den USA sehen, wo es das Instrument von Kurzarbeit nicht gibt.
Das ist ja das Wesen des Sozialstaates, dass auch in diesen extremen Krisensituationen es eine Stabilisierung gibt. Und das gelingt ganz gut in Deutschland.

Politik muss bei der Lufthansa mitreden

Deutschlandfunk Kultur: Stichwort Lufthansa: Der Bund hat ein Rettungspaket geschnürt, schwergewichtig, neun Milliarden stecken da drin. Und der Bund hat darauf verzichtet, für die zwei Aufsichtsratsposten, die in diesem Paket mit eingebunden sind, selbst auf Personalsuche zu gehen, beispielsweise einen Staatssekretär zu schicken. Es werden Verkehrsexpert*innen, ein Mann und eine Frau, gestellt. Damit soll das Signal gesendet werden: Die Politik nimmt keinen Einfluss auf Unternehmensentscheidungen. Und das, Herr Werneke, ist auch gut so?
Werneke: Ich finde die Lösung, die jetzt gefunden wurde, dass – in Abstimmung natürlich mit dem Bund – Persönlichkeiten gefunden werden für den Aufsichtsrat, das ist eine Lösung, die funktionieren kann. Wir haben eine ähnliche Konstruktion zum Beispiel auch bei der Commerzbank. Es ist aber natürlich auch ein Stück weit Optik, weil mit den insgesamt neun Milliarden Euro, die jetzt über verschiedene Konstruktionen aus Bundesmitteln, aus KfW-Mitteln - es sind ja auch zum Teil Darlehen, die an die Lufthanse fließen - ist der Bund die bestimmende Größe in der Lufthansa und muss, finde ich, auf grundlegende unternehmerische Entscheidungen jetzt auch Einfluss nehmen können. Weil, es geht auch um das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Es geht um viele tausend Arbeitsplätze.
Natürlich ist es jetzt so, dass das Finanzministerium hinschauen muss. Das ist auch die Verantwortung, dass jetzt mit den investierten Mitteln sorgsam umgegangen wird.
Deutschlandfunk Kultur: Die trotzdem möglicherweise nicht ausreichen werden. Es ist schon von einem möglichen zweiten Hilfspaket die Rede. Denn der internationale Luftfahrverband IATA schätzt, dass es bis mindestens 2024 dauern wird, bis die Flugbewegungen ungefähr wieder bei Vor-Corona-Niveau sind. Wären Sie für ein zweites Hilfspaket, wenn es denn verhindert, dass noch mehr Arbeitsplätze verloren gehen? 22.000 Stellen will die Lufthansa ohnehin streichen.
Werneke: Die Lufthansa ist ein gut aufgestelltes Unternehmen, sehr erfolgreich. Und sie ist vollkommen unverschuldet in die Situation reingekommen, in der sie jetzt ist. Das gilt nicht nur für die Lufthansa, sondern natürlich auch für viele andere Luftverkehrsunternehmen. Wir brauchen einen funktionierenden Luftverkehr weltweit. Von daher ist es auch richtig, dass nicht nur in Deutschland, sondern in vielen anderen Ländern jetzt die Staaten stabilisierend eingreifen.
Die Diskussion über ein weiteres Paket - ich kann jetzt hier nicht alle Interna benennen - ist aus meiner Sicht völlig verfrüht. Jetzt muss man erstmal schauen, wie die weitere Entwicklung ist und dann entscheiden. Die IATA-Zahlen kenne ich auch. Es gibt aber auch alle zwei Monate neue Szenarien, weil wir ja alle miteinander nicht wissen, wie sich das Infektionsgeschehen verhält.
Ich persönlich hatte, ehrlich gesagt, gehofft, dass es eine schnellere Belebung des Luftverkehrs gibt. Es kann auch genauso gut sein, dass wir eine schnellere Aufwärtsbewegung bekommen im nächsten Jahr. Das hängt davon ab: Wie ist die Impfstoffentwicklung? Wie entwickelt sich das Virus insgesamt? Das, denke ich, muss man jetzt Stück für Stück beobachten und dann Schlussfolgerungen ziehen.
Deutschlandfunk Kultur: Die Lufthansa muss die Milliarden in drei Jahren zurückgezahlt haben. Sonst schießen die Zinsen enorm nach oben. Und dann sind wir immer noch nicht bei 2024. Also, insofern ist die Frage, ob das reichen wird, um wie viel mehr Milliarden da noch reingehen müssen, ja nicht völlig aus der Luft gegriffen.
Werneke: Na ja, wenn ich jetzt kritisch auf die Verhandlungen schaue und Regeln, die letztendlich für die Lufthansa gefunden werden, dann ist, ehrlich gesagt, ob da Staatssekretäre sitzen oder andere mit dem Bund abgestimmte Personen im Aufsichtsrat, nicht mein größtes Thema. Den kritischen Blick habe ich auf die Darlehenskonditionen. Die Darlehenskonditionen sind so, dass selbst bei Normalbetrieb die Lufthansa sehr schwer daran zu knacken hat, diese Konditionen zu erreichen.
Und letztendlich, weil Personalkosten die größte beeinflussbare Größe sind im Luftverkehr, droht das immer auf Kosten der Beschäftigten ausgetragen zu werden. Und wenn ich auf etwas kritisch schaue in diesem Zusammenhang, dann sind es in der Tat diese schwer erträglichen Konditionen, über die man dann im Zweifelsfall nochmal reden muss, je nach dem, wie jetzt der weitere Verlauf der Pandemie ist.
Deutschlandfunk Kultur: Kehren wir nochmal zum Anfang zurück, Herr Werneke. Wir haben über das beginnende Tarifrundenkarussell für den Öffentlichen Dienst gesprochen. Die zweite Runde der Verhandlungen wird wahrscheinlich in der nächsten Woche beginnen…
Werneke: Am 19. und 20. – ja.

