Vegane Ernährung

Extremsport trotz Fleischverzicht?

Läufer beim 41. Berlin Marathon am 28. September 2014
Läufer beim 41. Berlin Marathon im September 2014 © AFP / Tobias Schwarz
Von Elmar Krämer · 04.01.2015
Marathon, Ultramarathon, Ironman: Der Kanadier Brendan Brazier hat sportliche Extremleistungen vollbracht – obwohl er sich seit 20 Jahren vegan ernährt. Er ist bei weitem nicht der einzige Leistungssportler, der auf tierische Produkte verzichtet.
Brendan Brazier ist drahtig, durchtrainiert und schlank und knapp 1,90 Meter groß. Ein typischer Hochleistungs-Ausdauersportler: Marathon, Ultramarathon, Ironman. Aber er ist dann doch irgendwie anders. Bereits mit 15 Jahren entscheidet sich der Kanadier, Triathlet zu werden und diesem Ziel auch seine Ernährung unterzuordnen.
"Ich wollte als Athlet so gut wie möglich werden und eine professionelle Kariere anfangen. Also habe ich mich damit beschäftigt, wie man schneller regeneriert, sodass ich schneller wieder trainieren konnte. Ich habe viele unterschiedliche Arten der Ernährung ausprobiert. Einige sind besser als andere. Dann habe ich eine komplett vegane Ernährung getestet.
"Wenn man es richtig macht, ist das eine sehr gute Hochleistungsernährung"
Anfangs hat das nicht funktioniert, aber ich habe über die Jahre gelernt, es anzupassen. Und wenn man es richtig macht, dann ist das eine sehr gute Hochleistungsernährung. Mein Trainier hat mir gesagt, wie ich trainieren soll, aber er wusste nichts über Ernährung. Das war zu der Zeit bei den meisten Trainern so. Also wollte ich einen Plan entwickeln, der mir half."
Anfangs geht der Plan nicht auf, seine Leistung fällt ab, er fühlt sich matt und ausgelaugt. Brazier experimentiert, liest ernährungswissenschaftliche Studien, medizinische Bücher und sucht jahrelang nach nährstoffreichen pflanzlichen Lebensmitteln, die auch einen Leistungssportler mit genug Eiweiß und Nährstoffen versorgen: viel Gemüse und Obst, Hanfprotein, Maca, Chlorella-Algen, Quinoa – es gibt Alternativen zu tierischen Produkten.
"Denk nicht so viel darüber nach, welche Lebensmittel du weglassen willst, sondern darüber, welche du dazugewinnst."
Der Triathlet ist zielstrebig und kann seine Leistung enorm steigern. Zwei Mal wird er Ultramarathon-Meister in Kanada, elf Mal geht er beim Ironman über die Ziellinie.
Moralapostel will er nicht sein
"Es erlaubt dir einfach härter zu trainieren. Es macht dich nicht besser, aber es ermöglicht dir, dich selbst besser zu machen. Das war für mich sehr wichtig."
Dem Extremsportler geht es in erster Linie um körperliche Leistung. Moralapostel will er in seinen Büchern "Vegan in Topform" nicht sein.
Wie viele Ausdauersportler, sieht Brendan Brazier so aus, als hätte er nur die Muskeln, die er für seinen Sport benötigt. Es war für ihn ungewohnt, als sich nach der Ernährungsumstellung auch sein Körper umstellte.
"Ich habe am Anfang Gewicht verloren, aber keine Kraft – das ist für einen Ausdauersportler günstig. Ich bekam weniger Muskelberge und mehr funktionelle Muskeln."
Doch es ist durchaus möglich, sich komplett vegan zu ernähren, und dennoch sportliche Höchstleistungen auch in anderen Sportarten zu erreichen: Die ehemalige Weltklasse-Tennisspielerin Martina Navratilova hat auf pflanzliche Ernährung gesetzt, genauso wie Bodybuilding-Weltmeister Alexander Dargatz, diverse Kampfsportler, und auch Basketballspieler.
"Die Idee basiert darauf, die größte Menge an Nährwehrt mit so wenigen Kalorien wie möglich zu bekommen."
"Jeden Tag ein Smoothie kann schon helfen"
Diese Ideen kommen gut an, viele Sportler nutzen sie, und der Kanadier hielt sogar vor dem US-Kongress eine Rede über den sozialen und wirtschaftlichen Nutzen, der durch eine gesündere Ernährung in der Bevölkerung erzielt werden könnte.
Und auch wenn man nicht Veganer werden will – Braziers Ernährungskonzept bietet dem nahrungsmittelinteressierten Sportler eine gute Ergänzung mit leckeren Rezepten, die auf jeden Fall nicht schaden können.
"Jeden Tag einen Smoothie kann schon helfen, wenn man zum Beispiel Hanf, Flachs, Chia, grünes Gemüse untergemischt, dann bekommst du viele Nährstoffe sehr leicht und sehr schnell."
Aber auch wenn man sich so effektiv wie möglich ernährt – gute Leistungen erreicht man nur, wenn man das, was man tut auch wirklich will:
"Jedes Rennen bleibt hart. Wenn es nicht hart ist, dann versuchst du es offensichtlich nicht hart genug. Natürlich soll es eine Herausforderung sein. Meistens geht es gar nicht um die Distanz – das trainiert man so gut, dass die Distanz des Rennens keine Hürde mehr ist, aber es geht darum, wie schnell du bist."
Mehr zum Thema