Ver.di verteidigt Lohnforderungen
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat die Vorwürfe, Lohnforderungen führten zu einer Gefährdung der Konjunktur und somit zu mehr Arbeitslosigkeit, zurückgewiesen. Der teilweise Abbau des Realeinkommens in den vergangenen 15 Jahren zeige, dass die Arbeitslosigkeit nicht gesunken, sondern vielmehr gestiegen sei, sagte die stellvertretende Vorsitzende Margret Mönig-Raane.
Birgit Kolkmann: Ich begrüße nun am Telefon von Deutschlandradio Kultur Margret Mönig-Raane, stellvertretende Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Frau Mönig-Raane, was streben Sie für die Lohnrunde ab Ende März an?
Margret Mönig-Raane: Also ich finde, es ist allerhöchste Zeit, dass bei der Verteilung des wachsenden Wohlstand in unserem Land die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder einen besseren Anteil bekommen als in den letzten Jahren, und darum geht es unterm Strich.
Kolkmann: Sagen Sie doch mal eine Hausnummer, wie viel Prozent wollen Sie mehr haben, vier oder fünf?
Mönig-Raane: Am liebsten noch mehr. Also ich sage keine Hausnummer, weil bei uns das üblich ist, dass unsere Mitglieder in den Tarifkommissionen das miteinander beraten und beschließen, nachdem sie vorher mit unseren Mitgliedern in den Betrieben beraten haben, und darum achten wir sehr darauf, dass wir nicht vor der Zeit und vor ihnen irgendwelche Hausnummern sagen. Aber klar ist, es ist allerhöchste Zeit, dass die Menschen wieder mehr im Portemonnaie bekommen.
Kolkmann: Sie vertreten ja auch den Einzelhandel. In der Branche sieht es aber bei weitem nicht so gut aus wie zum Beispiel in der Exportindustrie. Ist das da mit dem Mehr im Portemonnaie gar nicht so einfach, auch für die Arbeitgeber?
Mönig-Raane: Also wenn man einen Wettbewerb macht wie im Einzelhandel, wo man jetzt ja gerade wieder Zeuge wird, dass die Mehrwertsteuer einem geschenkt wird und dergleichen, dann muss man sich doch fragen, wie soll das eigentlich gehen und wer soll das bezahlen, und da habe ich ein ganz einfaches Rezept, nämlich keine mörderischen und unvernünftigen Preisschlachten, aber den Beschäftigten endlich wieder einen anständigen Anteil vom Wachstum auch im Einzelhandel zukommen zu lassen. Wir haben in Deutschland inzwischen Preise, zum Beispiel im Lebensmitteleinzelhandel, die liegen 16 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt, obwohl vielleicht viele Menschen denken, es ist hier immer noch teuer, was ich auch verstehen kann, und da muss man sich die Frage stellen, sollen etwa die Beschäftigten diese Preisschlachten zahlen. Das kann doch nicht wahr sein, und darum wird es auch im Einzelhandel darum gehen, dass die Beschäftigten einen ordentlichen Tarifabschluss auch im Gehaltsbereich bekommen.
Kolkmann: Da spielen ja auch nun die veränderten Ladenschlusszeiten eine ganz erhebliche Rolle. Fallen denn die Zuschläge für das Arbeiten an Abenden und Feiertagen demnächst weg? Das wollen ja die Arbeitgeber.
Mönig-Raane: Ja, also das finde ich, ist ja wirklich ein Stück aus dem Tollhaus, also nicht nur dass die Beschäftigten zu ungünstigeren Arbeitszeiten arbeiten sollen, wodurch die Gesundheit belastet wird, wo die Sicherheitsfrage zu stellen ist, sowohl für den Nachhauseweg wie auch für Verkaufslokale, wo man alleine ist oder nahezu alleine ist, auch wenn man auf großen Flächen alleine ist, wo es darum geht, dass man weder in der Familie noch bei Freunden regelmäßig dann abends da sein kann, und zu allem soll noch oben draufkommen, dass Zuschläge reduziert werden. Ich finde, das ist nicht mal ein schlechter Scherz, das ist unmöglich.
Kolkmann: Aber ist das nicht auch der Wandel der Gesellschaft, der sich niederschlägt darin, dass immer mehr Menschen im Dienstleistungsbereich arbeiten und am Wochenende, nachts, an Abendstunden oder an frühen Morgenstunden arbeiten müssen und dafür nicht mehr bekommen, warum dann die im Einzelhandel?
