US-Medien

Brauchen die USA eine neue "Fairness Doktrin"?

Ein Mikrofon von Fox News liegt auf einem Pult.
FoxNews behauptet von sich "fair and balanced" zu sein. Der Rechtsruck in der Berichterstattung war nicht zu übersehen. © picture alliance / dpa / Justin Lane
Von Arndt Peltner · 28.02.2018
Ehrlich, gerecht und ausgewogen sollten Radio- und Fernsehkanäle in den USA berichten. Das verlangte die " Fairness Doktrin", die 1949 in den USA erlassen wurde. Nachdem sie 1987 außer Kraft gesetzt wurde, bringt sie ausgerechnet Donald Trump wieder ins Gespräch.
Edward Wasserman: "Gerade in den 1930er-Jahren war die Angst groß. Die Leute sahen, was in Europa passierte, wie die Macht des Rundfunks eine politische Fraktion bevorzugte."
Edward Wasserman ist Journalismus-Professor und Dekan an der "Graduate School of Journalism" der "University of California" in Berkeley.
"Sie merkten, wie mit der Ausbreitung der elektronischen Medien auch der öffentliche Einfluss wuchs. Und auf einmal wurde das Manipulationsrisiko der neuen Medien deutlich. Ich denke, daraus kam die Idee, auch wenn es in Amerika anders als in Europa keinen staatlich kontrollierten Rundfunk gab. Es gab die Notwendigkeit, eine Ausgewogenheit für die Programme einzuführen."

Angst vor Propaganda

Aus dieser Angst vor Propaganda und Demokratie gefährdender Medienmacht wuchs der Gedanke der staatlichen Regulierung der Frequenzen. 1949 erließ die staatliche, doch unabhängige Aufsichtsbehörde "Federal Communication Commission", kurz FCC, eine sogenannte "Fairness Doctrine". Damit sollte sichergestellt werden, dass lizensierte Radio- und Fernsehsender Sendeplätze für Themen von öffentlichem Interesse einräumen und über diese kontrovers berichten. Mit der Fairness Doctrine wachte die FCC darüber, dass solche Sendungen "ehrlich, gerecht und ausgewogen" sein müssten.
"Der Grundgedanke war, dass der Rundfunk und das Fernsehen öffentlich waren und daher die ganze Breite der Meinungen in der Öffentlichkeit widerspiegeln müsse, die so auch von der Öffentlichkeit verlangt wird. Man muss beachten, dass man damals nur eine sehr beschränkte Anzahl von Stationen hatte."

"Fairness Doctrine" galt nicht für die Presse

Die "Fairness Doctrine" galt nur für jene lizensierten Sender, die über terrestrische Frequenzen ausgestrahlt wurden. Für die Radio- und Fernsehkanäle im Kabelangebot, das in den 1950er-Jahren eingeführt wurde, galt sie nicht, denn diese Sender brauchten für ihre Programme keine FCC-Lizenz. Auch galt die "Fairness Doctrine" nicht für die Presse. Der Grundgedanke hinter dieser ausgewogenen Meinungsregel war gut gemeint, doch nur schwer durchsetzbar, sagt der Journalismus-Professor Edward Wasserman:
"Es braucht nicht lange, um zu realisieren, wie schwierig die Umsetzung dieser Doktrin war. Es gibt nicht nur die zwei Seiten, 'Wir mögen es' oder 'Wir mögen es nicht'. Das Problem und auch der Nachteil der 'Fairness Doctrine' war, es führte dazu, dass die Sender kaum noch über Themen mit öffentlichem Interesse berichteten, denn so wurde Sendezeit verschenkt, für die sich keine Werbekunden gewinnen ließen."

Nach der Aufhebung: Aufstieg des "Talk Radios"

Als die "Fairness Doctrine" 1987 unter Präsident Ronald Reagan außer Kraft gesetzt wurde, geschah dies nicht aus politischen, sondern vorrangig aus wirtschaftlichen Gründen. Doch damit wurden die Schleusentore für eine nicht mehr zu kontrollierende Entwicklung geöffnet.
Mit dem Aus der Regulierung kam der Aufstieg des meinungsbetonten "Talk Radios", von vielen auch als "Hate Radio" bezeichnet. Rush Limbaugh, Michael Savage, Sean Hannity, Mark Levin und viele andere tobten, ja, wüteten fortan verbal On-air. Grenzen wurden ihnen kaum noch gesetzt.

Rechtsruck in der News-Landschaft

Im Sommer 1996 ging mit FoxNews ein weiterer Fernsehnachrichtenkanal On-air, der das Nachrichtenbusiness gehörig durcheinanderwirbelte. Auch wenn FoxNews von sich behauptet "fair and balanced" zu sein, der Rechtsruck in der Berichterstattung war nicht zu übersehen. FoxNews drückte den Medien in den USA trotz relativ geringer Einschaltquoten den eigenen Stempel auf und veränderte die News-Landschaft. Wasserman:
"Wenn man sich die Zahlen ansieht, dann ist FoxNews sehr profitabel, aber sie haben keine hohen Zuschauerzahlen. Als ich mir das zuletzt ansah, hatte die populärste FoxNews-Sendung am Abend die gleiche Einschaltquote wie die lokalen Nachrichten des CBS Senders in New York City."

Trump möchte Positives über sich hören

Wäre eine neue "Fairness Doctrine" in den USA nötig, um Mäßigung in den Medien durchzusetzen? Tatsächlich ist die Forderung wieder aufgetaucht – aber unter umgekehrten Vorzeichen: durch Donald Trump, der sich von den Medien, außer von FoxNews, ungerecht behandelt fühlt und mehr positive Beiträge über sich hören und sehen will. Edward Wasserman, Dekan am Journalismus-Lehrstuhl der Uni Berkeley, sieht für eine Neuauflage allerdings keine Chance:
"Ich glaube, man kann sie nicht umsetzen. Die Vielfalt der Meinungen würde beschränkt werden. Auch würden die Leute mit viel Geld so eine Leitlinie bis vors Verfassungsgericht bringen und die obersten Richter würden sie sofort kippen. Es gibt heute auch so viele unterschiedliche Kanäle, denken Sie auch ans Internet. Wenn man sich ansieht, woher die Leute heutzutage ihre Informationen bekommen, wie viele Kanäle müsste man überwachen, um sicherzugehen, dass die 'Fairness Doctrine' auch eingehalten wird. Es ist unmöglich, sie hat ausgedient."
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