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Professorenmangel an FHs
Mehr Attraktivität durch weniger Lehre

Fachhochschulen haben Schwierigkeiten, Professuren zu besetzen: Einerseits sollen Bewerber Praxiserfahrung mitbringen. Andererseits sind die Stellen oft nicht hoch genug dotiert, um in der Wirtschaft erfolgreiche Kandidaten anzuziehen. Für mehr Attraktivität sollen zukünftig Tandemprogramme mit der Wirtschaft und eine Reduzierung der Lehrverpflichtung sorgen.

Von Christiane Habermalz | 24.10.2016
    Studenten an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen verfolgen am Mittwoch (12.04.2006) eine Vorlesung im Fach Maschinenbau. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat haben im Rahmen der Exzellenzinitiative die RWTH Aachen auf ihre Liste der Elite-Unive.
    Mehr Nähe zur Wirtschaft, weniger Lehrverpflichtung: Der Wissenschaftsrat hat zusammen mit den Fachhochschulen Empfehlungen gegeben, wie die Fachhochschulprofessur attraktiver werden kann. (Oliver Berg / dpa)
    Fachhochschulen mit ihrem großen Praxisbezug werden immer beliebter. Fast ein Drittel aller Studierenden ist mittlerweile an FHs eingeschrieben, Tendenz steigend. Doch es wird zunehmend schwieriger, Professoren zu finden. Das liegt nicht nur am Geld, neben dem, was in der freien Wirtschaft gezahlt wird, nimmt sich eine W2-Professur vergleichsweise gering aus. Hauptproblem, sagt Manfred Prenzel, Vorsitzender des Wissenschaftsrates, sind die hohen Anforderungen an die Kandidaten:
    "Neben einer wissenschaftlichen Qualifikation, üblicherweise nachgewiesen durch eine sehr gute Promotion und vielleicht weiteren Leistungen wird erwartet, dass die künftigen Professoren Wirtschaftsindustrie-Praxiserfahrung haben, je nach Bereich, im Umfang von fünf Jahren. Das zeichnet die Lehre an den Fachhochschulen aus. Dass dort Leute sowohl wissenschaftlich fundiert als auch mit einem Praxisblick agieren."
    Wer das alles aufweise, der könne sich in der Regel die Jobs auch in anderen Bereichen aussuchen. Der Wissenschaftsrat empfiehlt nun den Fachhochschulen, ihre Professuren attraktiver zu machen. Drei konkrete Vorschläge legte die Organisation heute vor. Zum einen die Schaffung sogenannter Schwerpunktprofessuren mit reduzierter Lehrverpflichtung – statt 18 Semesterwochenstunden sollen sie nur elf unterrichten müssen – unter der Auflage, dass sie die gewonnene Zeit in andere Bereiche stecken, etwa in Forschung, Kooperationen, Vertiefung, oder Profilentwicklung der Hochschulen.
    Tandemprogramme sollen parallele Tätigkeit in der Wirtschaft ermöglichen
    "Die Erwartung ist, dass diese Professuren attraktiv sein könnten auch für besonders engagierte und leistungsstarke Personen", erklärt Prenzel. Bis zu 15 Prozent ihrer Professuren sollen die FHs als Schwerpunktprofessuren gestalten können, entweder durch Umwandlung von alten oder als zusätzlich geschaffene Stellen. In einem gewissen Umfang, so Prenzel, sei es auch denkbar, sie höher zu dotieren. Um wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren, soll es zudem sogenannte "Tandem-Programme" geben: Fachhochschulen sollen sich mit Wirtschaftsunternehmen zusammen tun und Stellen schaffen, die es jungen Leuten ermöglichen, neben der Hochschultätigkeit parallel weiter für die Wirtschaft zu arbeiten und so in den Wissenschaftsbetrieb hineinzuwachsen.
    Für beides, Schwerpunktprofessuren und Tandemprogramme, sei eine Anschubfinanzierung nötig, sagte Prenzel. Ein klarer Appell an die Länder, die FHs besser auszustatten. Aber er könne sich auch für die Tandemprogramme ein Bund-Länder-Programm analog zum Tenure-Track-Programm für die Universitäten vorstellen. Zur Höhe wollte er sich nicht äußern, aber:
    "Bund und Länder müssen sich fragen, wie sie die Situation in der Lehre verbessern, und sie müssen sich fragen, wie sie die Attraktivität der Fachhochschulen verbessern."
    Anforderungen an Praxiserfahrung sollen nicht gesenkt werden
    Andreas Zaby, Präsident der Fachhochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und Vorsitzender der UAS7, des Zusammenschlusses von sieben großen Fachhochschulen bundesweit, wird da konkreter: "Also wir haben im Kreis der Fachhochschulen darüber immer wieder diskutiert, und wir denken, dass wir uns zunächst einmal orientieren sollten an der Größenordnung, die wir auch fürs Tenure Track-Programm der Universitäten hatten. Also wir denken, dass bis zu einer Milliarde über 15 Jahre durchaus angemessen sein kann."
    Grundsätzlich unterstützt Zaby die Vorschläge des Wissenschaftsrates. Es seien sehr gute Ideen, um das immense Problem des Professorenmangels an Fachhochschulen anzugehen. Den Vorschlag der Hochschulrektorenkonferenz, für Post-Docs die Anforderungen an die Berufspraxis zu senken, etwa von fünf auf drei Jahre, lehnte er dagegen ab:
    "Was ich mir gewünscht hätte, ist doch der umgekehrte Fall, dass wir Menschen haben, die über eine robuste betriebliche Qualifikation verfügen, denen aber noch die wissenschaftliche Qualifikation fehlt. Und wir sollten doch mal gucken, ob wir nicht die Möglichkeiten hätten, gemeinsam mit den Universitäten kooperative Promotionskollegs aufzusetzen."
    In der Anwendungsorientierung liege ja gerade die Stärke der Fachhochschulen, sagte auch Prenzel. Berufspraxis light werde es nicht geben.