VALIE EXPORT im Gespräch

"Kunst muss aggressiv sein"

Die österreichische Aktionskünstlerin Valie Export während der Ausstellung "Archiv" im Kunsthaus Bregenz am 27. Oktober 2011.
Die österreichische Aktionskünstlerin VALIE EXPORT © Keystone/epa/Ennio Leanza/dpa
Die Künstlerin VALIE EXPORT im Gespräch mit Britta Bürger · 20.02.2018
Mit ihren Körperaktionen hat VALIE EXPORT in den 1960ern für Aufsehen gesorgt: Beispielsweise, als sie Passanten einlud, ihre Brüste zu betasten. Als Frau sei man damals im Kunstbetrieb "kaum wahrgenommen" worden, erinnert sich die Pionierin der feministischen Aktionskunst, deren Werke mittlerweile im MoMA zu sehen sind.
Schon in frühen Jahren lässt sie sich Strumpfbänder aufs Bein tätowieren. Später schabt sie sich die Nagelhaut ab, bis es blutet und badet ihre Finger in Milch: VALIE EXPORT, eine Pionierin der feministischen Aktionskunst und bekannt für ihre Körperaktionen.
1967 legt sie sich diesen Künstlernamen zu – eine Kombination aus ihrem Vornamen Waltraud und der österreichischen Zigarettenmarke "Smart Export". VALIE EXPORT wird fortan zu ihrem Markenzeichen, die Suche nach Identität und Ausdruck durchzieht ihr Werk.
1968 sorgt die 1940 im österreichischen Linz geborene Medienkünstlerin mit dem zweiminütigen Film "Tapp und Tast", der jetzt im Sonderprogramm der Berlinale Shorts zu sehen ist, international für Aufsehen. Darin stülpt VALIE EXPORT einen Karton über ihren nackten Oberkörper und lädt Passanten ein, ihre Brüste anzufassen.
"Das war für mich sehr spannend, weil ich auch nicht wusste, was die Besucher und Besucherinnen tun. Es war nicht ein Begrapschen, sondern mit Respekt sind die Hände nahegekommen, draufgelegt worden, wieder zurückgegangen. Es hat niemand in dem Kino rumgewühlt."
Als Waltraud Lehner wächst sie mit der Mutter und zwei Schwestern auf. Der Vater fällt im Krieg. In Linz besucht sie eine Klosterschule – dort wird ihre Sehnsucht nach dem anders sein bestärkt.

"Die Frau war das Objekt und nicht ein eigenständiges Subjekt"

"Trotz allem habe ich es als positiv empfunden, im Internat zu sein, weil ich mein eigenes Territorium abstecken musste. Aber ich bin mehrmals aus dem Internat herausgeflogen. Einmal haben sie mich erwischt in diesen Räumen, in denen die Nonnen schlafen. Ich habe gesagt: Ich schau mir das an und bin durch die Tür gegangen und war dann halt in der falschen Abteilung. Ich musste rausgehen und meiner Mutter sagen, ich bin hinausgeworfen worden. Aber dann bin ich wieder hineingekommen, weil man eine Kriegswitwe nicht im Stich lässt."
Die Installation "Body Sign A" von Valie Export - zu sehen im Kunsthaus Bregenz 2011.
Die Installation "Body Sign A" von Valie Export© KEYSTONE / EPA/ENNIO LEANZA / dpa
Als Künstlerin im männerdominierten österreichischen Kunstbetrieb hatte VALIE EXPORT keinen leichten Stand.
"Das Frauenbild der Aktionisten war für mich unmöglich. Die Frau war das Objekt und nicht ein eigenständiges Subjekt. Sie war Material. Es gab keine künstlerische Verbindung zu diesen Aktionisten. Ich habe meine eigenen Arbeiten gemacht. Ich wurde aber nicht von den Aktionisten aufgefordert, darüber zu sprechen. Als Frau wurde man kaum wahrgenommen."
Inzwischen ist VALIE EXPORT eine international anerkannte Medienkünstlerin. Das MoMA hat einen großen Teil ihrer künstlerischen Werke angekauft. Und ihre Heimatstadt Linz erwarb 2015 ihr Archiv und eröffnete am 11. November 2017 in der Tabakfabrik Linz das "VALIE EXPORT Center" - an dem Ort, an dem einst die Marke "Smart Export" produziert wurde – der Teil ihres Künstlernamens.
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