Mönig-Raane: Also zum einen ist es ja so, dass die Menschen, die heute schon nachts, spät abends und am Wochenende arbeiten, natürlich Zuschläge bekommen, auch deutlich mehr als im Einzelhandel, und zum anderen muss man auch die Frage stellen, müssen wir nicht richtigerweise den Menschen, die ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen in Zeiten, wo andere Leute Feierabend haben, und das ist immer noch der allergrößte Teil der Menschen in unserem Land, denen auch sagen, das erkennen wir dadurch an, dass wir sagen, das ist richtig, dass ihr sowohl Steuervorteile bekommt am Wochenende und sonntags als auch dass ihr Zuschläge bekommt gegenüber den ganz normalen Arbeitszeiten. Ich finde, das ist berechtigt und das ist mindestens eine kleine Anerkennung dafür, dass Menschen bereit sind, das auch so zu tun.
Kolkmann: Wenn es nun aber um Lohnsteigerungen geht und, sagen wir ruhig einmal, vier Prozent plus, dann sagte die Arbeitgeberseite, das ist gefährlich für die Konjunktur und vor allen Dingen dann auch wieder für den Abbau der Arbeitslosigkeit. Wäre es nicht auch ein Gebot der Solidarität, eine gewisse Mäßigung zu behalten, damit auch weiter die Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann?
Mönig-Raane: Wenn wir uns angucken, was in unseren Nachbarländern passiert, wenn wir uns angucken, was in den letzten zehn, fünfzehn Jahren passiert ist, wo es teilweise ja wirklich einen Abbau der Realeinkommen gegeben hat, da ist ja die Arbeitslosigkeit keineswegs gesunken, sondern sie ist weiter gestiegen, denn die übergroße Zahl der Betriebe produziert nicht für den Export, sondern für das Inland, und wenn hier die Menschen, sowohl die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie auch Rentner und Rentnerinnen immer weniger Geld im Portemonnaie haben, dann wirkt sich das aus auf die Konjunktur und wirkt sich aus auf Arbeitsplätze. Insofern wird umgekehrt ein Schuh daraus und das Gejammer, durch Lohnsteigerungen, die mindestens mal den verteilungsneutralen Spielraum ausschöpfen, würde man Arbeitsplätze gefährden, das kennen wir nun seit 150 Jahren bald. Also das ist immer wieder die Auseinandersetzung, wenn es darum geht, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Stück mehr vom Kuchen, den sie mit erarbeiten, auch bekommen sollen.
Kolkmann: Vielen Dank für das Gespräch.
Margret Mönig-Raane: Also ich finde, es ist allerhöchste Zeit, dass bei der Verteilung des wachsenden Wohlstand in unserem Land die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder einen besseren Anteil bekommen als in den letzten Jahren, und darum geht es unterm Strich.
Kolkmann: Sagen Sie doch mal eine Hausnummer, wie viel Prozent wollen Sie mehr haben, vier oder fünf?
Mönig-Raane: Am liebsten noch mehr. Also ich sage keine Hausnummer, weil bei uns das üblich ist, dass unsere Mitglieder in den Tarifkommissionen das miteinander beraten und beschließen, nachdem sie vorher mit unseren Mitgliedern in den Betrieben beraten haben, und darum achten wir sehr darauf, dass wir nicht vor der Zeit und vor ihnen irgendwelche Hausnummern sagen. Aber klar ist, es ist allerhöchste Zeit, dass die Menschen wieder mehr im Portemonnaie bekommen.
Kolkmann: Sie vertreten ja auch den Einzelhandel. In der Branche sieht es aber bei weitem nicht so gut aus wie zum Beispiel in der Exportindustrie. Ist das da mit dem Mehr im Portemonnaie gar nicht so einfach, auch für die Arbeitgeber?
Mönig-Raane: Also wenn man einen Wettbewerb macht wie im Einzelhandel, wo man jetzt ja gerade wieder Zeuge wird, dass die Mehrwertsteuer einem geschenkt wird und dergleichen, dann muss man sich doch fragen, wie soll das eigentlich gehen und wer soll das bezahlen, und da habe ich ein ganz einfaches Rezept, nämlich keine mörderischen und unvernünftigen Preisschlachten, aber den Beschäftigten endlich wieder einen anständigen Anteil vom Wachstum auch im Einzelhandel zukommen zu lassen. Wir haben in Deutschland inzwischen Preise, zum Beispiel im Lebensmitteleinzelhandel, die liegen 16 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt, obwohl vielleicht viele Menschen denken, es ist hier immer noch teuer, was ich auch verstehen kann, und da muss man sich die Frage stellen, sollen etwa die Beschäftigten diese Preisschlachten zahlen. Das kann doch nicht wahr sein, und darum wird es auch im Einzelhandel darum gehen, dass die Beschäftigten einen ordentlichen Tarifabschluss auch im Gehaltsbereich bekommen.