Streiks im Nahverkehr und beim Klinikpersonal möglich

Deutschlandfunk Kultur: Sollen wir Bürger uns schon mal vorsichtshalber auf stehende Bahnen und Busse einstellen, wie es bei der letzten Tarifrunde 2018 war?
Werneke: Das ist jetzt eine etwas komplizierte Fragestellung, weil es nämlich neben der Tarifrunde für den Öffentlichen Dienst mit Bund und Kommunen parallel auch für den Nahverkehr eigenständige Verhandlungen gibt. Und da könnte es schon eher sein, dass die eine oder andere U-Bahn mal steht. Ich würde jetzt mal allen empfehlen, das Fahrrad noch gut gepflegt zu lassen, für den Herbst.
Deutschlandfunk Kultur: Aber das Klinikpersonal beispielsweise in den städtischen Krankenhäusern wird wohl kaum in der gegebenen Situation streiken?
Werneke: Das weiß ich nicht. Wir streben in dieser Situation keine Arbeitskämpfe an. Aber wenn die öffentlichen Arbeitgeber – und hier sind insbesondere die kommunalen Arbeitgeber im Blick – nicht ein faires Angebot auf den Tisch legen, aus meiner Sicht dringend auch schon im zweiten Verhandlungstermin, und weiter von "Nullrunden" erzählen mit der Argumentation, "nicht gekündigt ist doch eigentlich schon genug gelobt", dann wird es auch zu Arbeitsniederlegungen kommen. Das streben wir nicht an, aber wir schließen es auch nicht aus.
Und wenn es dazu kommt - bei der Post zum Beispiel streiken wir ja gerade derzeit - dann ist Gesundheitsschutz für uns immer die oberste Priorität. Wir werden nicht dichtgedrängte Menschenansammlungen in geschlossenen Sälen haben, weil das Wesen des Streiks ist ja, dass man aufhört zu arbeiten. Und das kann man in jeder möglichen Konstellation machen.
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