US-Wahlkampf in TV-Serien

Donald Trump toppt jede Fiktion

"Veep"
In der US-Serie "Veep" geht es um den Alltag der US-Vizepräsidentin: Hier ist die Seriencrew im September 2015 während der Emmy-Verleihung zu sehen. © picture alliance/dpa/Foto: Paul Buck
Von Patrick Wellinski · 13.07.2016
Ob "Veep", "The Good Wife" oder "House of Cards" - in den vergangenen Jahren haben US-Serien das Weiße Haus und ihre Protagonisten thematisiert. Dem US-Wahlkampf mit Kandidat Donald Trump konnten bisher aber selbst die besten Serien-Schreiber nichts entgegensetzen.
"Und auch wenn dieses Unentschieden ein bisschen frustrierend sein mag, darf ich dem amerikanischen Volk versichern, dass dieses Land nicht führerlos ist. Ganz gleich auch wen sie gewählt haben, ich bin ihre Präsidentin."
"Fantastische Rede, Mam."
"Haben diese Gründer-Vollidioten noch nichts von ungeraden Zahlen mitbekommen?"
"Die zwei großen Beiträge der alten Griechen zur Gesellschaft: Demokratie und in den Arsch gefickt werden."
"Ich habe beide ausprobiert und beide wird überbewertet – wie Jazz."
Die unsympathische, überambitionierte und nur mäßig kompetente Interimspräsidentin Selina Meyers wollte offiziell zur ersten weiblichen US-Präsidentin gewählt werden. Die Wahl endet aber in einem historischen Unentschieden. Die HBO-Comedy Serie "Veep" spielt diese noch nie dagewesene – aber rechnerisch vorstellbare – Verfassungskrise vor einem Millionen-Publikum durch. Dabei gilt die fluchende Selina Meyers für viele Kritiker als satirisch überzeichnete Prophezeiung einer möglichen Donald Trump-Präsidentschaft.
Etwas das – so die Hauptdarstellerin Julia-Louis Dreyfus gegenüber dem New Yorker – sie nie für möglich gehalten hat.
"Als die Serie begann, war es eine Satire auf den Politikbetrieb. Jetzt ist sie eher eine traurige Doku. Wenn wir Trumps Aussagen in unser Skript aufnehmen würden, dann würde uns HBO das sofort streichen."

Besonders ambitioniert ist "The Good Wife"

Der aktuelle Wahlkampf, samt Vorwahlen, hält jetzt Einzug in viele Serien-Projekte des US-Fernsehens. Besonders ambitioniert ist dabei die CBS-Anwaltsserie "The Good Wife", die in ihrer aktuellen siebten Staffel, eine der Hauptfiguren neben Bernie Sanders und Hilary Clinton ins Präsidentenrennen schickt:
"Also, was gibt’s?"
"Ich soll als Präsident kandidieren."
"Haha."
"Nicht die Reaktion, die ich erwartet habe, aber okay."
"Wer will das?"
"Das Democratic Committee von Illinois."
"Warum? Das Rennen ist doch schon längst in Gang."

Der Plan der Serienmacher ist letztlich nicht aufgegangen, weil die großen dramaturgischen Bögen von "The Good Wife" keinen Platz für einen tagesaktuellen Spiegel der Vorwahlen erlaubt haben. Ähnlich geht es derzeit der Polit-Krimi-Oper "Scandal". Die mehrfach ausgezeichnete Serien-Erfinderin Shonda Rhimes erschuf mitten in der aktuellen Staffel eine völlig neue Figur, die sie Donald Trump nachempfunden hat.

Der Alptraum Donald Trump

Der republikanische Präsidentschafts-Kandidat Hollis Doyle, wird im Fernsehen mit Aufzeichnungen konfrontiert, die offenbaren, dass seine politischen Reden nur Show sind. Aber auch Hollis Doyle wird dem Ausmaß eines Donald Trump nicht gerecht. Trump erscheint den Drehbuchautoren in ihren Writers-Rooms wie ein Alptraum. Er sprengt alle serien-immanenten Glaubwürdigkeiten, lässt die wildesten Verschwörungstheorien verpuffen. Sogar in einer Serie wie "Scandal", die mit einem dreifachen Staatsstreich inklusive mörderischer Geheimagentenunterwanderung alle demokratischen Grundpfeiler der USA in der ersten Staffel außer Kraft gesetzt hat.
Bleibt nur die Plattform der Komödie. In der Netflix Produktion "Lady Dynamite" wird mit Donald Trump kurzer Prozess gemacht:
"Ich bin mit Abstand, die mächtigste Agentin, in dieser Stadt. Und wissen Sie wieso? Immer wenn ich einen Raum betrete, weiß ich schon genau, wen ich wie töten würde."
"Donald Trump?"
"Ellenbogen gegen die Stirn und dann Bleistift ins Herz."

Hillary Clinton schuf zynische und negative Frauenfiguren

Mit Hillary Clinton verhält es sich etwas anders. Die Erzählung einer Außenministerin mit Ambitionen ins Weiße Haus erschuf vor allem zynische und negative Frauenfiguren. Wie eben die fluchende Kurzzeitpräsidentin Selina Meyers in "Veep" oder die machtsüchtige Eisprinzessin Claire Underwood aus "House of Cards". Ganz so als könnte man sich keine Frau im Weißen Haus vorstellen, die nicht selber Teil der korrupten Elite des Landes wäre.
Das war Anfang der Nuller-Jahre noch anders, als Serien wie "The West Wing" oder "24" Fernseh-Amerika auf die Möglichkeit eines afroamerikanischen oder spanischstämmigen Präsidenten klug und behutsam vorbereitet haben. Einziges Echo dieser Zeit scheint die Serienfigur der Außenministerin Elizabeth McCord in der CBS-Produktion "Madame Secretary" zu sein. Die Serie präsentiert sehr selbstbewusst eine liberale Traumpolitikerin im Weißen Haus, mit cleveren Bezügen zu Hillary Clintons Vita.
"Madame Secretary um ca. 8:00 Ortszeit ist es zu heftigen Übergriffen durch eine Gruppe von bewaffneter Demonstranten auf unsere Botschaft im Jemen gekommen."
"Okay. Bedrohungs- und Risikoeinschätzung?"
"Noch ist die Lage instabil."
"Dann frage ich anders: Auf einer Skala von 1 bis 10. Wo stehen wir vor einem weiteren Benghazi?"
Persönlich sind die beiden mutmaßlichen Präsidentschafts-Kandidaten bislang nur in den zahllosen Late-Night-Shows aufgetreten. Einzige Ausnahme: Hilary Clinton. Sie trat in der Comedy Central-Serie "Broad City" auf, die unter vor allem – wen wundert’s – unter den Erstwählern ein großer Hit ist:
"That would be great. We need to drum up some excitement for the campaign. Do everything we possibly can."

Aber so klingt ja bereits der echte Wahlkampf.
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