Unternehmensgründer Ali Mahlodji

Jugendbotschafter und Mutmacher

33:38 Minuten
Ali Mahlodji im Porträt.
Ali Mahlodji, Flüchtlingskind, Unternehmensgründer, Jugendbotschafter der EU auf Lebenszeit. © Ali Mahlodji
Moderation: Tim Wiese · 23.08.2021
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Er schmiss das Abitur und wechselte von einem Job zum nächsten. Doch dann wurde Ali Mahlodji an seine eigenen Stärken erinnert: Er wurde IT-Fachmann, Manager, Lehrer und Coach. Seine Berufsfindungsplattform "whatchado" ist ein großes Erfolgsprojekt.
Seine Berufsorientierungsplattform "watchado" soll Jugendlichen helfen, etwas aus ihrem Leben zu machen. Mithilfe von realen Erfahrungsberichten aus dem Berufsleben anderer Menschen bekommen sie einen Eindruck, was geht und was gut für sie sein könnte.
Inzwischen hat Ali Mahlodji mit seinen Mitarbeitern über 7.000 Lebensgeschichten aus mehr als 100 Nationen gesammelt. Nebenbei arbeitet er als Redner und Berater und fungiert auch noch als europäischer Jugendbotschafter.
"Das Coolste an meinem Job ist, dass ich wirklich Menschen begleiten kann, Dinge in ihrem Leben zu entdecken, von denen sie nicht mal wussten, dass es in ihnen drinnen steckt. Also egal, ob ich mit Jugendlichen arbeite oder mit Führungskräften, wenn du merkst, du nimmst einem Menschen die Angst vor der Zukunft, dann hast du in dieser Sekunde das Leben dieser Person und die Zukunft gerettet und quasi für diese Person die ganze Welt gerettet."

Kindheit im Flüchtlingsheim

Als Sohn iranischer Oppositioneller wuchs Mahlodji in Österreich auf – zunächst in einem Flüchtlingsheim. Vor allem für seine Eltern war die Situation sehr schwierig. Ihre Ausbildungen und Berufserfahrung wurden nicht anerkannt.
"Mein Vater ist an der Flucht zerbrochen. Er war viele Jahre in der Psychiatrie. Und meine Mutter ist über sich hinausgewachsen."
Während es mit dem Vater bergab ging, holte sie ihren Uni-Abschluss nach und setzte sich für die Bildung ihrer Kinder ein. Die Trennung der Eltern war für den jungen Mahlodji ein Schock. Er begann zu stottern und fehlte viel in der Schule.
"Ich hab mich dann irgendwann aufgegeben und kurz vorm Abi die Schule geschmissen, weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, bei der Abschlussprüfung mündlich vor einer Kommission irgendwas zu erzählen."

Eigene Stärken erkennen

Das Gefühl, nicht gut genug zu sein, begleitete ihn lange Zeit, bis er lernte, sich auf seine Stärken zu konzentrieren. Ein ehemaliger Lehrer erinnerte ihn daran, dass er ein guter Informatik-Schüler war: "Der hat zu mir gesagt: ‚Versuch, einmal ein Jahr lang nur etwas im Bereich IT zu lernen, und schau, was da rauskommt‘."
Es folgte eine Ausbildung zum Software-Ingenieur, ein Studium, der Bachelor of Science "in Rekordzeit", ein guter Job bei Siemens, dann einer bei einem US-amerikanischen Konzern und schließlich ein Burn-out. Das Ellenbogen-Ambiente mit reiner Erfolgsorientierung des Jobs habe nicht seiner Persönlichkeit entsprochen.
Ein Therapeut gab ihm die Aufgabe, seine wahren Lebensziele zu formulieren. "Es hat Wochen gedauert, bis ich mich getraut habe, niederzuschreiben, was ich will." Schließlich stand auf Mahlodjis Zettel, dass er etwas gründen möchte, vor Menschen reden, mit Jugendlichen arbeiten und Leute coachen und begleiten. Bis auf den weiteren Vorsatz, einen Marathon zu laufen, habe er bis jetzt tatsächlich alles umsetzen können.

Vermittler zwischen Jugendlichen und Erwachsenen

Nach seinem Richtungswechsel arbeitete Mahlodji erst einige Jahre als Lehrer. "Das ist aus meiner Sicht der Job, der wirklich Zukunft erschafft. Die Eltern kann man sich nicht aussuchen. Aber zur Schule müssen wir alle, und da sind Lehrer, die, wenn sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind, das Leben eines Menschen für immer prägen können."
Problematisch sei, dass die Politik die Anliegen und Probleme der Jugendlichen oftmals nicht verstünde. Da greife seine Aufgabe als "Jugendbotschafter" – als "Übersetzer zwischen den Welten", Vermittler zwischen Jugendlichen und Erwachsenen, zwischen Basis und Politik.
(mah)
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