Kolkmann: Da spielen ja auch nun die veränderten Ladenschlusszeiten eine ganz erhebliche Rolle. Fallen denn die Zuschläge für das Arbeiten an Abenden und Feiertagen demnächst weg? Das wollen ja die Arbeitgeber.
Mönig-Raane: Ja, also das finde ich, ist ja wirklich ein Stück aus dem Tollhaus, also nicht nur dass die Beschäftigten zu ungünstigeren Arbeitszeiten arbeiten sollen, wodurch die Gesundheit belastet wird, wo die Sicherheitsfrage zu stellen ist, sowohl für den Nachhauseweg wie auch für Verkaufslokale, wo man alleine ist oder nahezu alleine ist, auch wenn man auf großen Flächen alleine ist, wo es darum geht, dass man weder in der Familie noch bei Freunden regelmäßig dann abends da sein kann, und zu allem soll noch oben draufkommen, dass Zuschläge reduziert werden. Ich finde, das ist nicht mal ein schlechter Scherz, das ist unmöglich.
Kolkmann: Aber ist das nicht auch der Wandel der Gesellschaft, der sich niederschlägt darin, dass immer mehr Menschen im Dienstleistungsbereich arbeiten und am Wochenende, nachts, an Abendstunden oder an frühen Morgenstunden arbeiten müssen und dafür nicht mehr bekommen, warum dann die im Einzelhandel?
Mönig-Raane: Also zum einen ist es ja so, dass die Menschen, die heute schon nachts, spät abends und am Wochenende arbeiten, natürlich Zuschläge bekommen, auch deutlich mehr als im Einzelhandel, und zum anderen muss man auch die Frage stellen, müssen wir nicht richtigerweise den Menschen, die ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen in Zeiten, wo andere Leute Feierabend haben, und das ist immer noch der allergrößte Teil der Menschen in unserem Land, denen auch sagen, das erkennen wir dadurch an, dass wir sagen, das ist richtig, dass ihr sowohl Steuervorteile bekommt am Wochenende und sonntags als auch dass ihr Zuschläge bekommt gegenüber den ganz normalen Arbeitszeiten. Ich finde, das ist berechtigt und das ist mindestens eine kleine Anerkennung dafür, dass Menschen bereit sind, das auch so zu tun.
Kolkmann: Wenn es nun aber um Lohnsteigerungen geht und, sagen wir ruhig einmal, vier Prozent plus, dann sagte die Arbeitgeberseite, das ist gefährlich für die Konjunktur und vor allen Dingen dann auch wieder für den Abbau der Arbeitslosigkeit. Wäre es nicht auch ein Gebot der Solidarität, eine gewisse Mäßigung zu behalten, damit auch weiter die Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann?
Mönig-Raane: Wenn wir uns angucken, was in unseren Nachbarländern passiert, wenn wir uns angucken, was in den letzten zehn, fünfzehn Jahren passiert ist, wo es teilweise ja wirklich einen Abbau der Realeinkommen gegeben hat, da ist ja die Arbeitslosigkeit keineswegs gesunken, sondern sie ist weiter gestiegen, denn die übergroße Zahl der Betriebe produziert nicht für den Export, sondern für das Inland, und wenn hier die Menschen, sowohl die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie auch Rentner und Rentnerinnen immer weniger Geld im Portemonnaie haben, dann wirkt sich das aus auf die Konjunktur und wirkt sich aus auf Arbeitsplätze. Insofern wird umgekehrt ein Schuh daraus und das Gejammer, durch Lohnsteigerungen, die mindestens mal den verteilungsneutralen Spielraum ausschöpfen, würde man Arbeitsplätze gefährden, das kennen wir nun seit 150 Jahren bald. Also das ist immer wieder die Auseinandersetzung, wenn es darum geht, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Stück mehr vom Kuchen, den sie mit erarbeiten, auch bekommen sollen.
Kolkmann: Vielen Dank für das Gespräch.