Valentinstag in Serbien

Blumen schenken statt Reben schneiden

Vor allem in Vojvodina, der nördlichen serbischen Provinz werden heute noch am Tag des Hl.Tryphons die Reben gesegnet.
Vor allem in Vojvodina, der nördlichen serbischen Provinz werden heute noch am Tag des Hl.Tryphons die Reben gesegnet. © Vecernje novosti
Von Danja Antonović · 14.02.2016
In Serbien löst der Heilige Valentin, oder seine kommerzielle Variante, langsam den Heiligen Tryphon ab, den Schutzheiligen der Winzer, Gärtner und Köche. Eine ganze Reihe Traditionen begleiten sein Fest am 14. Februar – sofern es überhaupt noch gefeiert wird.
Das Akkordeon gibt den Takt an, alle singen, alle prosten mit: "Prost", "Es lebe der Heilige Tryphon". Einer ruft: "Jetzt gehen wir festlich tafeln, so ist die Sitte bei guten Christen."
Der Ehrentag des Heiligen Tryphon wurde seit Ewigkeiten in Serbien mit viel Lebensfreude gefeiert, denn dieser Heilige ist der Beschützer der Winzer, Gärtner und Köche. Der Heiligen Tryphon war Gänsehirt, lebte im 3. Jahrhundert nach Christus in der römischen Provinz Phrygien – heute im Osten der Türkei –, und war im einfachen Volk als Heiler hoch angesehen. Als Christ wurde er gefoltert und enthauptet. Die beiden Westkirchen erinnern an ihn am 1. Februar, in der Ostkirche wird das Fest zu seinen Ehren am 14. Februar begangen.
Das Wetter am Tag des Hl. Tryphons ist eine Art Orakel für das Jahr
Nicht jeden Ton trifft der singende Pope, der serbisch-orthodoxer Priester, aber das stört die Anwesenden kaum. Sein nasaler Singsang hallt durch die Weinberge. Wenn er "Preiset den Herrn" ruft, bekreuzigen sich alle, beides passiert ziemlich oft. Dann werden die Reben mit Rotwein gesegnet, der Weihrauchduft steigt den Anwesenden in die Nase. Es ist der 14. Februar, und es ist kalt in Serbien. Am Tag des Heiligen Tryphons passiert aber noch viel mehr, sagt der Winzer Djordje Dragojlovic:
"Das ist der Tag, an dem das erste Mal im Jahr die Weinberge besucht werden. An dem Tag werden die Reben beschnitten, um zu sehen, ob sie den Winter überlebt haben. Die abgeschnittenen Rebenäste werden in ein Glas Wasser gestellt, und je nachdem ob gesunde Knospen wachsen oder nicht, wird man erkennen können, wie der Wein in diesem Jahr sein wird."
Wichtig ist auch – so will es der Volksglaube – ob es am Tag des Hl. Tryphons regnet, schneit oder die Sonne scheint. Scheint die Sonne – dann wird es zu trocken. Besser, es regnet oder schneit, dann wird der Wein gut gedeihen. Das Fest zu Ehren des Hl. Tryphons gehört aber immer mehr der Vergangenheit an. Früher freuten sich die Städter genauso wie die Winzer auf den Tag des Hl. Tryphons. Die Kirchen waren voll, man ertrug das falsche Singen der Popen und ging danach fröhlich feiern. Heute werden nur noch in den Dörfern der Weinregionen die Reben beschnitten und gesegnet und ein Spanferkel am Spieß gebraten. In der Stadt weiß kaum einer, wer der Hl. Tryphon war. Der 14. Februar gehört jetzt einem anderen Heiligen.
"Valentinovo, der Valentinstag, der Tag der Verliebten steht an, am 13. Februar wird in unserer Kneipe groß gefeiert." - So die Radiowerbung eines Restaurants, das die Zeichen der Zeit verstanden hat. Der liebe Valentin, auch ein Heiliger, der vor allem in den Westkirchen gefeiert wird, ist nun auch bei orthodoxen Serben angekommen. Und da niemand genau weiß, wer der Hl. Valentin war, wird es im Radio erklärt, "Sveti Valentin" – oder – "Valentinovo, dan zaljubljenih" ist schon im alten Rom entstanden..."
Globalisierung in der Religion
Böse Zungen behaupten allerdings, dass es den Valentinstag, so wie er heute gefeiert wird, erst seit 1950 gibt. In Serbien ist das nicht ganz so wichtig, Hauptsache, das Marketing stimmt. So wird sogar ein "flash mob" von einer Telefongesellschaft organisiert, plötzlich, "ganz ungezwungen" tanzen Menschen, die lauter rote Herzen in den Händen tragen, auf dem städtischen Hauptplatz. Und zwar zur Erkennungsmusik der Telefongesellschaft... Und ein bekannter Rocker gratuliert live dazu "Happy Valentinsday" – "Srecan ti dan zaljubljenih"....
Die Globalisierung hat auch Serbien schon lange in vielen Sparten im Griff, nun ist auch die Religion dran, besser gesagt die uralten religiösen Feste. Zum Beispiel Weihnachten: Tannenbaum und Weihnachtsmann gehörten früher nicht zu serbisch-orthodoxen Weihnachten. Heute aber schon. Osterhasen kannten die Serben nicht – dank eines bekannten Lebensmittelkonzerns sind heute lila Hasen zu Ostern auch in serbischen Gärten versteckt. Der Hl. Tryphon musste zwar in Serbien dem Hl. Valentin weichen, dafür ist er in Norddeutschland desto lebendiger. Dragan Jovanovic, Priester der Serbisch-orthodoxen Kirche in Hamburg:
"Den Hl. Tryphon feiern hier im Norden Deutschlands unsere serbischen Köche, Gastronomen und Hotelbesitzer. Es sind etwa 120 Familien in Hamburg und Schleswig-Holstein, die jedes Jahr dieses Fest ausgiebig feiern. So erinnern sie sich, dass sie alle gemeinsam einen Schutzheiligen haben."
Und so wird, fern der Heimat, im Norden Deutschlands, in der serbischen Kirche in Hamburg und im serbischen Kloster in Himmelsthür die Messe gehalten. Wie jedes Jahr wird der Weihrauch in die Nase steigen, die Anwesenden werden sich oft bekreuzigen und ungeduldig auf die lange Tafel warten. Dann wird fröhlich gegessen, getrunken, sich zugeprostet und der Schutzheilige Tryphon gefeiert.
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